Paris. Der ins Elsass verschleppte Dieter K. muss sich nun vor der französischen Justiz verantworten. Er soll vor 27 Jahren seine Stieftochter vergewaltigt und getötet haben. Der leibliche Vater des Mädchens sieht seinen langen Kampf für Gerechtigkeit beendet.

Die französische Justiz hat den ins Elsass entführten deutschen Arzt Dieter K. in Untersuchungshaft genommen. Ein Richter in Paris ordnete Haftbefehl gegen den 74-jährigen Kardiologen an.

Dieter K. war 1995 von einem Pariser Schwurgericht in Abwesenheit zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Ihm wird die fahrlässige Tötung seiner damals 14-jährigen Stieftochter Kalinka zur Last gelegt. K. soll das französische Mädchen 1982 in seinem Haus am Bodensee missbraucht und ihr ein Betäubungsmittel gespritzt haben, das zum Tode führte. Die deutsche Justiz sah allerdings keine hinreichenden Beweise für eine Strafverfolgung, weshalb K. nicht nach Frankreich ausgeliefert wurde.

Der leibliche Vater Kalinkas, André Bamberski, hat mit Erleichterung auf die Nachricht von der Inhaftierung K.s reagiert. "Ich habe mein Ziel erreicht", sagte er der französischen Tageszeitung "Le Parisien/Aujourd'hui en France" vom Donnerstag. "Der Mörder meiner Tochter wird verurteilt werden." Er habe dreißig Jahre lang sein berufliches und privates Leben geopfert, um Gerechtigkeit zu erlangen, sagte Bamberski. Dem Rentner droht allerdings selbst eine Strafe, da er zugegeben hat, die Entführung von K. nach Frankreich angeordnet zu haben.

Bamberski wirft dem deutschen Mediziner vor, seine Tochter betäubt und vergewaltigt zu haben. Die gerichtsmedizinische Untersuchung der Leiche habe der Arzt von einem befreundeten Kollegen machen lassen, um die Vergewaltigung zu vertuschen. Bei einer Exhumierung des Mädchens im Jahr 1985 habe sich herausgestellt, dass bei der Autopsie sämtliche Geschlechtsteile entfernt worden seien - und damit die Beweise für den Missbrauch seiner Tochter.

K. hatte seine Zulassung als Arzt in Deutschland 1997 wegen sexuellen Missbrauchs verloren. Das Landgericht Kempten befand ihn für schuldig, eine 16-jährige Patientin unter Narkose vergewaltigt zu haben. Er bekam dafür zwei Jahre Haft auf Bewährung, übte seinen Beruf aber illegal weiter aus. Was die Verurteilung in Frankreich angeht, argumentiert K.s Anwalt, sie sei ungültig. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte das französische Verfahren demnach 2001 für unzulässig erklärt. Dem französischen Gesetz zufolge müsste der Mediziner jetzt neu verurteilt werden. (afp/ap)