Berlin. Christian Henze kochte schon für Persönlichkeiten wie Gunter Sachs. Von welchen Lebensmitteln er abrät, verrät der Starkoch im Interview.

  • Christian Henzes Karriere als Koch begann mit einer harten Schule
  • Heute ist er als TV- und Privatkoch bekannt und schreibt erfolgreiche Kochbücher
  • Im Interview verrät er, was ihm beim Kochen am wichtigsten ist

Christian Henze ist einer der bekanntesten Köche Deutschlands, was sich auch daran zeigt, dass der 56-Jährige ein Kochbuch nach dem anderen veröffentlicht – aktuell „Feierabend-Blitzrezepte – Gönn dir was!“ (ab 19. Juli im Handel). Die neuen Rezepte spiegeln auch seine Lebenseinstellung wider, die er im Interview erläutert. Dabei zeigt er sich stolz auf sein Leben, spricht aber auch offen über die anstrengendsten Erfahrungen seiner Karriere.

Es gibt von Ihnen über 40 Kochbücher – jetzt kommt „Gönn dir was“ dazu. Braucht man all diese Bücher, um gut kochen zu können?

Christian Henze: Überhaupt nicht. Die Kochszene entwickelt sich ja weiter. Bei den Büchern, die vor 20 Jahren auf den Markt gekommen sind, schlage ich die Hände über dem Kopf zusammen.

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Was war denn an den alten Kochbüchern so schlimm?

Henze: Allein die Zubereitungsmethoden waren viel komplizierter. Da habe ich ganze Absätze darauf verwendet, um zu beschreiben, wie man Tomatenwürfel macht. Damals wären die Leute enttäuscht gewesen, wenn ich so einfache Rezepte gebracht hätte, denn der Deutsche wollte ganz besonders sein. Jetzt sind wir als Gesellschaft viel selbstsicherer. Und so propagiere ich einen Kochstil, der da heißt: wenig Zutaten, die man überall bekommt, einfach, gelingt garantiert und schmeckt gut.

Christian Henze: „Haben fast nur noch erhobene Zeigefinger“

Der Titel des Buches deutet noch etwas anderes an. Da heißt es: „Gönn dir was!“

Henze: Das Problem ist, dass wir fast nur noch erhobene Zeigefinger haben: nicht zu fett, vegan essen, nicht zu viel Fleisch, Bio kaufen. Und ich möchte, dass sich die Leute auf das Essen freuen. Man stirbt nicht davon, wenn man mal mehr Mayonnaise nimmt oder ein bisschen mehr Soße auf das Sandwich gibt. Meine Oma hat immer gesagt: „abwechslungsreich und saisonal“. Genauso sehe ich das auch.

Kein Mensch muss diese ganzen Foodtrends beachten, solange er das befolgt und mit Maß und Ziel isst. Man kann Trends wie die Levante-Küche oder Crossover einfließen lassen, aber man sollte sich keine Schranken im Kopf bauen. Ein gutes Gericht braucht in der Regel nicht mehr als fünf Zutaten. Im Prinzip reicht eine Scheibe richtig gutes Bauernbrot, eine gute Butter drauf, eine Scheibe bester Bergkäse und vielleicht noch eine Tomate. Wenn Sie da hineinbeißen, dann ist das der Wahnsinn.

Street Style - Munich - June, 2023
Starkoch Christian Henze ist von einfachen Rezepten überzeugt, denen er auch sein neustes Kochbuch widmet. © Getty Images | Streetstyleshooters

Aber kann man wirklich alles bedenkenlos essen?

Henze: Es gibt genau zwei Lebensmittel, die nicht schönzureden sind. Das ist zum einen Alkohol und zum anderen Zucker. Zucker ist einfach sehr gesundheitsschädlich. Und damit meine ich jegliche Art von Zucker, auch den Fruchtzucker.

Der Untertitel des Buchs heißt „Rezepte, die einfach glücklich machen“. Was macht Sie denn sonst noch glücklich?

Henze: Ich bin grundsätzlich ein sehr zufriedener Mensch. Ich gehe gerne ein bisschen joggen, ich gehe gerne mal ins Fitnessstudio und spiele auch hin und wieder mal gerne Tennis. Mein größtes Glück ist natürlich meine Familie, meine Frau und meine zwei Kinder.

Sternekoch über Karrierebeginn: „Das war mehr Druck, als Sie sich vorstellen können“

Manchen Ihrer Kollegen gelingt allerdings die Balance zwischen Arbeit und Privatleben nicht so gut. Sie lernten beispielsweise bei Eckart Witzigmann, der Probleme mit Kokain hatte. Wie ist Ihnen ein gesunder Lebensstil gelungen?

Henze: Ich bin viel zu eitel. Das heißt: Ich habe immer auf mich geachtet. Für mich gilt das Motto: „Ein gesunder Körper in einem gesunden Geist.“ Aus dem Grund bin ich bei den Körperausmaßen über die Jahre hin nicht kräftiger geworden. Ich liebe das Essen, ich trinke gerne ein oder zwei Glas Wein, ich feiere auch mal gern. Aber am Ende muss es irgendwie Sinn machen

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Andererseits stehen Sie als Koch unter Erfolgsdruck. Wie kamen Sie damit speziell am Anfang Ihrer Kariere klar?

Henze: In meiner Zeit unter Eckart Witzigmann habe ich ganz oft geweint. Da war ich um die 23. Das war mehr Druck, als Sie sich das in ihren kühnsten Träumen vorstellen können. Andererseits war das so etwas wie Harvard und Oxford zusammen.

Aber Sie dachten nie daran, aufzugeben?

Henze: Nein. Ich dachte mir: „Jetzt bist du so weit gekommen, jetzt wirfst du nicht das Handtuch.“ Und danach kam ich dann als Privatkoch zu Gunter Sachs, der mich in meinem weiteren Leben sehr geprägt hat.

ARD-Buffet - leben & genießen
Christian Henze war unter anderem zwei Jahre als Privatkoch von Gunter Sachs tätig. © SWR/Christian Koch | SWR/Christian Koch

Inwiefern?

Henze: Einmal hat er zu mir gesagt: „Mensch Christian, wenn du mal ein Kochbuch schreibst, dann schau, dass du deine Marke findest, mit der du dich positionieren kannst.“ Mich hat auch seine Großzügigkeit beeindruckt. Geld war für ihn da, um es unter die Leute zu bringen – aber eben sinnvoll und für Qualität. Er hat auch immer darauf geachtet, aufrichtig und ehrlich zu sein.

Christian Henze: „Werde manchmal als Schwiegermuttertyp abgekanzelt“

Ist diese Aufrichtigkeit so etwas wie Ihre Marke?

Henze: Das finde ich schon, ja. Für den ein oder anderen bin ich vielleicht sogar zu perfekt, weil ich auf das Äußere achte und meistens gute Laune habe. Deshalb werde ich manchmal als „Everybody‘s Darling“ oder Schwiegermuttertyp abgekanzelt.

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Und Sie haben keine Schwächen?

Henze: Natürlich. Für die organisatorischen Aufgaben und die reibungslosen Abläufe in meinem Büroalltag habe ich entsprechend Mitarbeiter und bin froh, dass meine Frau die meisten administrativen Dinge übernimmt. Sie spricht auch viel besser Englisch als ich.

Ich meinte vor allem charakterliche Schwächen.

Henze: Wenn Sie mich so direkt fragen, würde ich direkt antworten: „Nein“. Denn ich versuche, ein guter Mensch zu sein. Ich bin beispielsweise derjenige, der Menschen mit Behinderung über die Straße hilft.

Christian Henze: „Ich bin schon fast harmoniesüchtig“

Kann es nicht passieren, dass man als guter Mensch geschäftlich übervorteilt wird?

Henze: Nein. Und für mich ging es immer auch um den Erfolg. Einmal war ein bekannter Sternekoch bei mir zu Gast, und er meinte: „Für uns ist doch der Stern am wichtigsten.“ Worauf ich antwortete: „Für mich ist in allererster Linie der finanzielle Erfolg des Unternehmens wichtig.“

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Ist Ihnen Ihre Grundhaltung eigentlich in die Wiege gelegt worden?

Henze: Ich denke schon. Das ist mein Charakter. Ich bin auch schon fast harmoniesüchtig. Ich mag Streit gar nicht, obwohl man manchmal auf Konfrontation gehen muss. Und ich habe immer Freude gehabt, mich zu präsentieren, und unternehme alles, um auf die Bühne zu kommen. Mein Bruder dagegen, der ein Jahr älter ist, würde alles tun, um genau das nicht machen zu müssen.