Berlin. Katharina Thalbach und Corinna Harfouch über ihre erste zweite Zusammenarbeit, über die DDR, Angela Merkel und das Alter.

Es war ein großer Spaß, als vor sieben Jahren „Kundschafter des Friedens“ ins Kino kam, eine Komödie über ehemalige Spione des DDR-Geheimdienstes, die lange nach der Wiedervereinigung, als sie längst pensioniert sind, noch mal auf Mission müssen. Und herrlich war das auch, weil mit Henry Hübchen, Michael Gwisdek, Thomas Thieme und Winfried Glatzeder vier Stars aus dem Osten das Agenten-Quartett spielten. Nun gibt es eine Fortsetzung. „Kundschafter des Friedens 2“ kommt am 23. Janaur in die Kinos. Michael Gwisdek ist allerdings vor vier Jahren gestorben. Stattdessen gibt es zwei Neubesetzungen: Katharina Thalbach übernimmt den Techniker-Posten bei den Spionen, und als neue Auftraggeberin spielt auch Corinna Harfouch mit, die lange mit Michael Gwisdek liiert war. Obschon zwei der größten Schauspielerinnen auf deutschen Bühnen wie auf der Leinwand, haben die beiden zuvor erst einmal miteinander gearbeitet. Wir haben mit ihnen gesprochen.

Frau Harfouch, Frau Thalbach, Sie haben bislang erst einen Film zusammen gedreht…

Katharina Thalbach: Das war „Gefährliche Freundin“. Ist schon fast 20 Jahre her. Dafür gab’s sogar einen Grimme-Preis.

Corinna Harfouch: Die gefährliche Freundin warst du! Aber wir haben es geliebt, zusammen zu spielen.

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Katharina Thalbach (l.) und Corinna Harfouch 1996 in „Gefährliche Freundin“. 
Katharina Thalbach (l.) und Corinna Harfouch 1996 in „Gefährliche Freundin“.  © ARD | Ard


Thalbach: Wir kannten uns natürlich schon vorher. Einer meiner allerersten Gänge, als ich wieder in die DDR durfte, führte ins BE, da habe ich Corinna im „Urfaust“ gesehen. Ich war total fasziniert. Wir lernten uns dann danach in der Kantine kennen.

Harfouch: Naja, kennenlernen. Katharina war damals für mich ein unerreichbares Idol. Und ich war so schüchtern und konnte es kaum fassen, dass sie zu Besuch war. Danach haben wir diesen Film mit Hermine Huntgeburth zusammen gedreht. Da habe ich zuerst fälschlich gedacht, ich spiele Katharinas Rolle und sie meine. Erst ganz kurz vor den Dreharbeiten habe ich realisiert: Ich sollte die Laute, die Proletarische spielen. Und Katharina sollte das Mauerblümchen, was meiner Meinung nach damals viel mehr zu mir passte. Ich habe sogar noch versucht, Hermine Huntgeburth zu überreden, es anders rum zu machen, aber sie hat sich glücklicherweise nicht darauf eingelassen. Ab da konnte ich auch laut sein im Film.

Und wie war das jetzt, wieder zusammen in einem Film zu spielen?

Thalbach: Leider hatten wir ja kaum gemeinsame Szenen. Du warst mehr mit Henry Hübchen beschäftigt – und ich mehr so mit Thomas Thieme und Winfried Glatzeder, die wie die alten Zauseln bei der „Muppet Show“ waren. (lacht)

Harfouch: Aber wir hatten trotzdem eine schöne Zeit. Das waren ja auch schöne Dreharbeiten, in Kuba.

Thalbach: Wir haben sogar eine Szene zusammen improvisiert. Leider ist die nicht mehr im fertigen Film drin. Wir singen da die Nationalhymne – mit der Melodie von Haydn, aber dem Text von Brecht. Beide Staaten haben den nach dem Krieg abgelehnt, dabei wäre das der bessere Text gewesen.

Harfouch: Neulich habe ich am Humboldt Forum „Quartett“ von Heiner Müller inszeniert und gespielt. Da habe ich das auch gesungen.

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Kannten Sie beide den ersten Teil von „Kundschafter des Friedens“?

Harfouch: Ich kannte ihn natürlich, schon aus Michaels Erzählung. Deshalb hatte ich das Gefühl, ich bin schon Teil der Familie. Zudem habe ich mit Robert Thalheim zwei „Tatorte“ gedreht und dabei gemerkt, dass ich sehr gern mit ihm zusammenarbeite.

Thalbach: Wir sind ja beide neulich 70 geworden, und es macht einfach Spaß, in dem Alter noch so im Mittelpunkt zu stehen. Ich kannte den ersten Teil nicht. Mein Mann aber kannte ihn – er weiß immer mehr über Filme als ich…

Harfouch: … Weil du so viel arbeitest.

Thalbach: Nee, nicht nur. Aber ich schaue im Fernsehen fast nur Dokumentationen. Als ich das Drehbuch bekam, wusste ich nichts. Aber dann habe ich den ersten Teil gesehen und fand ihn fantastisch. Ich habe mich schon so gefreut, dass ich im hohen Alter mit „Ich war noch niemals in New York“ noch mal ein Musical machen durfte. Und jetzt noch einen Abenteuer-Agentenfilm! Das sind echte Geschenke.

„Ich war mehr so mit den Muppets-Zauseln beschäftigt“: Katharina Thalbach mit Thomas Thieme (l.) und Winfried Glatzeder.
„Ich war mehr so mit den Muppets-Zauseln beschäftigt“: Katharina Thalbach mit Thomas Thieme (l.) und Winfried Glatzeder. © Majestic | Majestic

Wie war es, in den zweiten Teil einzusteigen, bei dem ein Teil des Ensembles schon eingespielt war, während Sie neu dazukamen?

Harfouch: Davon habe ich nichts gemerkt. Das ist ja auch Jahre her. Und das ist wie am Theater. Wenn du da als Gast in ein Ensemble kommst, wirst du auch mit offenen Armen empfangen..

Thalbach: Ich habe ja die Nachfolge von Michael Gwisdek übernommen. Das war eine große Verantwortung. Ich bin doch viel kleiner – und eine Frau! Aber ich habe mich getröstet und mir noch Zöpfe gewünscht. Und sah dann ganz anders aus. Beim Drehen rutschte mir dann ein kleines Salute an Michael heraus. Das war meine persönliche Hommage. Es stand nicht im Drehbuch, aber ich hoffe, er gibt mir da oben seinen Segen.

Harfouch: Das fand ich toll. Ich war Dir dankbar dafür, denn auf gewisse Weise war Michael schon sehr anwesend während der Arbeit.

Thalbach: Thomas Thieme war allerdings etwas enttäuscht von mir, weil ich jenseits des Drehs nicht so lustig war wie Michael. Michael war wohl rund um die Uhr der „Clown vom Dienst“. Das bin ich nicht.

Harfouch: Stimmt, Michael hatte dieses Bedürfnis, ständig alle zu unterhalten, egal unter welchen Umständen.

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Corinna Harfouch spielt in „Kundschafter des Friedens 2“ die Auftraggeberin der neuen Mission.
Corinna Harfouch spielt in „Kundschafter des Friedens 2“ die Auftraggeberin der neuen Mission. © Majestic | Majestic

Der Film ist eine wunderbare Agentenkomödie. Man ahnt, dass Sie viel Spaß beim Drehen gehabt haen. Müsste es mehr solcher Filme geben? Genre-Filme sind im deutschen Kino ja leider selten.

Thalbach: Da wird sich auch sonst viel zu wenig getraut. Die Unverschämtheit, das Unbedenkliche – das fehlt oft. Stattdessen wird alles abgewogen: Ist das politisch korrekt? Ist das die richtige Art von Unterhaltung? Da gibt es ja noch dieses unsägliche Abwägen zwischen E und U, zwischen ernst und unterhaltend in Deutschland.

Harfouch: Es gibt natürlich Ausnahmen. Ich habe gerade Katis Inszenierung von „Mord im Orientexpress“ gesehen. Da sieht man ja, wie man E und U zusammenbringen kann. Und auch in dem Film „Sterben“ von Matthias Glasner gab es viele sehr komische Momente, was ja beim Thema Sterben dazu gehört.

Im Film geht es auch viel um den Sozialismus und dessen Errungenschaft. Ist das noch ein Thema heute?

Thalbach: Na klar. Gerade was Frauen betrifft: Nach wie vor bleibt für mich ein entscheidender Punkt, dass Frauen für die gleiche Arbeit immer noch nicht das gleiche Gehalt wie Männer bekommen. Das ist ein Grundrecht, das durchgesetzt werden muss. Solange das nicht durchgesetzt wird, ist alles andere, wie diese Genderdiskussion, für mich nur Beiwerk. In der DDR hatten Frauen gewisse Sicherheiten, na klar, die brauchten uns auch. Aber egal: Wir hatten Möglichkeiten, die ich später im Westen schmerzlich vermisst habe. Nach der Wende war das alles, was vorher selbstverständlich war, weg. Ich habe Angela Merkel nie gewählt. Ich habe großen Respekt für das, was sie erreicht hat. Aber in Bezug auf Frauen hat sie sehr wenig gemacht.

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Sie haben vorhin angesprochen, dass Sie beide gerade 70 geworden sind. Hat das was mit Ihnen gemacht?

Thalbach: Die Zahl ist unwichtig. Aber natürlich macht das Älterwerden was mit einem. Gewisse Zipperlein sind da, das Gerät baut ein bisschen ab. Aber eigentlich finde ich s Älterwerden als etwas sehr Schönes. Ich würde nie sagen, dass meine „besten Zeiten“ hinter mir liegen. Aber da sind wir beide vermutlich nicht die Regel. Wir sind große Glückspilze, weil wir noch so schön arbeiten dürfen. Wir werden immer noch gefragt und nicht als „altes Eisen“ behandelt. Das ist ein großes Geschenk. Warum also sollte mir das was ausmachen?

Harfouch: Ich finde es sogar eher herrlich. Ich darf mir persönlich erlauben zu sagen: „Hay, du bist 70, du darfst heute faul sein.“ Ich habe immer schnell ein schlechtes Gewissen gehabt, wenn ich mal nichts gemacht habe, aber heute genieße ich solche Tage. Auch dafür ist diese Zahl 70 toll.

Corinna Harfouch und Katharina Thalbach
Die Schauspielerinnen Corinna Harfouch und Katharina Thalbach im Gespräch mit Morgenpost-Redakteur Peter Zander. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Dabei arbeiten Sie beide immer noch so rege. Auch Sie, Frau Thalbach, haben schon öfter gesagt, Sie möchten kürzertreten möchten, und schaffen es doch nicht.

Thalbach: Ach, wenn man halt so schöne Angebote bekommt, will man sie ja auch machen. Und ich sammle keine Kunst und auch keine Eisenbahnen oder Kunst. Ich gehe meinem Hobby Arbeit nach.

Harfouch: Das geht mir ganz genauso.

Thalbach: Ich würde nur gern öfter mit Corinna zusammenarbeiten.

Harfouch: Darauf müssen wir hinarbeiten.

Premiere des Films am 15. Januar im Colosseum, ab 23. Januar im Kino.