Wolfsburg/Dortmund. Zwei Heranwachsende erhalten Arreststrafen von zwei Wochen beziehungsweise vier Tagen. Im Prozess zeigten sie sich „geständig und reumütig“.
Nach dem Böllerwurf in der Thier-Galerie, der Ende des vergangenen Jahres eine Massenpanik in dem Dortmunder Einkaufszentrum ausgelöst hat, hat das Wolfsburger Amtsgericht zwei Heranwachsende verurteilt. Der inzwischen 17-jährige Haupttäter erhält wegen gefährlicher Körperverletzung und Störung des öffentlichen Friedens eine Dauerarrest-Strafe von zwei Wochen. Außerdem wurde er wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt. Deshalb wurde ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt. In den kommenden zwei Jahren steht er unter Bewährung. Sollte er sich in dieser Zeit etwas zu Schulden kommen lassen, droht ihm die nachträgliche Verhängung einer Jugendstrafe. Außerdem muss er die Kosten des Verfahrens tragen, teilte das Amtsgericht nach der Verhandlung am Freitag mit.
Sein inzwischen 18-jähriger Komplize muss wegen Beihilfe für vier Tage in den Kurzarrest und 80 „Sozialstunden“ leisten. Für den Prozess werden ihm keine Kosten auferlegt. Beide Heranwachsenden müssen zudem Beratungsgespräche bei einer Gewaltberatungs- und Präventionsstelle wahrnehmen.
„Keine Zweifel an der strafrechtlichen Reife“
Die Verhandlung fand wegen des Alters der Angeklagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. „Das Gericht hat sich bei seiner Urteilsfindung ausschließlich von dem erzieherischen Gedanken des Jugendstrafrechts und nicht von der Meinung der Öffentlichkeit leiten lassen“, heißt es in einer Pressemitteilung, „an der strafrechtlichen Reife der Angeklagten bestanden jedoch nach dem Eindruck in der Hauptverhandlung keinerlei Zweifel.“
Der 17-Jähre, ein bekannter YouTuber mit ca. 350.000 Followern, habe in dem Einkaufszentrum aus Gewinnstreben sogenannte „Prank“-Videos drehen wollen, bei denen derbe Streiche inszeniert werden. Dazu habe er auch weitere Jugendliche animiert, dort an einem belebten Samstagnachmittag in der Vorweihnachtszeit Polenböller zu zünden. In der Verhandlung sei beiden Jugendlichen beim Betrachten des im Prozess gezeigten Videos aber klar geworfen, „welche gravierenden Folgen ihr Verhalten ausgelöst hat“. Sie hätten sich „geständig, einsichtig und reumütig gezeigt und sich mehrfach im Gerichtssaal entschuldigt“. Mögliche Betroffene musste das Gericht daher nicht als Zeugen laden.
Nach dem Ausbruch der Panik das Filmen eingestellt
Entgegen des Antrages der Staatsanwaltschaft hielt das Gericht die Verhängung eines Dauerrestes von zwei Wochen - und nicht wie gefordert - von vier Wochen für ausreichend, damit dieser Arrest während der Schulferien verbüßt werden kann. Auch der 17-Jährige soll zusätzlich 120 „Sozialstunden“ leisten. Eine Geldauflage an eine gemeinnützige Einrichtung, wie von der Staatsanwaltschaft gefordert, bleibt ihm aber erspart. Die Verfahrenskosten müsse er tragen, weil er „über seinen YouTube-Kanal über ausreichendes Einkommen“ verfüge. Das Urteil gegen den 17-jährigen Haupttäter ist noch nicht rechtskräftig.
Sein Komplize hatte das Filmen nach dem Ausbrechen der Massenpanik eingestellt. Geld hat er für seine Beihilfe offenbar nicht bekommen. Das Urteil gegen ihn ist rechtskräftig.
Die beiden Angeklagten waren für den Dreh im vergangenen Jahr eigens aus Niedersachsen nach Dortmund angereist. Das Urteil gegen sie ist der Auftakt für weitere Verfahren: Zehn Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren, die die beiden zum Mitmachen angestiftet haben sollen, müssen sich bald in Dortmund vor Gericht verantworten. Staatsanwältin Sonja Frodermann bestätigte auf Anfrage, dass gegen diese Gruppe bereits Anklage beim Dortmunder Jugendschöffengericht erhoben wurde.