Berlin. Lange hat sich der NDR gesträubt, jetzt kooperiert er beim ESC wieder mit Stefan Raab und dem Privatfernsehen. Eine Chance für Deutschland?

Wer die vergangenen zehn ESC-Jahre aus deutscher Sicht bilanziert, landet bei einer Statistik des Grauens: Seit 2015 belegte Deutschland viermal den letzten und dreimal den vorletzten Platz. Michael Schulte war 2018 als Vierter der einzige Lichtblick in einer düsteren Dekade. „Germany: zero points“ ist längst zum geflügelten Wort in der internationalen Eurovision-Gemeinde geworden.

Der für die Show federführende Norddeutsche Rundfunk (NDR) ließ nach den Pleiten der vergangenen Jahre jede Selbstkritik vermissen und verstieg sich zum Teil in abenteuerlichen Theorien: Die Gründe des Scheiterns seien politisch, der (musikalisch doch gar nicht so schlechte) deutsche ESC-Beitrag bekomme dafür die Quittung, dass Merkel und Schäuble wegen ihrer Politik in Rest-Europa so unbeliebt seien.

Realismus beim NDR: Raab soll den ESC retten

Inzwischen hat sich beim NDR – endlich – ein neuer Realismus Bahn gebrochen: So geht es nicht weiter, ohne externe Expertise fahren wir das Projekt ESC wieder und wieder vor die Wand. Da passt es gut, dass der Experte von draußen gerade aus dem Show-Ruhestand zurückgekehrt ist. Stefan Raab. Er hat sich zuletzt publikumswirksam von Regina Halmich verhauen lassen und sich mit RTL einen neuen Haussender gesucht.

Nun werden Öffentlich-Rechtliche und Private in vier Live-Shows zur besten Sendezeit (drei davon bei RTL) gemeinsam den deutschen Teilnehmer oder die Teilnehmerin für Basel 2025 ermitteln, 15 Jahre nach „Unser Star für Oslo“ (USFO). Damals wurden ARD und ProSieben bekanntlich fündig und entdeckten unter Raabs Federführung eine Hannoveraner Abiturientin namens Lena Meyer-Landrut. Der Rest ist ESC-Geschichte.

Stefan Raab - Retter der deutschen Grand-Prix-Ehre?
Mit „Wadde Hadde Dudde Da“ gewann Stefan Raab 2000 den deutschen ESC-Vorentscheid. Beim Finale wurde er Fünfter. © picture-alliance/ dpa | Ingo Wagner

Raab setzte beim ESC Maßstäbe

Auch wenn Stefan Raab in anderen Shows gerne mal Witze auf Kosten von Schwächeren macht, in der Rolle als Juror und Talentscout ist der Musik-Enthusiast aus Köln-Sülz eine angenehme Erscheinung. USFO hat Maßstäbe gesetzt – gegen den giftigen Sozialdarwinismus der damals marktbeherrschenden Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“.

Nachwuchskünstler pfleglich behandeln und sie nicht hämisch niedermachen: Ob dieses Konzept noch ein Mal die deutsche ESC-Misere beenden kann, wissen nur Hellseher. Aber einen Versuch ist es unbedingt wert. Schließlich kann es nur besser werden.

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