Berlin. In Berlin und Hamburg haben sich Demonstranten und Polizei in der Nacht zum Freitag stundenlange Straßenschlachten geliefert. Angesichts von 273 verletzten Beamten in Berlin verurteilte der Chef der Polizeigewerkschaft Rainer Wendt die Strategie als "grandios gescheitert".
Die Mai-Feiern in Berlin und Hamburg sind trotz eines massiven Polizeiaufgebotes in beiden Städten in stundenlangen Straßenschlachten ausgeartet. In Berlin gab es 273 verletzte Polizisten und 289 Festnahmen, in Hamburg wurden sechs Beamte verletzt und 23 Personen festgenommen. In der Hauptstadt wurden drei Beamte in Kreuzberg mit einer brennbaren Flüssigkeit begossen. Ihre Kleidung fing kurzzeitig Feuer, sie blieben aber unverletzt. Vor diesem Hintergrund sah die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) die Einsatzstrategie als «grandios gescheitert» an.
Polizeigewerkschaft ist empört
Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) musste am Samstag eingestehen, dass es die massivsten Ausschreitungen seit Jahren gegeben habe. Die Gewalttäter könnten sich aber nicht als Protagonisten sozialer Unruhen rechtfertigen, betonte Körting: «Die Randale stand eindeutig im Vordergrund.»
Polizeigewerkschaftschef Rainer Wendt erhob schwere Vorwürfe. Der Staat habe sich von autonomen Krawallmachern «peinlich vorführen lassen», sagte er. «Es ist mir völlig unverständlich, warum Hunderte Vermummte im schwarzen Block in Berlin ohne polizeiliche Begleitung waren und über Stunden ungestört randalieren konnten.» Wendt kritisierte: Durch diese «dramatische Zurückhaltung» seien Polizisten zur Steinigung freigegeben worden. «Wir haben Glück gehabt, dass es keine Toten gab.»
Doppelt so viele verletzte Polizisten wie 2008 in Berlin
Insgesamt war die Polizei in Berlin mit 5800 Beamten im Einsatz, davon 1700 von der Bundespolizei und aus anderen Bundesländern. Dabei wurden den Angaben zufolge in Berlin mehr als doppelt so viel Polizisten verletzt wie 2008 mit 139. Polizeipräsident Dieter Glietsch sagte, die Zahl der Gewalttäter sei höher gewesen als im vergangenen Jahr, die Gewalttaten hätten früher begonnen und die Angriffe gegen Beamte seien heftiger gewesen. Nach den Krawallen in der Walpurgisnacht in Friedrichshain hatte es in der Nacht zuvor bereits 54 Festnahmen gegeben.
Glietsch betonte, das bisherige Einsatzkonzept aus Deeskalation und konsequentem Einschreiten sei auch in Zukunft «alternativlos». Wendt hingegen zeigte sein Unverständnis dafür, dass Berlin wie in den Jahren zuvor auf den Einsatz von Wasserwerfen verzichtet habe.
Randale auch im Schanzenviertel
Laut Polizei begannen die Ausschreitungen in Kreuzberg gegen 19.00 Uhr bei der sogenannten Revolutionären-1.Mai-Demonstration. Bereits kurz nach Abmarsch vom Kottbusser Tor hätten sich Hunderte der rund 5000 Teilnehmer vermummt und mit Steinen bewaffnet. Beim Zug durch das sogenannte Myfest, wo rund 35 000 Berliner und Gäste der Stadt den ganzen Tag über friedlich feierten, sei die Zahl der gewaltbereiten Demonstrationsteilnehmer auf 2500 gestiegen. Die folgenden Ausschreitungen nahmen erst gegen Mitternacht ab.
Auch im Hamburger Schanzenviertel lieferten sich Vermummte Auseinandersetzungen mit der Polizei. Dabei bewarfen etwa 300 Autonome die Polizisten mit Flaschen und Steinen und zündeten mehrere Müllcontainer sowie ein Auto an. Anders als in Berlin setzte die Polizei in der Hansestadt Wasserwerfer ein. 23 Menschen wurden festgenommen, 24 weitere in Gewahrsam genommen. Die Randale dauerten bis in den frühen Morgen. (ddp)