Cleveland. Im amerikanischen Cleveland haben Polizeibeamte die Überreste von elf Menschen im Hinterhof eines Hauses entdeckt. Ein bereits verurteilter Sexualstraftäter soll die Morde begangen haben. Die Einwohner glauben den Grund zu kennen, warum die Polizei Hinweisen nicht früher nachgegangen ist.

Nach der Entdeckung von immer mehr Leichen im Haus eines verurteilten Sexualstraftäters in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio sind Vorwürfe gegen die Polizei laut geworden. Die Behörden hätten Vermisstenmeldungen ignoriert, kritisierten Einwohner. „Sie haben uns gesagt, wir sollten nach Hause gehen, und sobald sie keine Drogen mehr habe, würde sie wieder auftauchen“, sagte Markiesha Carmichael-Jacobs, deren Mutter im November vergangenen Jahres verschwand.

Die 53-jährige Drogenabhängige wurde am Mittwoch als eines der Opfer identifiziert. Ihre sterblichen Überreste seien im Hinterhof des Hauses ausgegraben worden, offenbar sei sie erwürgt worden, erklärte die Polizei. Nach Angaben der Gerichtsmedizin des Landkreises Cuyahoga wurden bislang elf menschliche Überreste entdeckt. Ein in einem Eimer gefundener Schädel könne nicht den Überresten von zehn bis dahin entdeckten Menschen zugeordnet werden, hieß es.

"Wie konnte jemand damit davonkommen?"

Einige Einwohner mutmaßen, die Polizei sei den Vermisstenmeldungen nicht nachgegangen, weil die Frauen ohnehin aus der Stadt stammten - oder weil sie schwarz waren. Judy Martin sagte, die Angehörigen seien nicht ernst genommen worden, weil es um Menschen am unteren Rand der Gesellschaft gegangen sei. Er fürchte, dass das Viertel „vergessen wurde“, sagte der Geistliche Rodney Maiden.

In dem Stadtteil gibt es etliche Drogenabhängige und leerstehende Häuser. Er sei aber keinesfalls verwahrlost, sondern ein ganz normales Wohnviertel, sagte Zach Reed. Seine Mutter lebt ein paar Straßen von dem 50-jährigen Verdächtigen Anthony Sowell entfernt, der vor den Leichenfunden bereits einmal wegen versuchter Vergewaltigung verurteilt wurde. „Wie konnte jemand damit in einem Wohnviertel davonkommen?“

Grillpartys für die Nachbarn

Auch der Geruch in der Nähe von Sowells Haus hätte eigentlich Fragen aufwerfen müssen. Die Angestellten eines nahegelegenen Ladens mussten deswegen an manchen Tagen immer wieder Luft schnappen gehen. Es habe wie Abwasser oder verrottetes Fleisch gerochen, heißt es in der Stadt. Alles wurde gründlich gereinigt, die Stadt ließ mehrfach ermitteln, aber der stechende Gestank blieb.

Da der Verdächtige bereits als Sexualstraftäter aktenkundig war, musste er sich regelmäßig bei der Polizei melden. Die Beamten waren nicht berechtigt, sein Haus zu betreten, sahen aber in Abständen nach, ob er noch dort wohnte. Der 50-Jährige sei immer freundlich gewesen und habe einmal eine Grillparty für die Nachbarn veranstaltet, sagte Bess Fawcett, der ein Restaurant gegenüber von dessen Haus betreibt. Sowell muss bei einer Verurteilung mit der Todesstrafe rechnen. (ap)