Brüssel. Vor den Verhandlungen über den geplanten Impf-Ausweis droht Streit in der EU. Manche Länder wollen für nötige Tests nicht aufkommen.
Mit diesem Dokument verbindet sich eine große Sehnsucht vieler coronageplagter Europäer: Der europaweit einheitliche Corona-Impfausweis soll spätestens ab Ende Juni problemloses Reisen auf dem Kontinent ermöglichen, und das sehr wahrscheinlich nicht nur für Geimpfte.
Doch jetzt gibt es massive Probleme, die womöglich den Start verzögern: Wenn sich Vertreter des EU-Parlaments und der 27 Mitgliedstaaten ab dem Wochenende zu Verhandlungen über Details des entsprechenden Gesetzes treffen, steht heftiger Streit bevor.
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Zertifikat soll auch Getesteten und Genesenen ausgestellt werden
Das EU-Parlament beschloss am Donnerstag seine Verhandlungsposition, die in zentralen Fragen stark von den Vorstellungen der Mitgliedstaaten abweicht. Klar scheint nur: Zertifikate soll es nicht nur für vollständig Geimpfte geben, sondern ebenso für alle, die einen negativen Corona-Test vorweisen können oder nachweislich von einer Corona-Infektion genesen sind. Entscheidender Streitpunkt: Soll sich mit dem Ausweis dann automatisch Reisefreiheit in allen Ländern der Union verbinden?
Das EU-Parlament will die freie Einreise in alle EU-Staaten ohne Quarantäne-, Selbstisolierungs- oder Testvorschriften schon in dem geplanten Gesetz festschreiben. Doch das geht den Mitgliedstaaten viel zu weit.
Bei einem Sondergipfel am 25. Mai werden die EU-Regierungschefs zwar über möglichst einheitliche Reiseregeln beraten. Aber sie wollen nicht, dass per EU-Gesetz verbindlich über die nationalen Einreisevorschriften entschieden wird. Teils aus Grundsatzbedenken, teils aus Sorge vor neuen Virus-Mutanten, gegen die die vorhandenen Impfstoffe nicht schützen.
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EU-Plan: Impfung mit Sputnik V reicht für Reisefreiheit nicht aus
EU-Justizkommissar Didier Reynders warnt schon vor dem Risiko, mit diesem Streit die gesamten Verhandlungen festzufahren. Man könne diese Fragen jetzt eben nicht lösen, meint er. Aber es ist nicht der einzige Streitpunkt: Das Parlament will in der Verordnung auch verankern, dass die Staaten kostenlose Tests für die EU-Bürger ermöglichen; schließlich sollen Tests der Impfung gleichgestellt werden. Doch das ist mit den Mitgliedstaaten wohl nicht zu machen.
Ein weiterer Konfliktpunkt: Ginge es nach der Mehrheit der EU-Abgeordneten, dann würden nur die von der EU-Arzneimittelbehörde EMA zugelassenen Impfstoffe europaweite Reisefreiheit garantieren – der russische Impfstoff Sputnik V, der unter anderem in Ungarn schon eingesetzt wird, oder chinesische Vakzine aber nicht. Dagegen gibt es wie zu erwarten Widerstand aus Ungarn und anderen osteuropäischen Ländern. Lesen Sie hier: Diese Unterlagen müssen Sie zur Corona-Impfung mitbringen
Ob die Verhandlungen über das EU-Gesetz wie geplant Ende Mai beendet werden, ist vor diesem Hintergrund offen. Doch andernfalls gerät der gesamte Fahrplan durcheinander: Denn im Juni soll das europaweite „grüne Zertifikat“ einsatzbereit sein, bis dahin braucht es eine gesetzliche Grundlage.
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EU will Impf-Daten digital speichern – fälschungssicher
Technisch sind die Vorbereitungen weit gediehen. Die EU-Kommission soll dafür sorgen, dass die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Zertifikate in ganz Europa auch digital gelesen und geprüft werden können. Dazu baut die Kommission eine Schnittstelle auf, über die die elektronischen Signaturschlüssel der Mitgliedsländer ausgetauscht werden können – damit werden die Zertifikatesysteme miteinander kompatibel.
Man sei im Zeitplan, berichten beteiligte Kommissionsbeamte, ein Server für die Überprüfung sei in Luxemburg eingerichtet. Neue Datenbanken werden dazu nicht aufgebaut, nur per QR-Code auf dem Handy oder auf einem Papierausdruck werden die Impf-Daten – angeblich fälschungssicher – dokumentiert.
Deutschland will Apotheken als Aussteller erlauben
An einem Testlauf wird sich den Angaben zufolge im Mai auch Deutschland beteiligen; die Vorbereitungen hierzulande sind laut Gesundheitsminister Jens Spahn im Zeitplan. Spahn ist zuversichtlich, dass die digitalen Impfnachweise – ergänzend zum gelben Impfpass-Heft – in Deutschland im Juni bereitstehen.
Das Ministerium hat IBM und drei weitere Unternehmen mit der Entwicklung der App beauftragt. Um den Zugang der Bürger zum digitalen Impfnachweis zu erleichtern, sollen nicht nur Arztpraxen und Impfzentren, sondern auch Apotheken das Zertifikat ausstellen dürfen.
Ob tatsächlich alle EU-Länder im Juni startklar sind, ist aber fraglich. Sollte es am Ende doch zu Verzögerungen mit dem europäischen Impfpass kommen, haben alle Reisewilligen einen Trost: Die großen Urlaubsländer vor allem im Mittelmeer werden wohl so oder so Geimpften, Getesteten oder Genesenen mit entsprechendem Nachweis die problemlose Einreise ermöglichen. Eine Reihe von Ländern erlaubt das bereits jetzt.
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