Washington. Die Feuer rund um Los Angeles wüten weiter. Tausende Gebäude fallen den Flammen zum Opfer. Ein Experte gibt eine düstere Prognose ab.
Das Flammeninferno im Großraum Los Angeles ist an Dramatik nicht zu überbieten. In Dutzenden Straßenzügen sei das Ausmaß der Zerstörung „fast kriegsähnlich“, schreibt die „Los Angeles Times“, „alles ist dem Erdboden gleichgemacht“. Manchmal könne man nur noch an den Swimmingpool-Gruben erkennen, dass dort vorher ein Haus stand. „Das ist wie eine Trümmerlandschaft in einem Endzeit-Film“, sagte ein Anwohner dem Sender CBS.
Die schlimmsten Waldbrände in der Geschichte von Los Angeles haben die Metropole an der amerikanischen Westküste wie eine Zange eingeklemmt. Über 130.000 Menschen waren nach Polizeiangaben am Donnerstag evakuiert oder auf der Flucht vor den Flammen, die von orkanartigen Winden angetrieben wurden.
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Waldbrände und das Desaster bei Rettung: Feuerwehr beklagt Mangel an Wasser
Seit Ausbruch der Brände am Dienstag in Kalifornien sind mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen. Über 2000 Häuser wurden zerstört. Fast 7500 Feuerwehrleute auch aus Nachbarbundesstaaten sind im Einsatz. Noch bis Freitagabend gilt die höchste Waldbrandwarnstufe. Die Feuerwehr beklagt zunehmend einen Mangel an Wasser, um die riesigen Brandherde zu löschen. So waren etwa die drei großen Reservoire im Kerngebiet des Feuers mit einem Fassungsvermögen von jeweils rund vier Millionen Litern zeitweise leer.
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Allein das Ursprungsfeuer im mondän-wohlhabenden Stadtteil Pacific Palisades vernichtete bisher über 6400 Hektar Land. Das Flammenmeer verschluckte weite Teile der begehrten Hügellandschaft zwischen Santa Monica und Malibu. Viele „Angelenos“ klagen wegen der dichten Rauchglocke, die über der Stadt hing, über die schlechte Luft. Vielerorts kamen Atem-Masken zum Einsatz.
Erst die letzten, sündhaft teuren Häuser-Reihen am Pacific Coast Highway setzten dem Großbrand kurz vor den Wellen des Ozeans Grenzen. Hier und andernorts betroffen: viele Prominente aus der Film- und Unterhaltungsbranche. Etwa Billy Crystal („Harry und Sally“). Der berühmte Komödiant sagte: „Wir sind natürlich untröstlich, aber mit der Liebe von Kindern und Freunden werden wir das durchstehen.“ Das Haus, in dem er und seine Frau Janice seit 45 Jahren gelebt hatte, war komplett ausgebrannt.
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Oscar-Preisträgerin Jamie Lee Curtis erklärte: „Meine Gemeinde und möglicherweise mein Zuhause brennen. Betet, wenn ihr daran glaubt, und selbst wenn ihr nicht daran glaubt, betet für diejenigen, die daran glauben.“ Maria Shriver, ehemalige First Lady von Kalifornien, als sie mit dem damaligen Gouverneur Arnold Schwarzenegger verheiratet war, sagte, die Zerstörung in der gehobenen Enklave sei verheerend. „Alles ist weg. Unsere Nachbarschaft, unsere Restaurants.“
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Carsten Maschmeyer, deutscher Finanzunternehmer und Ehemann von Schauspielerin Veronica Ferres, sagte gegenüber dieser Redaktion: „Das Ausmaß dieser Tragödie ist kaum in Worte zu fassen. Die Flammen hinterlassen eine Schneise der Zerstörung, unzählige Menschen verlieren alles, was sie besitzen. Die Rettungskräfte leisten Unglaubliches, riskieren ihr Leben und sind seit Tagen im Einsatz. Dank ihnen sind wir aktuell in Sicherheit. Veronica und ich wurden in der Nacht evakuiert und mussten unser Zuhause zurücklassen. Das Haus meines Sohnes ist leider dem Feuer zum Opfer gefallen.“
Auch Bill Kaulitz, Sänger und Frontman von Tokio Hotel, musste sein Haus in Los Angeles verlassen. Auf Instagram zeigt der Sänger Bill Kaulitz sein Gepäck: ein Koffer, zwei Taschen und ein paar lose Kleidungsstücke. Außerdem hat er ein Notfallset des Roten Kreuzes und zwei Walkie-Talkies dabei.
Dramatische Waldbrände: Dutzende Tiere konnten vor dem Feuer gerettet werden
Noch in der Nacht zu Donnerstag war ein weiteres Feuer im Umkreis von Los Angeles hinzugekommen. Diesmal betroffen: die bekannte Hügelkette Hollywood Hills. Um das dicht besiedelte Gebiet, das viel näher am Stadtkern von Los Angeles liegt als Pacific Palisades, zu schützen, waren Löschflugzeuge und Hubschrauber im Minuten-Takt in der Luft.
Auch weil die extremen Winde schwächer wurden, die am Vortag für eine fast explosionsartige Ausbreitung des Feuers gesorgt hatten, gelang es den erschöpften Einsatztrupps des Fire Departements den Großbrand etwas einzudämmen: „Die Feueraktivität hat sich verringert“, teilte das Sheriff-Büro auf der Kommunikations-Plattform X mit. Dennoch sagte Kevin McGowan, Direktor für Notfallmanagement im Bezirk Los Angeles: „Wir stehen vor einer historischen Naturkatastrophe. Ich denke, das kann nicht stark genug betont werden.“
Auch Hollywoods Showbusiness ist betroffen. Die Verleiher der renommierten Critics Choice Awards haben ihre für diesen Sonntag geplante Trophäen-Gala in Santa Monica aufgrund der Brände verschoben, Filmstudios sagten Premieren ab. Am 17. Januar wollte die Oscar-Filmakademie die Anwärter für Hollywoods höchsten Preis verkünden. Dies werde aufgrund der Brände nun zwei Tage später stattfinden, teilte Geschäftsführer Bill Kramer in einem Brief an die rund 10.000 Mitglieder mit, wie US-Medien berichteten. Das gibt den Filmschaffenden mehr Zeit, über die Kandidaten abzustimmen.
Aber es gab auch gute Nachrichten: In einer Hochschule fanden Dutzende Tiere, darunter Pferde, Alpakas, Lamas und sogar Schweine, eine Notunterkunft vor den Feuersbrünsten. Aus deutscher Sicht glücklich: Die Kulturstätten – das Thomas Mann-Haus und die Villa Aurora – hoch in den Bergen von Palisaden haben nach vorläufigen Angaben der Betreiber den Flammen widerstanden. Das Thomas-Mann-Haus war der Wohnsitz des Literatur-Nobelpreisträgers (1875-1955) während seines Exils. Die Bundesrepublik Deutschland kaufte es 2016 und ließ es umfassend renovieren. In der Villa Aurora lebten während ihres Exils der Schriftsteller Lion Feuchtwanger und seine Frau.
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Mit Rücksicht auf die Katastrophe hat der scheidende US-Präsident Joe Biden eine für diesen Freitag geplante Reise nach Italien und eine Audienz bei Papst Franziskus abgesagt. Stattdessen will er die Koordinierung der Hilfsmaßnahmen leiten. L.A.-Bürgermeisterin Karen Bass kehrt vorzeitig von einer Auslandsreise nach Ghana zurück. Gavin Newsom, der Gouverneur des Bundesstaates, zeigt sich von der „völligen Zerstörung“ betroffen und rechnet mit steigenden Opferzahlen.