Ankara. .

Bei dem schweren Erdbeben im Osten der Türkei sind nach neuen Angaben mehr als 50 Menschen getötet worden. Betroffen war vor allem die Provinz Elazig. Das Beben steht nach Angaben niederländischer Seismologen in keinem Zusammenhang mit den jüngsten Erdbebenkatastrophen in Haiti und Chile.

Bei einem starken Erdbeben sind am Montagmorgen im Osten der Türkei mindestens 50 Menschen ums Leben gekommen. Die Nachrichtenagenturen melden unterschiedliche Opferzahlen, AFP spricht von 51 Leichen, die bisher geborgen wurden, APN meldet 57 Tote. Etwa 100 Menschen wurden nach Regierungsangaben verletzt.

Das Beben der Stärke 6,0 ereignete sich nach Angaben der Bebenwarte Kandilli in Istanbul um 03.32 Uhr. Es folgten später noch rund 20 Nachbeben, die auch die Stärke von 4,1 erreichten. Am schwersten betroffen war das Dorf Okcular, wo die zum Teil aus Lehm errichteten Häuser regelrecht zu Staub zerfielen. Allein dort gab es mindestens 17 Todesopfer. „Das Dorf ist vollkommen zerstört“, sagte Gemeindevorsteher Hasan Demirdag dem Fernsehsender NTV. Ähnliche Berichte gab es auch aus dem Dorf Yukari Kanatli: „Hier ist nicht ein Stein auf dem anderen geblieben“, sagte Gemeindevorsteher Yadin Apaydin. Die Hilfsorganisation Roter Halbmond schaffte Zelte in die Region, um Notlager für die Überlebenden zu errichten.

Erdbebenfolgen 2003 von schlechter Bauweise verschlimmert

Das frühmorgendliche Beben war auch in den benachbarten Provinzen Tunceli, Bingöl and Diyarbakir so heftig zu spüren, dass die Menschen in Panik auf die Straße rannten und den Rest der Nacht im Freien verbrachten. Innerhalb weniger Stunden erschütterten mehr als 30 Nachbeben die Region.

Der Osten der Türkei wurde zuletzt 2003 von einem schweren Erdbeben erschüttert. Damals zerstörte ein Erdstoß der Stärke 6,4 ein Schulwohnheim in der Provinz Bingöl, 83 Kinder wurden bei dem Unglück getötet. Die hohe Opferzahl wurde auch auf die nicht erdbebensichere Bauweise des Heims zurückgeführt. 1999 hatten zwei schwere Erdbeben im Nordwesten der Türkei rund 18.000 Menschen das Leben gekostet.

Fachleute wie der selbst aus der Unglücksprovinz Elazig stammende Istanbuler Wissenschaftler Naci Görür fragen sich, warum die Behörden und die Einwohner selbst nicht mehr getan haben, um die Folgen möglicher Erdbeben in der Region zu minimieren. Dass die Gegend um Elazig ganz besonders bebengefährdet ist, sei erst bei kürzlichen Informationsveranstaltungen in der Region thematisiert worden, sagt Görür im Fernsehen. „Aber unsere Bevölkerung und unsere Behörden nehmen die Warnungen nicht ernst.“

„Wir müssen lernen, mit Erdbeben zu leben.“

Das betrifft vor allem die in der ganzen Türkei anzutreffende Nachlässigkeit bei der Errichtung erdbebenfester Häuser. Bei einem Beben der Stärke 6,0 muss in einem so an Erdbeben gewöhnten Land wie der Türkei eigentlich kein Wohnhaus einstürzen. Das zeigt das Beispiel Japans, ein Land, in dem vergleichbare Beben kaum Schäden verursachen.

Ahmet Mete Isikara, der bekannteste Erdbebenexperte der Türkei, fordert von seinen Landsleuten ein grundlegendes Umdenken. Schließlich ist fast das gesamte Staatsgebiet erdbebengefährdet: „Wir müssen lernen, mit Erdbeben zu leben“, sagt Isikara der Internetausgabe der Zeitung „Sabah“. Zu diesem Lernprozess gehöre eine ebenso einfache wie wichtige Lektion, fügt der Forscher hinzu: „Nicht das Beben tötet - einstürzende Häuser töten.“

Das Beben in der Türkei steht nach Angaben niederländischer Seismologen in keinem Zusammenhang mit den jüngsten Erdbebenkatastrophen in Haiti und Chile. „Diese Ereignisse sind zu weit voneinander entfernt, um sich direkt gegenseitig zu beeinflussen“, sagte Bernard Doft vom Meteorologischen Institut der Niederlande. (apn/afp)