Berlin. In der neuen Fitzek-Verfilmung spielt er die Hauptrolle – doch trotz aller Erfolge kann Tambrea eine Sorge nicht abschütteln, wie er verrät.

Letztes Jahr sorgte Sabin Tambrea mit seinem Familienroman „Vaterländer“ für Aufsehen. Jetzt wagt sich der Schauspieler, der mit Filmen wie „Ludwig II.“ oder Serien wie „Babylon Berlin“ und „Ku‘damm 59“ bekannt wurde, in die Welt eines anderen Romanautors: Tambrea ist der Hauptdarsteller in der Sebastian Fitzek-Verfilmung „Der Heimweg“ (ab 16. Januar auf Amazon Prime). Persönlich kommt der 40-Jährige, der mit seiner Familie in Berlin lebt, dank seines kleinen Kinds kaum zum Lesen. Aber sein Nachwuchs hilft ihm dafür, mit seinen persönlichen Sorgen besser fertig zu werden.

In „Der Heimweg“ spielen Sie zum ersten Mal in einem Thriller mit. Hatten Sie früher Vorbehalte?

Sabin Tambrea: Nein, im Gegenteil, denn ich habe eine große Neugier und es ist mir immer eine große Freude, neue Gebiete als Schauspieler zu erkunden. In dem Fall war es mir nur wichtig, dass wir dem Thema „häusliche Gewalt“ mit Sensibilität gerecht werden und es nicht nur dem Unterhaltungseffekt unterordnen.

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Doch warum hat es so lange gedauert, dass Sie in dieses Genre eingestiegen sind?

Tambrea: Es hat einfach länger gedauert, bis eine Anfrage kam, Teil von einem solchen Film zu sein. 

Lesen Sie privat Bücher wie die von Sebastian Fitzek?

Tambrea: Hauptsächlich lese ich Sekundärliteratur zur Recherche für meine Arbeit. Zu weiterer Lektüre in meiner Freizeit komme ich nicht, da ich diese Zeit komplett meiner Familie widme. Ich bin mit 39 Jahren Vater geworden und habe vorher die Zeit ausgiebig für mich genutzt. Jetzt bin ich froh, für andere da zu sein. Zur Unterhaltung würde ich wahrscheinlich keinen Psychothriller lesen.

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Gibt es denn ein Buch, das Sie im Leben maßgeblich beeindruckt hat?

Tambrea: Natürlich haben die vielen Theaterstücke wie „Prinz Friedrich von Homburg“, in denen ich gespielt habe, einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Aber wenn ich ein Buch nennen müsste, dann wären das – ohne Eigenwerbung machen zu wollen – die Memoiren meines Großvaters, die Teil meines Romans „Vaterländer“ geworden sind. Die haben mich am meisten im Mark erschüttert und mir die Augen geöffnet – auch für die heutige Zeit.

TV-Star über Beruf des Schauspieler: „Nur drei Prozent können davon leben“

Sie meinten in einem früheren Interview, dass Sie eigentlich Bedenken hatten, die Mitglieder Ihrer Familie nach deren Geschichte zu befragen.

Tambrea: Das ist richtig. Aber nach meinem ersten Roman fragte mich mein Vater, woran ich als nächstes schreiben würde, und auf einmal fing er von sich aus an, von seiner Flucht von Rumänien nach Deutschland zu erzählen und was das für die Familie bedeutete. Und so wusste ich, dass mich dieses Thema gefunden hat.

Dreharbeiten zu
Die Schauspieler Sabin Tambrea als König Ludwig II. und Hannah Herzsprung als Kaiserin Elisabeth von Österreich (Sissi) bei den Dreharbeiten zum Film „Ludwig II.“. © picture alliance / dpa | Ursula Düren

Ihr Vater und Großvater mussten dabei viel Widerstandsfähigkeit beweisen. Hätten Sie sie die auch?

Tambrea: Ich würde es mir wünschen, aber ich könnte das erst beantworten, wenn ich selbst in so einer Situation wäre. Ich bin zwar Flüchtlingskind, aber selbst ich konnte mir vor der Arbeit an meinem Roman nicht vorstellen, was dazu führen kann, dass man keinen anderen Weg sieht, als alles hinter sich lassen zu müssen.

Wo war denn Ihre eigene Widerstandsfähigkeit mal gefragt?

Tambrea: Beispielsweise bei den Aufnahmeprüfungen an der Schauspielschule. Ich bin zweimal durch ganz Deutschland gereist und habe nur Absagen bekommen. Aber für mich war es klar, dass ich nicht aufgebe und so lange weitermache, bis mein Wille und mein Talent erkannt wird. 

Wie sind Sie mit diesen ganzen Ablehnungen klargekommen?

Tambrea: Wenn mich junge Menschen nach Tipps zur Schauspielerei fragen, dann sage ich immer: „Lass es sein.“ Denn es sind weniger als drei Prozent, die von diesem Beruf leben können. Die soziale Absicherung ist katastrophal. Aber wenn junge Menschen trotzdem den Willen haben, Schauspieler zu werden, dann haben sie auch das nötige Maß an Wahnsinn, um sich bis zum Ende durchzubeißen. 

Schauspieler macht sich täglich Sorgen: Nach dem TV-Dreh ist „alles völlig blank“

Bei Ihnen und Ihrer Frau und Kollegin Alice Dwyer läuft es ja gut. Haben Sie je Angst, dass das mal vorbei sein könnte?

Tambrea: Diese Sorge habe ich jeden Tag. Zumal ich kein passives Einkommen habe, das das kompensieren könnte. Jetzt weiß ich, dass ich bis April drehe, aber danach ist alles völlig blank. Ich kann nur hoffen, dass es weitergeht. 

Sabin Tambrea Babylon Berlin
Sabin Tambrea (l.) in dem großen TV-Erfolg „Babylon Berlin“. © PR | Ard

Wenn man sich so viele Sorgen macht, verdirbt einem das nicht die Lebensfreude?

Tambrea: Das kann durchaus dazu führen. Wobei ich mich persönlich nicht beschweren kann. Trotz der ganzen Kürzungen im Kultursektor muss man sich natürlich einen Optimismus bewahren und hoffen, dass es gut gehen wird.

Und Ihre Frau sieht das genauso?

Tambrea: Wir sind da, soweit ich das beurteilen kann, einer Meinung.

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Hatten Sie angesichts dieser ganzen Unsicherheit keine Bedenken, Eltern zu werden...

Tambrea: Die Frage ist berechtigt. Man konfrontiert ein neues Lebewesen mit der Sterblichkeit und der Weltsituation da draußen. Aber ich bin glücklich, dass es so gekommen ist. Denn dieses Kind schenkt uns auch Hoffnung. Man lernt dadurch, sich wieder einen wertungsfreien Blick anzutrainieren.

Als Erwachsene eignen wir uns Mechanismen an, um eine Ordnung in dieses Konstrukt Leben hineinzubekommen, und das ist eine große Einengung. Wenn man dann an einem Kind sehen kann, wie umwerfend es die Welt betrachtet, ist es etwas Wundervolles. 

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Die Szenarien eines Sebastian Fitzek zeigen die Welt als einen Ort von Angst und Schrecken. Haben Sie auch so ein Gefühl?

Tambrea: Mir ist bewusst, dass es eine Ausnahmesituation ist, gesund und erfüllt zu leben. Dass es irgendwann tragisch wird, steht außer Frage. Wenn man sich dessen bewusst ist, dass alles vergänglich ist, dann lernt man es zu genießen, solange das Schöne da ist.

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Was gibt Ihnen den Glauben an die Schönheit des Lebens?

Tambrea: Wann immer ich Empathie bei Menschen sehe oder den Willen, sich auf andere einzulassen. Und mich rührt auch nichts so sehr, als wenn ein Künstler mit seinem Talent Menschen berührt und begeistert. 

Haben Sie ein Beispiel für so einen Künstler?

Tambrea: Vor kurzem habe ich Berq kennengelernt. Diesem jungen Sänger gelingt es, die Massen zu berühren, aber nicht, weil er sie bewegen will, sondern weil er so individuell und wahrhaftig ist.

Wollen Sie auch so ein Künstler sein?

Tambrea: Ich richte mein Ziel nicht an der Wirkung auf das Publikum aus. Ich suche nach dem, was ich erzählen möchte, und wenn das auf die Menschen Wirkung hat, bin ich glücklich.