Essen. Verkehrssünden im Ausland sind teuer – und werden immer öfter in Deutschland vollstreckt. Sogar für Jahre zurückliegende Verstöße. Ein Überblick.
Post aus Italien ist in diesem Sommer nicht unbedingt nur ein Urlaubsgruß. Sie könnte vom Bundesamt für Justiz weitergeleitet sein, unerfreuliche Nachrichten bringen und teuer werden. Denn seit Ende März dürfen italienische Straßenbehörden erstmals auch in Deutschland Knöllchen durch ihre deutschen Kollegen vollstrecken lassen.
Voraussetzung: Die Bußgelder müssen 70 Euro oder mehr „wert“ sein. So eine Summe aber wird in Italien schon mal wegen eines nicht angelegten Gurtes erhoben. Und zusätzlich kann die Verwaltungsgebühr in Rechnung gestellt werden. Noch unangenehmer: Auch länger zurückliegende, noch ausstehende Bußen werden ab jetzt eingefordert. In Italien liegt die Verjährung für Verkehrsvergehen bei fünf Jahren.
Die Niederlande gehen schon länger so vor. Und die europaweite Verfolgung von Verkehrssündern langt ohnehin tief ins Portemonnaie der Deutschen, die eher an verhaltene Zahlungen gewöhnt sind. Vor dem Start in die Urlaubssaison ein Blick in die Verkehrssünden-Tabelle (Quelle ADAC):
Alkohol am Steuer:
Hier liegen die Bußen noch ungefähr auf einem Niveau: In Deutschland kann dies ab 500 Euro kosten, in Italien ab 530, in Spanien und der Schweiz ab 550 Euro. Die Griechen (ab 80) und die Franzosen (ab 135 Euro) sind gnädiger. In Großbritannien hingegen geht es schnell in den Bereich von umgerechnet mehrerer tausend Euro.
Tempo-Verstöße:
Wer bei uns 20 km/h zu schnell ist, wird in der Regel mit Geldbeträgen bis 35 Euro verfolgt. Hier heißt es im Ausland aufpassen: Italien: ab 170 Euro. Frankreich: ab 135 Euro. Niederlande und Schweiz: ab 165 Euro. Nur Österreich entspricht ungefähr dem deutschen Niveau. Temposünder, die 50 Stundenkilometer und mehr über dem Erlaubten liegen, kann es aber auch in dem Alpenland schnell sehr teuer (bis über 2000 Euro) werden. Die übrigen Länder liegen dann in der Regel ab 500 Euro (Deutschland: ab 240 Euro).
Rotlicht-Verstoß:
Bei Rot über die Ampel: Was bei uns zwischen 90 und 320 Euro kostet, ist schon in Frankreich ab 135 Euro hoch, in Italien ab 170 Euro mit einem Drittel Aufschlag in der Nacht, in den Niederlanden und in der Schweiz 230 Euro.
Falsches Überholen:
Kann in Deutschland mit Bußgeld von 30 bis zu 250 Euro geahndet werden, in den Niederlanden mit 230 Euro, in Frankreich ab 135 Euro und in der Schweiz ab 275 Euro. Österreichische Behörden kassieren ab 70 Euro.
Falschparken:
Das wird überall in Europa mit zweistelligen Summen verfolgt: Zwischen 10 und 70 Euro in Deutschland, ab 35 oder 40 Euro in den übrigen Staaten. Ausnahme: Spanien kassiert bis zu 200 Euro für ein falsch abgestelltes Fahrzeug.
Handy am Steuer:
60 Euro kostet das seit Kurzem bei uns. Andere Länder langen weit mehr zu. Frankreich: Ab 135 Euro. Italien ab 160 Euro. Niederlande: ab 230 Euro. Spanien ab 200 und die Schweiz ab 90 Euro.
Werden alle diese Verkehrssünden in Deutschland vollstreckt?
Das hängt entscheidend davon ab, wer am Steuer gesessen hat. In Italien, Österreich, Frankreich und den Niederlanden wird der Halter des Fahrzeugs zur Verantwortung gezogen (Halterhaftung). Für Deutschland gilt: Beweist der Halter, dass ein anderer sein Auto gefahren hat, muss er das Knöllchen aus dem Ausland nicht bezahlen. Denn bei uns ist der Fahrer verantwortlich.
Bleiben die Unterschiede bei den Bußgeld-Höhen so?
Tatsache ist: Auch in Deutschland sind sie nicht in Stein gemeißelt. Polizeigewerkschaften und nicht wenige Landesregierungen drängen auf Anpassungen. Zudem steigen gerade die Unfallzahlen wieder drastisch an. In den ersten Monaten des Jahres hat es auf wichtigen Autobahnteilstrecken Nordrhein-Westfalens (Kölner Ring) bis zu 200 Prozent mehr Verkehrstote gegeben. Ursachen: Zu hohes Tempo, zu geringer Abstand, Handy-Nutzungen. „Läppisch“ seien die deutschen Bußgelder bei Tempoverstößen gegenüber denen im Ausland, sagt zum Beispiel Niedersachsens Innenminister. Im Nachbarland Holland seien die Bußen höher – und die Unfallzahlen niedriger.