Tschernobyl/Moskau. .

Die Waldbrände in Russland haben die durch die Tschernobyl-Katastrophe radioaktiv verseuchte Gegend erreicht. Unterdessen sorgt ein Wetterumschwung für die Moskauer vorübergehend für Besserung. Bislang starben 54 Menschen in Folge der Katastrophe.

Die Wald- und Torfbrände in Russland haben entgegen vorheriger Regierungsangaben auch die von der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl verseuchten Gebiete erreicht. In ganz Russland habe es seit Juli auf rund 3900 Hektar als radioaktiv verseucht eingestuftem Land gebrannt, teilte die russische Waldschutzbehörde mit.

Wie die Waldschutzbehörde auf seiner Internetseite mitteilte, standen allein in der westrussischen Region Brjansk am vergangenen Freitag große Flächen in Brand. Die Region wird auf einer Liste mit den am stärksten durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vor 14 Jahren verseuchten Gebiete geführt. Dort erstreckten sich am 6. August 28 Brände auf 269 Hektar Land. Besonders im Westen brannten den Angaben zufolge Feuer in verseuchten Gebieten. Hier ging nach der Reaktorkatastrophe im April 1986 nuklearer Staub nieder.

Radioaktive Partikel in der Luft

Das Katastrophenschutzministerium hatte noch einen Tag zuvor gewarnt, dass die seit Juli wütenden Waldbrände die Region erreichen könnten - es sei zu befürchten, dass mit dem Rauch radioaktive Partikel aufstiegen. Anfang der Woche aber hatten Vertreter des Ministeriums dementiert, dass in der Region von Brjansk Feuer ausgebrochen waren. Die Region, die an die Ukraine und Weißrussland grenzt, wurde im April 1986 durch die radioaktive Wolke aus dem Atommeiler Tschernobyl erheblich verseucht.

„Es gibt Karten zu den verseuchten Gebieten, es gibt Karten zu den von den Bränden erfassten Gebieten. Jeder kann diese Informationen zusammenlegen; warum also sollte man sie abstreiten“, sagte ein Vertreter der Waldschutzbehörde. Die Behörde rief die staatlichen Stellen in den betroffenen Gebieten auf, Notfallmaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu ergreifen. Es gebe jedoch „keinen Grund zur Panik“, sagte der stellvertretende Leiter, Alexej Bobrinski. Zwar würden mit dem Rauch verseuchte Partikel in die Luft getragen, dies sei jedoch keine „Katastrophe“.

Strahlenbelastung auf üblichem Niveau

Fakt ist, dass radioaktiv verseuchte Wälder gebrannt haben. Die meisten Feuer in von der Atomkatastrophe in Tschernobyl verschmutzen Regionen seien jedoch wieder gelöscht worden, teilte die Forstschutzbehörde mit. Offiziellen Angaben zufolge lag die Strahlenbelastung in Moskau auf dem üblichen Niveau. Es sei unklar, ob von dem Rauch aus kontaminierten Wäldern Gefahr ausgehe.

Auf die Frage, ob die Brände radioaktive Teilchen in die Hauptstadt bringen könnten, sagte die Chefin der Moskauer Behörde für Strahlen-Beobachtung, Jelena Popowa, das Risiko sei „bislang theoretisch“. Die Regierung hatte zuvor eingeräumt, dass radioaktive Teile im Falle eines Brandes in die Luft geschleudert werden könnten.

Wetterumschwung in Moskau

Ein paar Regentropfen, eine leichte Brise und niedrigere Temperaturen haben die von Hitze und Smog geplagten Moskauer am Mittwoch ein wenig aufatmen lassen. Nach einem leichten Schauer am Morgen wehte ein schwacher Wind durch die Straßen der russischen Hauptstadt. Die Temperatur lag bei angenehmen 20 Grad.

Auch im Tagesverlauf und bis zum Ende der Woche werde die Temperatur drei bis fünf Grad niedriger ausfallen als in den vergangenen Tagen, sagte der Leiter des Wetterdienstes, Roman Wilfand, der Nachrichtenagentur Interfax. „Aber wenn man bedenkt, dass die Temperatur in der Region Moskau (bislang) bei 36, 37 Grad liegt, wird die Hitze weitergehen.“ Selbst bei einem Temperaturrückgang um einige Grade ähnele die Wetterlage „eher der Sahara“, fügte der Meteorologe hinzu.

Smog droht weiterhin

Wilfand warnte, dass die rund zehn Millionen Moskauer auch in nächster Zeit wieder unter Smog zu leiden hätten. Die Brände im Umland seien noch nicht gelöscht und ein Hochdruckgebiet werde „eine Rückkehr des Rauchs nach Moskau“ bewirken. Die für die kommenden Tage vorausgesagten leichten Regenschauer könnten dies nicht verhindern.

Nach Angaben des russischen Katastrophenschutzministeriums haben sich die Brandgebiete in Zentralrussland in den vergangenen 24 Stunden nahezu halbiert. Auf einer Fläche von 92.700 Hektar wüteten noch Brände, am Dienstag hätten sie sich noch auf 174.000 Hektar erstreckt, erklärte das Ministerium laut Nachrichtenagentur ITAR-TASS. Die Zahl der Brände stieg den Angaben zufolge jedoch von 557 am Dienstag auf 612 am Mittwoch. Bei den seit zwei Wochen wütenden Wald- und Torfbränden kamen nach offiziellen Angaben 54 Menschen ums Leben. (afp/rtr)