Stuttgart. .
Die EU-Kommission hat sich in den Streit um „Stuttgart 21“ eingeschaltet und das Bahnhofsprojekt für unverzichtbar erklärt. Heute beginnen die Vermittlungsgespräche zwischen Gegnern und Befürwortern des geplanten Umbaus des Bahnhofes.
Die EU-Kommission hat sich in den Streit um „Stuttgart 21“ eingeschaltet und das Verkehrsprojekt für unverzichtbar erklärt. „Die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Paris und Bratislava ist eine extrem wichtige transeuropäische West-Ost-Achse. Die Kommission legt allergrößten Wert darauf, dass sie gebaut wird“, sagte EU-Verkehrskommissar Siim Kallas der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. „Stuttgart 21 bildet ein Kernstück dieser Magistrale.“
Auch der baden-württembergische Europaminister Wolfgang Reinhart (CDU) drängt auf den Umbau des Kopfbahnhofs zu einer unterirdischen Durchgangsstation. „Die EU-Kommission hat bis 2013 alleine 215,92 Millionen Euro für den Abschnitt Stuttgart-Ulm zur Verfügung gestellt, fast die Hälfte der EU-Förderung von 438,35 Millionen Euro für die Gesamtstrecke Paris-Bratislava“, sagte Reinhart der Zeitung. „Die Finanzhilfen beziehen sich ausdrücklich auf beide Teile des Gesamtvorhabens. Denn Stuttgart 21 ist das innereuropäische Kernstück der Strecke Paris-Bratislava.“
„Stuttgart 21“-Vermittlungsgespräche beginnen
In Stuttgart beginnen heute die Vermittlungsgespräche über das umstrittene Bahnbauvorhaben „Stuttgart 21“. In letzter Minute hatten sich Gegner und Befürworter des geplanten Umbaus des Kopfbahnhofes zu einer unterirdischen Durchgangsstation auf ein Treffen verständigt. Wie der Vermittler, Ex-CDU-Generalsekretär Geißler, gestern Abend in Stuttgart mitteilte, sind sich beide Parteien in beinahe allen Punkten mit Ausnahme des sogenannten Grundwassermanagements zur Absenkung des Grundwasserspiegels einig geworden.
Der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen „Stuttgart 21“, Rockenbauch, machte deutlich, dass von dieser Frage abhängen werde, ob die Gespräche tatsächlich in die entscheidende Phase eintreten könnten.
Westerwelle wirft Grünen Heuchelei vor
Im Streit um das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ wirft FDP-Chef Guido Westerwelle den Grünen Heuchelei vor. „Die grüne Dagegen-Partei nutzt das Thema Stuttgart 21 für ihren Wahlkampf auf Kosten der Zukunft Baden-Württembergs“, sagte Westerwelle dem „Hamburger Abendblatt“. „Wenn eine grüne Senatorin in Hamburg Bäume fällen lässt, soll es ökologisch korrekt sein.“ Wenn eine andere politische Mehrheit in Stuttgart Bäume fälle, dann sei das gleich ein Verbrechen. „Das ist eine bemerkenswerte Heuchelei.“
Westerwelle warnte vor einem Klima, „das unser Land zu einer Dagegen-Republik werden lässt“. Wenn man in Deutschland keine Straßen mehr bauen könne, keine Flughäfen, keine Stromleitungen und demnächst auch keine Bahnhöfe mehr, „dann verspielen wir die Grundlagen unseres Wohlstands“, kritisierte der FDP-Chef. Die Politik müsse jetzt Haltung und Statur beweisen, mahnte Westerwelle und verglich die politische Lage in Stuttgart mit der Situation der Bundesregierung vor dem NATO-Doppelbeschluss. „Hätten Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher beim NATO-Doppelbeschluss nicht Statur gezeigt, auch gegenüber Millionen Demonstranten, wir hätten weder Gorbatschows Perestroika noch eine friedliche Revolution 1989 bekommen.“
Der FDP-Chef betonte, der Neubau des Stuttgarter Bahnhofs sei „für den Rechtsstaat verbindlich“. Das Demonstrationsrecht sei ein heiliges Gut in der Demokratie, aber die Zuverlässigkeit des Rechtsstaates sei es nicht weniger. (dapd/afp)