Berlin. Nach Babypause und Weltreise: Schauspielerin Janina Uhse spricht über ihr Comeback und wie sie ihren Sohn auf die Realität vorbereitet.

In den letzten Jahren hat sich Janina Uhse ein wenig rar gemacht. Grund dafür war eine Babypause, verbunden mit einer großen Reise, auf der die 34-jährige Schauspielerin als Mutter die Welt erkundete. Mit der aktuellen Netflix-Komödie „Spieleabend“ meldet sich die Schauspielerin, die mit „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ bekannt wurde und seither mit Filmen wie „Der Vorname“ Erfolge feierte, zurück. Im Interview spricht sie über ihr neues Leben, ihre Lust am Gewinnen und ihre Erziehungsprinzipien.

Sie sind mit Mann und Kind für drei Monate auf eine Reise um die Welt gegangen, waren über zwei Monate auf Bali. Wie haben Sie sich wieder an den Alltag in Deutschland gewöhnt?

Janina Uhse: Natürlich hat das Eingewöhnen ein bisschen gedauert. Auf Bali habe ich ein ganz anderes Leben geführt, habe mich nicht geschminkt und bin nur in Flipflops herumgelaufen. Es war mir völlig egal, was ich trage. Meine Kleidung wurde irgendwie in der Wäscherei gewaschen, aus der sie mit mehr Flecken als vorher zurückgekommen ist. Aber das war irgendwie normal.

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Wie war der erste Drehtag nach dieser Pause?

Uhse: Ich war sehr aufgeregt, aber das ist immer so. Zuerst muss ich mich orientieren: Wen vom Team kenne ich und wen noch nicht? Wo steht die zweite Kamera? Aber am zweiten Drehtag ist es meistens schon gut, und spätestens am dritten bin ich drin. Deshalb übernehme ich auch keine Rolle, die nur zwei Drehtage umfasst.

Janina Uhse: „Wenn ich spiele, bin ich sehr hart unterwegs“

Aber können Sie diese konsequente Haltung wirklich so durchziehen?

Uhse: Ich mache es einfach so. Spätestens seit ich mein Kind habe, ist mir bewusst, dass meine Zeit nicht unendlich ist und ich sie bestmöglich nutzen sollte. Deshalb möchte ich nur eine gute Zeit mit guten Menschen und mit Projekten verbringen, hinter denen ich 100 Prozent stehe. 

Betrachten Sie das Leben auch als eine Art Spiel – nachdem Ihr aktueller Film schon „Spieleabend“ heißt?

Uhse: Zum Teil ja. Aber wenn ich spiele, dann bin ich sehr hart unterwegs, weil ich gewinnen möchte. Und im wahren Leben geht es nicht immer darum, dass man gewinnt.

Aber könnten Sie sagen, was Ihr größter Gewinn im Leben war?

Uhse: Meine Familie. Die ist mit Abstand am wichtigsten und danach kommt ganz lange nichts. An nächster Stelle stehen andere Menschen, die sich wie Familie für mich anfühlen. 

Empfang von Netflix zum Filmfest München
In der Netflix-Komödie „Spieleabend“ schlüpft Janina Uhse in die Rolle der Pia, die ihren neuen Freund Jan zum regelmäßigen Spieleabend einlädt – doch plötzlich steht ihr Ex-Freund vor der Tür. © picture alliance/dpa | Felix Hörhager

Was macht es für Sie schwierig, das Leben spielerisch leicht zu nehmen?

Uhse: Es gibt sehr viele Ungerechtigkeiten in dieser Welt, die man nicht spielerisch betrachten kann. Die lassen sich dann auch nicht beeinflussen. Aber was mein eigenes Leben anbetrifft, so versuche ich viele Dinge deshalb leicht zu nehmen, weil ich mir bewusst bin, dass ich in diesem Land sehr privilegiert aufgewachsen bin. 

Janina Uhse: „Das war für meine Eltern sehr traurig“

Als Kind einer Schaustellerfamilie müsste Ihnen ja das Spielerische in die Wiege gelegt worden sein...

Uhse: Ja, eigentlich bin ich schon immer ein Profi in diesem Bereich gewesen. Wir sind immer dafür zuständig gewesen, anderen Menschen Spiel und Freude zu bringen, und das steckt in mir drin. Deshalb bin ich vermutlich auch Schauspielerin geworden. Da kann ich das total ausleben.

Auch wenn die Pandemie inzwischen drei Jahre zurückliegt, dürften Ihre Eltern ziemlich heftig von den Maßnahmen getroffen worden sein.

Uhse: In der Tat, das war noch härter als bei der Schauspielerei, weil sie gar nichts machen konnten. Jetzt läuft alles wieder weiter, aber abgeschwächt. Manche Volksfeste gibt es nicht mehr. Und das ist für meine Eltern und meinen Bruder, der sich etwas Eigenes aufgebaut hatte, sehr traurig. Zum Glück sind sie auch sehr kreativ und haben das Beste aus der Situation gemacht. 

Uhse übers Spielen: „Nehme eine Trotzhaltung ein“

Der Film dreht sich wiederum um Gesellschaftsspiele. Mögen Sie die?

Uhse: Ich mag Kartenspiele. Früher hatte ich eine richtige Mädelsrunde wie im Film, die sich einmal im Monat zum Doppelkopf getroffen hat. Heute spiele ich auch gerne Yanev, so ein israelisches Kartenspiel, das sehr strategisch ausgerichtet ist. Die anderen nehmen es oftmals spielerischer. Ich bemerke bei mir schon einen gewissen Ehrgeiz und möchte gerne gewinnen. 

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Wie gehen Sie mit Niederlagen um?

Uhse: Ab einem gewissen Zeitpunkt, wo ich merke, dass ich das Ding nicht mehr herumreißen kann, nehme ich eine Trotzhaltung ein – so nach dem Motto: „Ist alles egal, jetzt spiele ich extra schlecht“. Aber sobald ich das merke, versuche ich diese Haltung wieder abzuschütteln. Es ist ein Teufelskreis (lacht).

Janina Uhse bei der Eroeffnung / Opening vom 77. Cannes Filmfestival mit der Kinopremiere vom Film The Second Act am 14.
Janina Uhse bei der Eröffnung vom 77. Cannes Filmfestival. © IMAGO/APress International | IMAGO stock

Was ist, wenn Ihr Sohn mit solchen Spielen anfängt? Werden Sie ihn dann gewinnen lassen?

Uhse: Nicht immer, denn das Leben läuft eben so nicht. Ich habe zwar anfangs gesagt, wir sollten es vielleicht alle ein bisschen spielerischer betrachten. Aber ich will ihn ja auch bestmöglich auf die Welt vorbereiten. In der Realität gewinnt man nicht immer automatisch. Deshalb muss er auch mal lernen, dass er sich ein bisschen anstrengen muss, wenn er irgendetwas im Leben erreichen möchte.

Schauspielerin verrät: Deshalb sind Frauen manchmal raffinierter

Im Film machen die männlichen Figuren, die sich recht tölpelhaft verhalten, lehrreiche Erfahrungen. Sind wir Männer wirklich so plump?

Uhse: Ich will das überhaupt nicht über einen Kamm scheren. Aber dass wir Frauen manchmal raffinierter sind, dem kann ich durchaus zustimmen. Da wir nicht die gleiche körperliche Präsenz haben, haben wir gelernt, andere Wege zu finden und machen es in der ein oder anderen Situation ein bisschen geschickter.

Wann zum Beispiel?

Uhse: Wenn es darum geht, in Clubs hineinzukommen. Da versucht man es durch Überredungskunst, während Männer das eher durch Größe und Präsenz machen. 

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Das heißt, Sie ziehen weiterhin durch die Clubs von Berlin?

Uhse: Das ist nicht mehr so mein Ding. Da haben sich die Prioritäten ein bisschen verschoben.

Brauchen Sie dieses Überzeugungstalent auch noch in Ihrem Beruf oder hat sich die Situation auch so schon zugunsten von Frauen gebessert?

Uhse: Ich habe das selbst nie so stark wahrgenommen, vielleicht auch deshalb, weil ich ein bisschen spielerischer durchs Leben gehe und eher das Positive als das Negative sehe. Aber wir müssen nach wie vor über Gleichberechtigung sprechen, weil sie immer noch nicht gegeben ist.

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