Washington. Zehntausende fliehen vor den Flammen. Mindestens zwei Tote. 1000 Gebäude zerstört. Für die Retter ist oft kein Durchkommen.

An der kalifornischen Küste bei Los Angeles spielen sich dramatische Szenen ab: Waldbrände treiben die Menschen in die Flucht. Zehntausende müssen ihre Häuser verlassen. Bislang wurden zwei Tote gemeldet. Sie seien im Feuer im Angeles National Forest ums Leben gekommen, sagte der örtliche Feuerwehrchef, Anthony Marrone. Über die Umstände und Todesursachen machte er keine Angaben. Zudem gebe es „eine hohe Zahl schwerer Verletzungen unter den Bewohnern, die nicht evakuiert wurden.“

Knapp 21.000 Gebäude waren am Mittwoch von den Flammen bedroht. Die seit 36 Jahren beliebte gastronomische Institution „Reel Inn“ in Malibu brannte aus. Die Besitzer Teddy und Andy Leonard erklärten, ihr Herz sei „gebrochen“. Das Feuer war in den Hügeln von Pacific Palisades ausgebrochen und vernichtete, begünstigt von extremen Winden, die aus den Santa Ana-Bergen über die Idylle kamen, in kurzer Zeit eine Fläche von fast 17 Quadratkilometern. Die Gegend gehört zu den teuersten Ecken der USA, Häuser kosten im Schnitt fast vier Millionen Dollar.

Auch interessant

US-Waldbrände: Windböen rasen mit Geschwindigkeiten von über 150 km/h über Orte

Bilder von dem Mega-Brand und seinen riesigen, dunklen Rauchwolken, die auf den Pazifik und Richtung Süden gen Santa Monica trieben, waren über viele Kilometer weit zu sehen. Anwohner berichteten von Szenen, wie sie sich selbst die bekanntesten Feuerwehr-Blockbuster Hollywoods von „Only the Brave“ bis „Backdraft“ nicht hätten einfallen lassen können. „Solch eine Gewalt der Flammen habe ich noch nie gesehen“, sagte ein Bewohner dem Sender NPR.

Auch interessant

Wie Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom auf X mitteilte, versuchten rund 1400 Feuerwehrleute der Katastrophe Herr zu werden. Über 1000 Gebäude seien bislang zerstört worden. Die Rettungsdienste verzeichneten binnen 24 Stunden über 3600 Notrufe.

Die verheerenden Waldbrände im Umkreis der US-Metropole Los Angeles haben sich rasant ausgebreitet.
Die verheerenden Waldbrände im Umkreis der US-Metropole Los Angeles haben sich rasant ausgebreitet. © AFP | DAVID SWANSON

Bis zum Abend brachen im Umkreis mehrere Feuer in Pasadena, Sierra Madre, Arcadia und Sylmar aus. Weil die Windböen mit Geschwindigkeiten von über 150 km/h so außergewöhnlich brutal waren, mussten Löschflugzeuge stundenlang am Boden verharren, wie Margaret Stewart vom Los Angeles Fire Department mitteilte. „Wasser und Brandhemmer, die abgeworfen werden, würden sonst sofort vom Wind zerstreut.“

In Panik vor Waldbränden: Schauspieler gibt Landsleuten Rat

Die Katastrophe bedrohte auch die Wohnsitze vieler Prominenter aus dem Show-Geschäft, die in der hügeligen Landschaft, oft vernestelt an kleinen, für Rettungskräfte schwer erreichbaren Straßen, ihre Häuser haben. „Stars Wars“-Held Mark Hamill (Luke Skywalker) beschrieb auf Instagram, wie er samt Frau und Kindern in letzter Minute fliehen konnte.

Auch die Sängerin Cher und die Hollywood-Stars Dick van Dyke und Mira Sorvino mussten Hab und Gut zurücklassen. Zwischenzeitlich war auch das berühmte Getty-Museum, direkt am Pazifik gelegen, bedroht. Aufgrund der Brände sagten die Film-Industrie in Hollywood mehrere Premierenfeiern ab. Die Universal-Studios und das bekannte Griffith-Observatorium auf den Hügeln von L.A. blieben geschlossen.

Etliche Anwohner, die sich rechtzeitig aus ihren idyllischen Enklaven hoch über dem Smog-Level von Los Angeles in Sicherheit bringen konnten, beklagten, dass der wohlhabende Ortsteil nicht ausreichend vorbereitet gewesen sei. Oft seien Fluchtmöglichkeiten sehr begrenzt gewesen.

„Es gibt im Grunde nur eine Straße in die Highlands und eine Straße hinaus“, sagte Melissa Grant, eine Anwältin, die dort in einem Holzhaus lebt. Weiteres Handicap: Wie Feuerwehrleute über interne Funksysteme berichteten, lieferten etliche Hydranten in Pacific Palisades schon sehr früh kein Wasser mehr.

Starker Wind macht die Löscharbeiten der Brände rund um die US-Metropole Los Angeles extrem schwierig.
Starker Wind macht die Löscharbeiten der Brände rund um die US-Metropole Los Angeles extrem schwierig. © AFP | DAVID SWANSON

Obwohl der Landstrich seit vielen Jahren mit Großfeuern dieser Art zu tun hat, spielten sich dramatische Szenen ab. Viele Anwohner flohen in schierer Panik, ließen dabei ihre Autos auf den Straßen stehen, sodass für Rettungs- und Löschfahrzeuge kein Durchkommen mehr war. Videos in sozialen Medien zeigten, wie Polizei und Feuerwehr per Bulldozer zig Pkw aus dem Weg räumen. Der Schauspieler Steve Guttenberg rief seine Landsleute dazu auf, den Schlüssel stecken zu lassen, wenn sie schon ihre Karossen wild parkten.

Kaliforniens Gouverneur verzweifelt: „Es brennt das ganze Jahr“

Bis Mittwochmittag (Ortszeit) sollten die Winde noch weiter zulegen. „Das wird erst noch schlimmer, bevor es besser wird“, sagte der Klima-Forscher Daniel Swain von der örtlichen Universität UCLA. „Die Vegetation wird immer trockener, je länger der Wind anhält“, sagte Swain. Man müsse sich das so vorstellen, als würde ein riesiger Föhn die Landschaft trocken blasen. „Darum wird es eine sehr lange Zeit mit hoher Brandgefahr geben.“ 

Mindestens 30.000 Menschen versuchen sich, vor den Flammen in Sicherheit zu bringen.
Mindestens 30.000 Menschen versuchen sich, vor den Flammen in Sicherheit zu bringen. © AFP | JOSH EDELSON

Der Hintergrund: „Südkalifornien hat einen besonders heißen Sommer erlebt, gefolgt von fast keinem Niederschlag während der normalerweise feuchten Jahreszeit“, erklärte Alex Hall, Direktor „Center for Climate Science” bei UCLA . „Und all das folgt auf zwei sehr regnerische Jahre, was bedeutet, dass die Natur reichlich Brennstoff für potenzielle Waldbrände produziert hat.“ Andere Forscher sagen, dass der Klimawandel die Wahrscheinlichkeit extremer Winde erhöht hat. Überschneide sich das mit extrem trockenen Bedingungen für die Vegetation, könne es zu solchen Katastrophen kommen.

Kaliforniens Gouverneur Newsom sollte eigentlich im Coachella Tal bei einer Veranstaltung mit dem scheidenden Präsidenten Joe Biden eine Rede halten. Der Demokrat dirigierte seinen Tross kurzerhand Richtung Pacific Palisades um und gab dort eine ernüchternde Bestandsaufnahme. „November, Dezember, nun Januar – es gibt keine Waldbrände-Saison mehr. Es brennt das ganze Jahr.“