Essen. Im Ausland begangene Verkehrsdelikte können teuer werden. Seit fünf Jahren kann länderübergreifend vollstreckt werden. Alles rund um Knöllchen-Post.

In Spanien sind es mindestens 100 Euro, in den Niederlanden 160 und die Norweger fangen unter 420 Euro gar nicht erst an. Wer im Ausland 20 Kilometer pro Stunde zu schnell auf der Straße unterwegs ist, muss ordentlich zahlen. In Deutschland kostet das gleiche Vergehen gerade einmal bis zu 35 Euro. Doch nicht für jedes Verkehrsdelikt, das man im Ausland begangen hat, flattert nach dem Urlaub tatsächlich ein Bußgeldbescheid ins Haus. Wir erklären, wer zahlen muss, was bei unberechtigten Vorwürfen zu tun ist und welche Sünder fein raus sind.

Bagatellgrenze 70 Euro

Ausländische Bußgelder oder Geldstrafen, die eine Höhe von 70 Euro überschreiten, können seit rund fünf Jahren auch in Deutschland eingetrieben werden. Das regelt ein EU-Rahmenbeschluss. Wer also nicht gleich vor Ort zur Kasse gebeten wurde, muss nach dem Urlaub mit Knöllchen-Post rechnen.

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Das kann allerdings auch dann der Fall sein, wenn das Bußgeld noch knapp unter der 70-Euro-Grenze liegt, gibt Peter Meintz, Sprecher des ADAC Westfalen, zu bedenken: „Denn auch Bearbeitungsgebühren werden noch hinzugerechnet.“

Was wird geahndet

Es können nur solche Verstöße länderübergreifend vollstreckt werden, die die Verkehrssicherheit gefährden. Dazu zählen überhöhte Geschwindigkeit, Missachten roter Ampeln oder Alkohol am Steuer. Wer hingegen falsch geparkt hat, hat hierzulande zwar nichts zu befürchten, „aber was nützt mir das, wenn ich erneut in das Land reise und der frühere Verstoß dann bei einer Verkehrskontrolle auffällt?“, sagt Meintz: „Es wird ja nicht billiger.“

Keine Post aus Italien

Urlauber, die sich ein Knöllchen in Griechenland, Irland oder Italien eingehandelt haben, haben zunächst einmal Glück. Weil diese Länder den EU-Rahmenbeschluss bisher nicht in nationales Recht umgesetzt haben, können sie das Geld in Deutschland nicht eintreiben. Aber auch hier gilt wieder: Wenn es sich um ein Land handelt, in dem man häufiger unterwegs ist, sollte man darüber nachdenken, trotzdem freiwillig zu zahlen. Das spart Nerven bei der Wiedereinreise. Einige Länder gewähren zudem Rabatte für Schnellzahler. In Spanien gibt es etwa einen Nachlass von 50 Prozent, wenn das Bußgeld innerhalb von 20 Tagen bezahlt wird.

Sonderfall Österreich

Zusätzlich zum EU-Rahmenbeschluss hat Deutschland ein bilaterales Abkommen mit Österreich geschlossen. Darin ist geregelt, dass Verkehrsverstöße schon ab einer Höhe von 25 Euro im jeweils anderen Land vollstreckt werden können.

Was man generell nicht zu fürchten braucht, weder in Österreich noch in einem anderen EU-Land, sind Punkte in Flensburg. Auch ein Fahrverbot im Ausland bedeutet nicht automatisch auch ein Fahrverbot in Deutschland.

Prozedere

Handelt es sich bei dem Verstoß um ein Delikt, das die Verkehrssicherheit gefährdet, kann die ausländische Polizei die Halterdaten beim deutschen Kraftfahrtbundesamt beantragen. Mit diesen Daten wendet sich die Polizei dann an das Bundesamt für Justiz (BfJ), das für Vollstreckungsgesuche zuständig ist. Das BfJ unterzieht diese einer Prüfung, checkt etwa, ob der Bußgeldbescheid auf Deutsch zugestellt wurde oder ob der Betroffene Gelegenheit hatte, zum Vorwurf Stellung zu nehmen. Ist dem so, wird das Vollstreckungsgesuch an den Halter weitergeleitet, der dann zwei Wochen Zeit hat, sich zu dem Vorwurf zu äußern.

Einwände vorbringen

Wer für den vorgeworfenen Verstoß nicht verantwortlich ist, sollte zeitnah Widerspruch einlegen. „Da der in der Regel nicht auf Deutsch verfasst sein darf, besorgt man sich am besten einen Fachanwalt, der mit einem Korrespondenzanwalt im Ausland zusammenarbeitet“, rät Meintz. Hilfe bieten Automobilklubs, die oft über Vertrauensanwälte in Europa verfügen. Auf keinen Fall sollte man die ungeliebte Post einfach ignorieren – auch nicht, wenn sie von einem Inkassobüro kommt. „Wenn Sie in der Londoner City die Umweltzone missachten, gibt es in der Regel zuerst ein Schreiben von einem Inkassounternehmen“, sagt Meintz. „Holen Sie sich dann sofort Unterstützung, da es für Laien nicht ersichtlich ist, ob das Inkassounternehmen überhaupt dazu berechtigt ist.“

Längst nicht alle EU-Länder lassen Delikte in anderen Ländern vollstrecken. Nach Angaben des BfJ gingen 2014 bei der Behörde 9395 Ersuche ein, ein Großteil davon entfiel auf Bußgelder wegen Verkehrsverstößen. Ein Land tat sich dabei besonders hervor: 98 Prozent der Ersuche kamen von unseren niederländischen Nachbarn.