München. Eines der vier Kinder, die der totgeprügelte Dominik Brunner am Münchner Bahnhof Solln geschützt hatte, hat erstmals in den Medien von der Tat berichtet. Brunner habe den Kindern noch zugerufen "Haltet Euch raus!". Hinweise auf unterlassene Hilfeleistung soll es derweil nicht geben.

Eine Woche nach der tödlichen Münchner S-Bahn-Attacke hat eines der vier Kinder, vor die sich der Geschäftsmann Dominik Brunner schützend gestellt hatte, erstmals die grausame Tat geschildert. Die Täter seien «mit geballten Fäusten auf unseren Beschützer losgegangen», sagte die 13 Jahre alte Sarah der Münchner «Abendzeitung» (Samstagausgabe). «Er rief uns noch zu: 'Haltet Euch raus!'» Als er einen der Jugendlichen mit einem Schlag empfangen habe, sei dieser «total ausgetickt».

Mit voller Wucht gegen den Kopf getreten

Einer der beiden Täter habe mit einem Schlüsselbund in der Hand auf Brunner eingeschlagen - zwei Schlüssel nach vorn gerichtet. Als der 50-Jährige am Boden gelegen habe, habe der Haupttäter mehrfach mit voller Wucht gegen dessen Kopf getreten.

«Wir haben 'Helft uns!' geschrien, aber die Leute sind vorbeigegangen», schilderte Sarah weiter. «Nur am anderen Bahnsteig haben welche 'Aufhören!' rübergeschrien.» Nachdem die Täter endlich geflüchtet seien, sei Brunner noch einmal aufgestanden und habe etwas gemurmelt, was sie aber nicht verstanden habe. Dann sei er zusammengebrochen. «Er hat für uns sein Leben gegeben. Ich danke ihm so sehr, dass er uns alle vier beschützt hat», sagte die Realschülerin. «Ich werde ihn immer als Held in Gedanken behalten.»

Die schrecklichen Bilder vom S-Bahnhof Solln verfolgen die 13-Jährige bis in den Schlaf: «Ich wache dauernd auf, ich höre Stimmen. In meinem Zimmer schleicht ein Mann rum.»

Keine Hinweise auf unterlassene Hilfeleistung

Die Staatsanwaltschaft kann die Gerüchte, wonach Passanten sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht haben könnten, derweil nicht bestätigen. «Bisher gibt es nicht den geringsten Hinweis darauf, dass irgendjemand sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht haben könnte», sagte Staatsanwalt Laurent Lafleur dem «Focus». Die Darstellung, zahlreiche Passanten hätten tatenlos zugesehen, sei «schlichtweg falsch».

Laut «Focus» beobachteten mehrere Wartende am vergangenen Samstag vom anderen Bahnsteig aus das Geschehen. Einige hätten «Aufhören!» gerufen oder Notrufe abgesetzt. Ein Fahrgast habe versucht, über die Gleise zu springen, habe aber umkehren müssen, weil ein Zug in den Bahnhof einfuhr.

Täter hegte Rachephantasien gegen die Polizei

Einer der Tatbeteiligten habe vor zwei Monaten im Internet gedroht, eine Polizeiwache in die Luft zu jagen, heißt es in dem Beitrag weiter. Dabei habe er als Motiv genannt, dass sein älterer Bruder inhaftiert worden sei. Die Staatsanwaltschaft habe Ermittlungen wegen Störung des öffentlichen Friedens angestellt. In der Internet-Drohung habe der Jugendliche geschrieben, er wolle «ein Bullenrevier sprengen» - «natürlich voll besetzt».

Die beiden 17 und 18 Jahre alten Jugendlichen hatten am vergangenen Samstag einen Geschäftsmann durch Tritte und Schläge so schwer verletzt, dass er kurz darauf starb. Der Mann hatte sich schützend vor vier 13- bis 15-Jährige gestellt, weil die zwei Angreifer von diesen Geld erpressen wollten. Als die Jugendlichen begannen, die Jüngeren zu bedrohen, gab es noch einen dritten Mittäter, der bei dem Angriff auf den Geschäftsmann nicht mehr dabei war. (afp/ddp)