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Der Kaiserschnitt gehört enttabuisiert – und Frauen, die sich dazu entscheiden, gehören nicht länger beschimpft und beleidigt. Was zählt, ist das Kind - da sollte der Geburtsweg egal sein.

Eigentlich ist es absolut frauenfeindlich, öffentlich darüber zu diskutieren, was nun besser ist: eine natürliche Geburt oder ein Kaiserschnitt. Denn es geht keinen etwas an, wie eine Frau ihr Kind zur Welt bringt. Man sollte jeder werdenden Mutter zutrauen, die richtige Entscheidung für ihr Kind und sich zu treffen.

Doch in meinem Inneren sehe ich sie schon: die Hebammen, die beim Thema „Geplanter Kaiserschnitt“ rot anlaufen und immer wieder die natürliche Geburt auf einen Thron heben. Doch da gehört sie nicht hin. Der Kaiserschnitt gehört in den Geburtskliniken von heute längst zu den Routine-Eingriffen. Geplante Kaiserschnitte machen etwa die Hälfte der Kaiserschnitt-Geburten aus – und auch nur darum soll es hier gehen. Medizinische Notfälle, die einen ungeplanten Kaiserschnitt erfordern, bleiben außen vor.

Finn Lübke heißt dieser kleine Frühaufsteher.
Finn Lübke heißt dieser kleine Frühaufsteher. © WR

Eine Frau, die den Kaiserschnitt als schmerzfreieren Weg wählt, ist kein Weichei. Im Gegenteil, sie geht einfach pragmatisch an die Geburt heran und nimmt sich dabei nur Millionen Männer zum Vorbild, die auch gerne den Weg des geringsten Widerstands gehen. Gänzlich ohne Schmerzen funktioniert ein Kaiserschnitt zwar nicht, aber immerhin ist er eine gute Alternative zu einer Geburt, die sich zehn oder mehr Stunden hinziehen kann.

Schmerzgrenzen sind unterschiedlich

In der Bibel steht: „Unter Schmerzen sollst Du Deine Kinder gebären.“ Wie groß die Schmerzen dabei sein müssen, bleibt allerdings auch für gläubige Mamas unerwähnt. Hebammen springen in der Regel gerne ein und erklären, dass nur eine natürliche Geburt das vermeintliche Ideal ist. Frauen und die ungeborenen Kinder seien schließlich auf den Geburtsprozess eingestellt - und das seit Millionen Jahren. Gut, aber Menschen ticken unterschiedlich und können auch unterschiedlich viel ertragen. Ein Beispiel: Menschen sind ebenfalls seit Jahrhunderten darauf gepolt, das Blut von anderen sehen und riechen zu können. Und doch soll es werdende Väter geben, die beim Anblick ihrer blutenden Frau in Ohnmacht fallen. Auch so mancher Frau soll bei der Blutabnahme schon richtig übel geworden sein. Jeder und jede hat eben eine andere Schmerzgrenze.

Risiken gibt es bei beiden Geburten. Bei der natürlichen Geburt kann es eine mangelnde Sauerstoffversorgung sein, beim Kaiserschnitt das erhöhte Risiko einer Atemfunktionsstörung, weil das Baby eben nicht durch den Geburtskanal gepresst wird. Ob etwas passiert, wissen werdende Eltern im Vorfeld nie.

Was sie aber wissen: Sie wollen nicht nur einen Kaiserschnitt einer natürlichen Geburt vorziehen, sondern das auch noch an einem bestimmten Tag. Das kann man fragwürdig finden, aber wirklich schlimm ist es nicht. In der Regel erfolgt ein geplanter Kaiserschnitt etwa zwei Wochen vor dem eigentlichen Geburtstermin. Ob das Kind dann am Dienstag, Mittwoch oder Freitag geboren wird, ist egal.

Der Kaiserschnitt gehört enttabuisiert – und Frauen, die sich dazu entscheiden, gehören nicht länger beschimpft und beleidigt. Sie „leisten“ genauso viel wie eine Mutter, die sich für eine natürliche Geburt entscheidet. Denn sie haben sich für ein Kind entschieden, in der heutigen Zeit kein Normalfall. Sie tragen das Kind aus und werden es großziehen. Das Kind ist es, das zählt - da sollte der Geburtsweg egal sein.