Rom. Die ganze Welt bangt um die Gesundheit des Papstes – auch seine Verwandten. Ein Familienmitglied verrät, wie der Papst sich privat gibt.

Portacomaro, eine 2000-Seelen-Gemeinde inmitten der norditalienischen Weinregion Asti. Vom Kirchplatz aus führen Wege durch die Weinberge und Täler mit kleinen Ansiedlungen inmitten hügeliger Landschaften. Hier wird der bekannte Wein Grignolino hergestellt. Doch der malerische Ort ist noch für etwas ganz anderes bekannt: Aus der Gemeinde in der Region Piemont wanderten vor über 90 Jahren die Angehörigen von Papst Franziskus nach Argentinien aus.

Noch heute hat der Papst in Portocomaro Verwandtschaft. Und die blickt mit Sorge die Berichte aus Rom über den Gesundheitszustand des 88-Jährigen. Der Pontifex – mit bürgerlichem Namen Jorge Mario Bergoglio – leidet an einer Infektion der Atemwege und liegt seit Freitag in der römischen Poliklinik „Agostino Gemelli“. Doch wer sind die Familienmitglieder, die sich so um den Papst sorgen?

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Papst Franziskus: Diese Familientragödie traf ihn schwer

Franziskus‘ Vater, Giuseppe Mario Francesco Bergoglio (1908-1959), verließ mit seinen Eltern Ende der 1920er-Jahre Italien. Auch die Mutter des späteren Papstes hat italienische Eltern. Geboren wurde Franziskus in Buenos Aires, wo er gemeinsam mit vier jüngeren Geschwistern, zwei Schwestern und zwei Brüdern, seine Kindheit verbrachte.

Jorge Mario Bergoglio
Der Papst in jungen Jahren: Jorge Mario Bergoglio (l.) mit seinem jüngeren Bruder Oscar in Buenos Aires. © picture alliance / AP Photo | Uncredited

Von Franziskus‘ Kernfamilie lebt heute nur noch seine um elf Jahre jüngere Schwester Maria Elena. Der Papst hat 16 Nichten und Neffen in Argentinien, zu denen er ein besonderes Verhältnis hat. Im August 2014 verunglückte ein Neffe, seine Frau und zwei Kinder starben bei dem Unfall. Franziskus verbarg seinen Schmerz nicht, denn „auch ein Papst hat eine Familie“.

Papst-Schwester berichtet vom Familienleben: „Wir waren glücklich“

Die Schwester des Papstes lebt in Buenos Aires und hat zwei Söhne. Einer heißt Jorge zu Ehren des Bruders, der zweite Jose. Maria Elena ist die jüngste der fünf Bergoglio-Geschwister. „Bevor sie mich, die Jüngste der fünf Kinder bekam, verlor meine Mutter einen weiteren Sohn. Und ich war dreizehn, als unser Vater Mario an einem Herzinfarkt starb. Aber bis dahin, das war das Jahr 1959, waren wir eine glückliche Familie“, sagte sie der römischen Tageszeitung „La Repubblica“

Vor allem eine italienische Familie, wie Maria Elena betonte: „‚Tanos‘, wie sie uns in Argentinien nennen. Ich erinnere mich an die schönen Sonntage: zuerst an die Messe in der Kirche San José, dann an die sehr langen Mittagessen bis zum späten Nachmittag. Diese endlosen, schönen Mittagessen mit fünf, sechs, sogar sieben Gängen. Und mit Nachspeisen. Wir waren arm, aber mit großer Würde und wir lebten immer getreu dem, was für uns die italienische Tradition war.“

Einen engen Kontakt zu Franziskus pflegt unter anderem sein Neffe Jose Ignacio Bergoglio. Dieser berichtete gegenüber Medien, dass die Mutter des künftigen Papstes nicht gut auf den Beschluss des Sohnes reagiert hatte, Priester zu werden. Sie fürchtete, sie würde ihren ältesten Sohn verlieren. Später habe sie sich jedoch mit der Entscheidung arrangiert und sei darüber glücklich gewesen. „Mein Onkel hatte meiner Großmutter versprochen, Medizin zu studieren, doch schlussendlich hat er beschlossen, Seelen zu heilen“, erzählte Jose Ignacio Bergoglio.

Diese Frau brachte dem Papst das Beten bei

Franziskus sei ein Familienmensch, so sein Neffe weiter. Der spätere Papst habe stets leidenschaftlich gern für Freunde gekocht, vor allem italienische Gerichte. Er sei ein „aufmerksamer und fürsorglicher Onkel“, der ihm stets gute Ratschläge gegeben habe, so Bergoglio. Immer wieder etwa zitiere Franziskus Lebensweisheiten seiner Großmutter. Rosa Margherita Bergoglio sprach mit ihren Enkeln den alten piemontesischen Dialekt. Und lehrte den Papst das Beten: „Sie hat mir viel beigebracht in Glaubensdingen.“ Noch mit seinen 88 Jahren, heißt es, habe er einen Zettel von Oma Rosa im Gebetbuch, ein geistliches Vermächtnis an die Enkel. 

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Auch wenn er schon als Junge mit seinen Eltern auswanderte, hielt Franziskus zu seinen Cousinen in Norditalien in seiner Jugend und in der Zeit als Erzbischof von Buenos Aires regelmäßig Kontakt. 2022 besuchte er seine Cousine zweiten Grades, Carla Rabezzana, zu deren 90. Geburtstag. Dem Papst wird nachgesagt, heute noch den piemontesischen Dialekt zu sprechen und die Lieder der Auswanderer zu beherrschen. Kürzlich gab er in einem Interview zu, dass er den Grignolino, den Wein seiner Heimatgegend, besonders schätze.

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Die Lunge war seit jeher die Schwachstelle des Papstes

In Portacomaro tragen zahlreiche Einwohner den Familienname Bergoglio. „Viele piemontesische Familien sind zur Zeit der Einheit Italiens Ende des 19. Jahrhunderts, in der Zwischenkriegszeit und sogar nach dem Zweiten Weltkrieg nach Argentinien ausgewandert. Die Familie des Papstes ist eine von ihnen“, erklärte kürzlich Orsola Appendino, Expertin der piemontesischen Einwanderungsgeschichte in Argentinien, gegenüber italienischen Medien. Sie führte eine lange Untersuchung über die italienischen Wurzeln von Papst Franziskus durch, als er auf den Stuhl Petri gewählt wurde.

Papst Franziskus mit seiner Cousine Carla Rabezzana, die er anlässlich ihres 90. Geburtstages besuchte.
Papst Franziskus mit seiner Cousine Carla Rabezzana, die er anlässlich ihres 90. Geburtstages besuchte. © AFP | HANDOUT

Der Name Bergoglio soll bis ins Mittelalter zurückreichen und aus dem Dorf Bergolo in der piemontesischen Provinz Cuneo stammen. Viele Bergoglio leben inzwischen im Raum von Buenos Aires, wo der Vater des Papstes groß geworden ist. Hier heiratete er Regina Sivori, die Mutter des Papstes.

Wie es um Franziskus‘ Gesundheitszustand steht, ist ungewiss. Zuletzt hieß es aus dem Vatikan, er brauche absolute Ruhe, um sich von der polymikrobiellen Atemwegsinfektion zu erholen, unter der er leidet. Seine Lungen sind schon seit seiner Jugend eine Schwachstelle des Papstes. Mit 21 Jahren, kurz vor der Priesterweihe, hätte ihn eine Lungenentzündung fast das Leben gekostet. Ein Teil seiner Lunge musste sogar entfernt werden. Doch die Solidarität seiner Mitseminaristen brachte Jorge Mario Bergoglio durch die schwere Zeit – und im Jahr 2013 bis an die Spitze der katholischen Kirche.

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