Mannheim. .

Mit einer Schlappe für Jörg Kachelmann ist am Mittwoch der Verhandlungstag im Vergewaltigungsprozess gegen den TV-Moderator zu Ende gegangen. Das Gericht lehnte einen Gutachter von Kachelmanns Seite als befangen ab.

Im Vergewaltigungsprozess gegen den Wettermoderator Jörg Kachelmann hat die Verteidigung am Mittwoch eine schwere Niederlage hinnehmen müssen. Der von ihnen benannte Sachverständige Bernd Brinkmann wurde überraschend vom Landgericht Mannheim als befangen abgelehnt. Er kann deshalb nicht mehr als Gutachter am Prozess teilnehmen.

Der Rechtsmediziner aus Münster war in seinem Gutachten davon ausgegangen, dass sich das mögliche Vergewaltigungsopfer selbst die Verletzungen beigebracht hatte. Sie habe bereits ein Jahr vorher Experimente durchgeführt. Dazu habe sie sich offenbar selbst blaue Flecke an den Oberschenkeln zugefügt und beobachtet, wie sich die Verletzungen entwickelten.

Staatsanwaltschaft lehnt Gutachter ab

Tatsächlich waren auf dem Computer des möglichen Opfers zwei Fotos sichergestellt worden, die die Frau mit blauen Flecken an einem Oberschenkel zeigten. Es ist möglich, dass die Aufnahmen Teil der sado-masochistischen Praktiken zwischen Kachelmann und seiner langjährigen Freundin waren. Diese Möglichkeit hatte Brinkmann bei seinen Schlussfolgerungen überhaupt nicht in Betracht gezogen. Deshalb sah es das Gericht als berechtigt an, dass die Staatsanwaltschaft seiner Unbefangenheit misstraute. Die 5. Große Strafkammer akzeptierte deshalb den Befangenheitsantrag der Staatsanwaltschaft als begründet. Die Verteidigung beantragte sofort nach Verkündung des Beschlusses eine Unterbrechung des Prozesses.

Im Vergewaltigungsprozess gegen Kachelmann sind unterdessen am Mittwoch mehrere ehemalige Freundinnen des Angeklagten als Zeuginnen gehört worden. Insgesamt waren jetzt vier von zehn Frauen im Zeugenstand des Landgerichts Mannheim.

Da der angeklagte 52 Jahre alte Moderator schweigt, will sich das Gericht durch die Befragung der Frauen ein Bild von Kachelmanns Beziehungsleben verschaffen. Seine langjährige Freundin beschuldigt ihn, sie mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben, nachdem sie sich wegen seiner Untreue von ihm trennen wollte. Kachelmann beteuert seine Unschuld.

Das Landgericht Mannheim vernahm am Mittwoch eine 37-jährige Lehrerin und eine Mitarbeiterin (33) aus Kachelmanns Firma, beide waren früher mit dem Schweizer liiert. Die Öffentlichkeit war jedoch wiederum ausgeschlossen, da Dinge aus dem Intimbereich zur Sprache kämen, sagte der Vorsitzende Michael Seidling.

Kachelmanns Verteidiger lobt das Gericht

Zu Prozessbeginn hatte die Verteidigung die Vernehmungen der Frauen in scharfer Form abgelehnt, da sie nichts über die angebliche Vergewaltigung in der Nacht vom 9. Februar 2010 wissen könnten. Außerdem hätten die Frauen schon vor dem Prozess in den Medien geplaudert. Das Gericht folgte dem Antrag auf Ausladung der Frauen jedoch nicht.

Am vergangenen Montag war eine 23-jährige Auszubildende vernommen worden, die im Alter von 18 Jahren kurzzeitig eine intime Beziehung zu Kachelmann hatte. In den Medien hatte die Frau im Vorfeld des Prozesses gesagt, Kachelmann habe ihr beim Sex wehgetan und dennoch nicht aufgehört. Da auch bei ihrer Zeugenbefragung die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, ist nicht bekannt, ob sie bei dieser Aussage blieb.

Kachelmanns Verteidiger Reinhold Birkenstock äußert sich inzwischen positiv zu der Beweisaufnahme. Am Mittwoch sagte er: „Das Gericht hat einen guten Ton gefunden.“ Es verfolge bei der Befragung der Zeuginnen die Absicht, auch Entlastendes zu ermitteln. Am ersten Prozesstag hatte der Anwalt noch einen Befangenheitsantrag gegen zwei der Richter gestellt und auch die Vernehmung der „Beziehungszeuginnen“ abgelehnt. Die Anträge waren jedoch abgelehnt worden.

Öffentlichkeit bleibt wahrscheinlich ausgeschlossen

Beim Ausschluss der Öffentlichkeit wird es voraussichtlich auch in der nächsten Woche bleiben. Denn auch am kommenden Montag soll der Prozess mit der Befragung von Zeuginnen weitergehen. Nach Medienberichten im Vorfeld des Prozesses berichten die Ex-Freundinnen von unterschiedlichen Erfahrungen. Die meisten beschreiben den angeklagten Moderator als verständnisvoll, zwei sollen dagegen von nicht einvernehmlichem Sex beziehungsweise von Stockhieben berichtet haben.

Das mögliche Vergewaltigungsopfer tritt erst am 13. Oktober in den Zeugenstand. Den späten Vernehmungstermin erklärte die Strafkammer mit Terminschwierigkeiten des Gutachters, der bei der Aussage der Hauptbelastungszeugin anwesend sein soll. Auf die Glaubwürdigkeit der 37-jährigen Radiomoderatorin wird es nach Einschätzung von Beobachtern entscheidend ankommen. (dapd)

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