Berlin. Schon lange gilt Einsamkeit als Gesundheitsrisiko – eine neue Studie liefert nun weitere Hinweise. Was darüber bekannt ist.
Einsamkeit und soziale Isolation sind nicht nur psychische Belastungen, sondern können auch ernsthafte gesundheitliche Folgen haben. Eine aktuelle Studie von Forschern der Fudan-Universität in China und der Universität Cambridge liefert nun neue Erkenntnisse darüber, wie sich Einsamkeit auf den Körper auswirkt. Demnach beeinflusst Einsamkeit die Konzentration bestimmter Proteine im Blut – mit potenziell gravierenden Konsequenzen für das Immunsystem und die allgemeine Gesundheit.
Die Studie basiert auf der Analyse von Daten aus der britischen Biobank, einer der weltweit bedeutendsten Gesundheitsdatenbanken. Dabei wurden die Daten von mehr als 42.000 Personen wurden untersucht, unter denen 9,3 Prozent angaben, sozial isoliert zu sein, und 6,4 Prozent sich als einsam beschrieben. Die Forscher stellten fest, dass Menschen mit diesen Angaben signifikant erhöhte Werte von Proteinen aufwiesen, die mit Entzündungsreaktionen, antiviralen Prozessen und dem Immunsystem zusammenhängen.
Womöglich höheres Sterberisiko durch Einsamkeit
Besonders alarmierend: Etwa 90 Prozent dieser Proteine wurden mit einem erhöhten Sterberisiko in Verbindung gebracht. Rund die Hälfte dieser sogenannten Biomarker steht zudem in Verbindung mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfällen und Typ-2-Diabetes. Die Forscher fanden insgesamt fünf Proteine, deren Konzentration spezifisch durch Einsamkeit beeinflusst wurde. Diese Proteine stehen nicht nur mit Entzündungen und Stoffwechselprozessen in Verbindung, sondern auch mit Bereichen des Gehirns, die emotionale und soziale Prozesse steuern sowie die Wahrnehmung des eigenen Körperzustands regulieren.
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Chronische Einsamkeit könnte somit als biologischer Stressfaktor wirken, der langfristig das Immunsystem belastet und entzündliche Prozesse verstärkt. Dies könnte erklären, warum einsame Menschen für bestimmte Krankheiten anfälliger sind. Die Erkenntnisse könnten zudem dazu beitragen, Einsamkeit als messbares Gesundheitsrisiko zu etablieren. Sollten sich die gefundenen Proteine als zuverlässige Biomarker bewähren, könnten sie helfen, Einsamkeit früher zu erkennen und gezielte Maßnahmen zur Prävention zu entwickeln.
Kritik an der Studie: Einsamkeit sei ein komplexes Phänomen
Experten sehen die Studie als wichtigen Beitrag zur Erforschung der gesundheitlichen Auswirkungen sozialer Isolation. Dennoch gibt es auch kritische Stimmen, wie „The Guardian“ schreibt. Experten betonen demnach, dass Einsamkeit ein komplexes Phänomen ist, das sich nicht nur durch die Messung bestimmter Proteine erfassen lässt. Es bleibt unklar, wie stark das Gefühl der Einsamkeit die Teilnehmer tatsächlich belastet hat, da dies nicht abgefragt wurde. Einige Forscher vermuten auch, dass Verhaltensfaktoren wie Bewegungsmangel und ungesunde Lebensgewohnheiten einen größeren Einfluss auf die gesundheitlichen Auswirkungen der Einsamkeit haben könnten.