Mannheim. .

Sage und schreibe neun Gutachter begleiten mittlerweile den Prozess gegen Wettermoderator Jörg Kachelmann. Vier hat die Anklage bestellt, fünf die Verteidigung. Sie sollen die Aussagen des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers beurteilen.

Die Zeugenvernehmung des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers im Prozess gegen Wettermoderator Jörg Kachelmann wird voraussichtlich mehrere Tage dauern. Bis Montagabend war die 37-jährige Radiomoderatorin vor dem Landgericht Mannheim nur zu ihrem Lebenslauf und zu ihrer Beziehung zum Angeklagten befragt worden. Wie die Verteidiger zum Abschluss des Prozesstages mitteilten, war die mutmaßliche Vergewaltigung noch nicht zur Sprache gekommen. Die Befragung sollte am Mittwoch fortgesetzt werden.

Die Vernehmung der langjährigen Freundin Kachelmanns findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Sie wirft dem TV-Moderator vor, sie in der Nacht zum 9 Februar 2010 nach einem Beziehungsstreit mit einem Messer bedroht und in ihrer Wohnung vergewaltigt zu haben. Kachelmanns Verteidiger sprechen von einer Falschbeschuldigung, er selbst schweigt im Prozess. Da Aussage gegen Aussage steht, hat die Glaubhaftigkeit der Angaben der Ex-Freundin zentrale Bedeutung.

„Diese Zahl ist außergewöhnlich“

Inzwischen gibt es im Kachelmann-Prozess eine Phalanx von Gutachtern. Das Gericht hat vier Mediziner und Psychologen bestellt, Kachelmann inzwischen fünf. Der Sprecher der Mannheimer Staatsanwaltschaft, Andreas Grossmann, sagte am Montag: „Diese große Zahl ist sicher außergewöhnlich.“ Die Experten sollen die Glaubwürdigkeit der Ex-Freundin und ihre medizinisch festgestellten Verletzungen an Hals und Oberschenkeln beurteilen. Die Gutachter kommen teilweise zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die von Kachelmann bestellten Rechtsmediziner sollen eine Selbstverletzung der Ex-Freundin belegen.

Auch die Spuren auf dem in der Wohnung gesicherten Küchenmesser sind hoch umstritten. Sie seien Kachelmann nicht zuzuordnen, so Anwalt Reinhard Birkenstock. Laut Staatsanwaltschaft sollen dagegen die DNA-Spuren auf dem Messer Kachelmann zuzuordnen sein.

Inzwischen gibt es sogar Streit um die Interpretation eines wichtigen Gutachtens. Die Stellungnahme der Bremer Professorin Luise Greuel war bereits vor dem Prozess in den Medien breit zitiert worden. Danach wertet die bekannte Aussagepsychologin die Angaben der Ex-Freundin als schwer lückenhaft. Dieses Gutachten nannte die Verteidigung als klaren Beleg für die Falschbezichtigung Kachelmanns durch die Frau. Die Staatsanwaltschaft zieht dagegen ganz andere Schlüsse aus dem Gutachten. Am Montag benannten die Kachelmann-Verteidiger nun einen weiteren Gutachter, der die Fehlinterpretation des Greuel-Gutachtens durch die Staatsanwaltschaft beweisen soll. Die Gutachterin selbst ist in dem Mannheimer Prozess anwesend.

Befangenheitsantrag gegen Richter noch offen

Noch nicht entschieden wurde über den Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen drei Berufsrichter. In der Sache hat die Strafkammer am Montag überraschend nachgegeben. Das Gericht belehrte die Ex-Freundin, dass sie im Fall einer strafbaren Falschbeschuldigung Kachelmanns ein Schweigerecht habe, um sich nicht selbst zu belasten. Diese Belehrung hatte die Verteidigung bereits in der vergangenen Woche gefordert, was vom Gericht aber abgelehnt wurde und den Befangenheitsantrag auslöste. Da die Verteidigung den Antrag trotz Einlenkens der Richter nicht zurücknahm, müssen nun andere Richter bis spätestens Mittwoch entscheiden. (dapd)