Berlin. Nikolai Kinski ist in die Fußstapfen seines skandalumwitterten Vaters Klaus Kinski getreten. Hier erzählt er, wie er damit umgeht.
Der klangvolle Nachname von Nikolai Kinski ist kein Zufall. Aber der 48-Jährige hat sich längst vom Erbe seines prominenten Vaters emanzipiert und ist deutschland- wie weltweit als Schauspieler in Filmen und Fernsehserien erfolgreich. Ab 16. Januar ist er in der Literaturverfilmung „Traumnovelle“ im Kino zu sehen, dank der er sich tief in die Welt seines Unterbewusstseins begab. Eine seiner größten Ängste konfrontierte er schon viele Jahre früher, und die hatte auch mit seinem Vater Klaus Kinski zu tun.
Die „Traumnovelle“ des Dramatikers Arthur Schnitzler ist vor 100 Jahren erschienen. Warum ist diese Geschichte heute noch relevant?
Nikolai Kinski: Schnitzler schreibt in zeitloser Weise über unseren Umgang mit Sexualität und unseren verborgenen Sehnsüchten. Wie der Titel schon besagt, geht es um unsere Traumwelt. Das ist das letzte unerforschte Gebiet. Träume sind ja das Tor zu unserem Inneren und somit handelt die Geschichte auch von der Brücke zwischen unserem Bewusstsein und dem Unbewussten.
Träume verblassen schnell im Wachzustand. Wie gut können Sie sich an die Ihren erinnern?
Kinski: Man kann es üben, sich zu erinnern, was ich gemacht habe. Was ich auch praktiziere, das ist luzides Träumen, bei dem man sich bewusst ist, dass man träumt. Das ist unglaublich spannend. Man fühlt sich wie auf Drogen, nur dass die Droge dein Unterbewusstsein ist.
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Kann man davon auch süchtig werden?
Kinski: Während des Drehs bin ich davon nicht heruntergekommen. Wenn ich nach Hause gekommen bin, habe ich in der Rolle weiter geträumt – zum Beispiel Szenen aus dem Film. Aber im Gegensatz zu Drogen muss man das nicht abschütteln. Ich genieße das. Es ist ein total entspannender Zustand, wenn man in der eigenen Fantasie alles ausprobieren darf, ohne jede Hemmungen. Gleichzeitig bekommt man dadurch Distanz zu den eigenen Emotionen und Gedanken.
Aber weil das Unterbewusstsein ja ein unkartiertes Land ist – hat man da nicht auch ein bisschen Angst davor?
Kinski: Wir haben alle unsere dunklen Seiten, und es geht darum, sich damit zu konfrontieren, was ja auch eines der großen Themen der „Traumnovelle“ ist. Wenn man das tut, dann verliert man seine Ängste. Denn die sind dann nicht mehr das Unbewusste, was in einem schlummert, sondern eine Seite, mit der man seinen Frieden macht.
Mit welcher Ihre Ängste haben Sie sich konfrontiert?
Kinski: Ich bin in Kalifornien groß geworden und ich hatte Angst, nach Deutschland zu kommen und meine Wurzeln kennenzulernen. Aber ich habe eben die Erfahrung gemacht, dass man am meisten im Leben lernt, wenn es schwierig wird. So fremd mir Deutschland auch war, die Neugier war noch größer. So bin ich Mitte 20 nach Deutschland gezogen, obwohl ich die Sprache nicht kannte. Es gab dann schon auch mal Schwierigkeiten, aber das war es mir wert.
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NIkolai Kinski und die Bürde durch den berühmten Vater
Sie haben sich auch mit dem Erbe Ihres Vaters Klaus Kinski konfrontiert – etwa indem Sie einige seiner Gedichte öffentlich vorgetragen haben. War das eine Auseinandersetzung mit Ihren Ängsten?
Kinski: Ja, unbedingt. Aber es waren auch Sachen, die mich auch künstlerisch und kreativ interessiert haben. Abgesehen davon hat es mich gelangweilt, dass ich in der Öffentlichkeit immer wieder mit meinem Vater in Verbindung gebracht wurde. Und diese Vorträge waren auch eine Art Provokation. Ich war neugierig, zu sehen, welche Reaktionen ich damit hervorrufe.
Ihr Vater war, wie vielfach dokumentiert, mit den Dämonen seines eigenen Unterbewusstseins konfrontiert. Können Sie sagen, wie Sie ihn aus heutiger Sicht sehen?
Kinski: Nein, für mich ist es nicht interessant, das weiter zu kommentieren. Ich orientiere mich auch bei meiner Rollenwahl nicht an den Rollen, die er gespielt hat.
Sie sind auch international mit Serien wie „Vikings“ erfolgreich. Könnten Sie sich vorstellen, wieder Deutschland zu verlassen und permanent in die USA zurückzukehren?
Kinski: Ich habe keine derartigen Wünsche oder Pläne. Ich fühle mich in Deutschland sehr wohl, und Berlin ist so etwas wie mein Zuhause geworden. Ich habe davon abgesehen auch einen französischen Pass, weil ich in Frankreich geboren bin. Und die Entwicklungen, die Amerika in den letzten Jahren durchgemacht hat, finde ich befremdlich. Als Schauspieler kannst du überall auf der Welt leben, wenn du englischsprachig drehen willst.
TV-Star: Beruf ist so spannend, das färbt aufs Private ab
Berlin ist eine Stadt des intensiven Nachtlebens, wie auch der Film zeigt. Inwieweit nehmen Sie daran noch teil?
Kinski: Ich habe hier schon viel erlebt, aber diese Zeit habe ich hinter mir. Ich kann schon allein mit meinem Beruf so viele spannende Erfahrungen sammeln und verschiedenste Menschen, Welten und Kulturen kennenlernen. Da habe ich nicht das Gefühl, dass ich etwas verpasse, wenn ich das privat nicht mache.
Was war das Spannendste, was Sie zuletzt außerhalb des Berufs erlebt haben?
Kinski: Ja, ich hatte neulich meine erste finnische Sauna-Erfahrung – als einziger Nicht-Finne mit 100 Finnen bei rund 103 Grad und gelegentlichen Bädern im nahegelegenen Eissee. Danach fühlt man sich wie der stärkste Wikinger aller Zeiten.
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Das Wort „Traum“ kann auch „Wunsch“ bedeuten. Gibt es etwas, von dem Sie noch träumen?
Kinski: Snowboarden in Alaska zum Beispiel. Ich bin in meiner Jugend viel gesnowboardet, und es hat so etwas Unwirkliches, wenn man durch eine Landschaft aus Tiefschnee schwebt. Und die Vorstellung, aus einem Helikopter auf eine Piste zu springen und dann als Einziger herunterzufahren, steht neben vielen anderen Dingen auf meiner „Bucket List“. Grundsätzlich finde ich Reisen spannend, weil man sehr viel über andere Kulturen und dadurch über sich selbst erfährt. Denn andere Menschen sind immer ein Spiegel.
Bei welcher Reise haben Sie sehr viel über sich erfahren?
Kinski: Meine Mutter ist vietnamesischer Herkunft und so bin ich ohne Familie nach Vietnam geflogen, um meinen Wurzeln nachzuspüren. Das hat mich sehr bewegt und beeindruckt.
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