Dresden. Kita-Plätze für Kleinkinder sind vielerorts knapp. Schadenersatz für leer ausgegangene Eltern gibt es laut einem Urteil aus Dresden aber nicht.
Eltern haben keinen Anspruch auf Schadenersatz für fehlende Kita-Plätze. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Dresden am Mittwoch entschieden. Es wies damit die Klagen von drei Müttern aus Leipzig in zweiter Instanz ab. Die Eltern hatten wegen des chronischen Mangels an Kita-Plätzen in Leipzig keinen Betreuungsplatz für ihre Kleinkinder gefunden und konnten nicht wie geplant wieder arbeiten gehen. Sie verlangten von der Stadt Schadenersatz für ihren Verdienstausfall. In der Vorinstanz hatten sie gewonnen.
Das OLG entschied nun, dass die Stadt zwar ihre Amtspflicht verletzt habe, den Eltern rechtzeitig einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen. Aber nicht die Eltern und ihr Wunsch nach Berufstätigkeit seien vom Gesetz geschützt, sondern die Kinder und ihr Anspruch auf frühkindliche Förderung.
Ziel des Gesetzes sei die frühkindliche Förderung. Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei lediglich die notwendige Folge der Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen, teilte das OLG mit. Deswegen könnten die Eltern auch keinen Schadenersatz verlangen. (Az.: 1 U 319/15, 1 U 320/15, 1 U 321/15)
In Leipzig fehlten 1200 Plätze
Seit dem 1. August 2013 besteht bundesweit ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren. Doch der Ausbau der Plätze - entweder in einer Kindertagesstätte oder bei einer Tagesmutter - hinkte vielerorts hinter der gestiegenen Nachfrage der Eltern hinterher.
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In Leipzig fehlten nach Angaben der Stadtverwaltung in diesem Sommer noch knapp 1200 Kindergartenplätze. Bundesweit wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes am Stichtag 1. März 694.500 Kinder unter drei Jahren in einer Kita oder von einer Tagesmutter betreut - knapp fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Im März 2014 war rund ein Drittel aller Kinder unter drei Jahren in einer Krippe oder bei einer Tagesmutter.
Kita-Initiative: Urteil ist "Schlag ins Gesicht"
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Deutsche Landkreistag begrüßten das Dresdner Urteil. "Damit ist eine eindeutige Eingrenzung vorgenommen. Diese hat sicher eine Signalwirkung und wird Prozesse vermeiden können", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem "Berliner Kurier" (Donnerstagsausgabe). In einem Kraftakt hätten die Kommunen schon rund 700.000 Plätze geschaffen, und der Ausbau gehe weiter.
Ein Sprecher der Stadt Leipzig nannte die Entscheidung "ein gutes Urteil". Allerdings sei der Vorwurf der Amtspflichtverletzung nicht nachvollziehbar. Leipzig erlebe einen nie dagewesenen Geburten- und Zuwanderungsboom, der Kita-Planungen ausgesprochen schwierig mache. Die Leipziger Kita-Initiative bezeichnete das Urteil als "Schlag ins Gesicht". Man müsse sich fragen, was der Rechtsanspruch überhaupt wert sei, wenn Eltern keine Verdienstausfälle geltend machen könnten.
In der ersten Instanz hatte das Landgericht Leipzig die Stadt noch verurteilt, 15.000 Euro plus Zinsen an die Familien zu zahlen. Die Stadt legte Berufung ein. Auch die OLG-Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Kläger können sich an den Bundesgerichtshof wenden. Rechtsanwalt Klaus Füßer, der zwei der Mütter vertritt, hatte schon bei der mündlichen Verhandlung gesagt, dass er seinen Mandanten die Revision empfehlen werde. (dpa)