Rom. Ein Schnorchelausflug wurde Peppino Fappani zum Verhängnis. Der Zahntechniker überlebte nur knapp. Ein anderer Schwimmer hatte kein Glück.
„Schluss mit dem Roten Meer. Ich habe dort 30 Jahre lang meinen Urlaub verbracht, doch von jetzt an werde ich nur noch in den Bergen wandern gehen“: Peppino Fappani, dem 69-jähriger Zahntechniker aus dem norditalienischen Soncino, steckt der Schreck noch in allen Knochen. Bei einem Weihnachtsurlaub im ägyptischen Badeort Marsa Alam am Roten Meer wurde er von einem Hai angegriffen.
Er war gerade auf einem seiner geliebten Schnorchelausflüge, als er plötzlich laute Rufe auf Italienisch hörte. Der 48-jährige Römer Gianluca Di Gioia, der wie Fappani im selben Ressort urlaubte, schrie laut um Hilfe. Fappani dachte, dass es seinem Landsmann übel geworden sei und er Schwierigkeiten habe, zum Strand zurückzukehren. Er schwamm zu ihm hin, ohne zu bemerken, dass Di Gioia von einem Hai angegriffen wurde.
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Erst als er spürte, dass der Hai auch ihn in die Beine biss, erkannte Fappani, was um ihn herum geschah. Obwohl er in panischer Angst mit all seinen Kräften verzweifelt versuchte, den Hai zurückzudrängen, ließ das Tier Fappani nicht los. Um was für eine Art Hai es sich dabei handelte, ist noch unklar. Tiger- und Makohaie gelten im Roten Meer als gefährlich.
Italiener überlebt Attacke: „Der Hai ließ erst los, als ich sein Auge traf“
„Der Hai war über zwei Meter lang und griff mich am Bein an. Ich geriet in Panik, ich wusste nicht, was ich tun sollte. Dann erinnerte ich mich, dass die Schwachstelle eines Hais seine Augen sind, also stach ich meinen Finger in sein Auge, und er ließ los. Ich erlitt drei Angriffe, zum Glück näherte sich ein Boot mit Tauchern, sie leisteten mir sofort Hilfe. Dass ich noch am Leben bin, verdanke ich diesen Burschen, die mich gerettet haben“, erzählt der Zahntechniker gegenüber unserer Redaktion.
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Seine Hände und Beine sind noch immer bandagiert, die Wunden mussten genäht werden. Vor einigen Tagen konnte Fappani das Krankenhaus verlassen und ist in seine Heimatstadt Soncino zurückgekehrt. Seine Gedanken sind bei Gianluca und seiner Familie. „Es ist schrecklich, dass ich nichts für ihn tun konnte. Als er von den Rettern an Bord des Bootes gehievt wurde, sah ich, dass er in einem entsetzlichen Zustand war“, erzählt Fappani.
Die ägyptische Polizei leitete wegen des Haiangriffs eine Untersuchung ein und behauptet, die beiden Italiener hätten sich außerhalb der Bojen befunden, wo die Gefahr von Haiangriffen groß ist. Dies bestreitet Fappani vehement. „Es gibt sehr eindeutige Aufnahmen, niemand kann uns ein Fehlverhalten vorwerfen. Ich bin der Ansicht, dass dort, wo wir uns befanden, Netze hätten sein müssen, um die Haie fern zu halten, was nicht der Fall war. Meine Retter sagten mir, dass sie in zwanzig Jahren noch nie einen Hai so nah am Strand gesehen hätten“, erklärt der Überlebende.
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Der Strandabschnitt, an dem das Unglück geschah, wurde auf Anweisung des Umweltministeriums geschlossen. Ägyptens Umweltministerin Jasmin Fuad kündigte eine gründliche Untersuchung an. Nach Angaben ihres Ministeriums ereignete sich der Angriff in tiefem Wasser außerhalb des eigentlichen Schwimmbereichs.
„Nie wieder ans Rote Meer“: Haiangriff hinterlässt tiefe Spuren
Fappani ist nach dem Haiangriff immer noch mitgenommen. „Ich werde nie wieder ans Rote Meer fahren. Von nun an werde ich nur noch in den Bergen urlauben und hoffe, dass ich dort nicht von einem Bären angegriffen werde. In den letzten Jahren hat sich einiges in Ägypten geändert. Die Zahl der Haie, die sich der Küste nähern, wächst. Das Problem der Haie ist akuter geworden, die Gegend ist nicht mehr sicher“, meint er.
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Der Zahntechniker muss noch von den schweren Wunden genesen. „Zum Glück bin ich vor allem am linken Arm verletzt worden, den ich weniger benutze. Die Wunden heilen allmählich, die Ärzte haben mir versichert, dass sie keine zu tiefen Spuren hinterlassen werden. Ich hoffe, dass ich bald wieder zu meiner Arbeit zurückkehren kann. Das ist für mich der beste Weg, um diesen Albtraum zu vergessen“, sagt Fappani. Seine Gedanken sind bei Di Gioia, den er nicht persönlich kannte. „Wir waren beide zur selben Zeit am falschen Ort. Ich fühle mit seiner Familie und bedauere zutiefst, dass ich nichts für ihn tun konnte“, meinte der Mann.
Erst wenige Tage vor seinem Tod, am 21. Dezember, hatte Di Gioia seinen 48. Geburtstag gefeiert. Auf seinen Profilen in den sozialen Medien finden sich zahlreiche Fotos von seinen Reisen um die Welt. Besonders oft zog es den gebürtigen Römer, der seit 2013 mit einer Französin verheiratet war, ans Wasser. Gianluca Di Gioia war seit 2012 beim diplomatischen Dienst der Europäischen Union (EAD) tätig, einer autonomen Einrichtung innerhalb der EU. Der 48-Jährige besaß einen Abschluss in Wirtschaft und Handel.