Thomas Gottschalk geht im WDR-"Montalk" mit sich ins Gericht
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Düsseldorf. . Der ehemalige „Wetten, dass..?“-Moderator Thomas Gottschalk ist an diesem Montag Gast im WDR “Montalk“ – pünktlich zu seinem 65. Geburtstag.
Auch einem gewieften Entertainer wie Thomas Gottschalk sieht man an, dass er ein wenig fremdelt: Er kippelt mit der Stuhllehne, wippt ein bisschen linkisch zur Musik der Live-Band. Steffi Neu, die WDR-Moderatorin, die Gottschalk bei der Aufzeichnung des „Montalks“ (Sendezeit: Montag, 18. Mai, 19 bis 21 Uhr, WDR 2) im Düsseldorfer Kunstpalast zu Gast hat, muss sogar manchmal lauter sprechen: Der ewig Junggebliebene ist ein bisschen unkonzentriert – oder hört er nicht mehr ganz so gut? Immerhin, Gottschalk wird an diesem Montag 65 Jahre alt, da darf man auch schon mal schlecht hören.
Vielleicht ist das aber auch alles Teil seiner Inszenierung. Denn dem Publikum macht er mit seiner Schwerhörigkeit größte Freude. Das Prinzip, sich gleichzumachen mit den Leuten – oder gar kleiner zu machen –, hat ihm ja die Sympathien von Millionen eingebracht. Er trägt weiße Socken in den Slippern, noch so ein Signal: Leute, schaut – so eitel bin ich doch gar nicht. Ich bin einer von euch.
Große Klappe wie die Mutter
Natürlich ist er das nicht. Auch wenn er durchaus ein paar Falten gekriegt hat. Doch ansonsten hat er mit einem Durchschnitts-Senior nichts gemein: extrem trainiert, sehr schlank, dafür sorgt ein persönlicher Coach, der jeden Morgen mit ihm Fitnessübungen macht. Das Leben dieses Mannes ist natürlich meilenweit vom Leben der meisten Zuschauer entfernt: Lebensmittelpunkt in Kalifornien, zwischenzeitlich sogar Schlossherr am Rhein. Aber trotz Luxus-Schlitten wie Rolls Royce („war aber eine Rostlaube“) – für seine Zuschauer ist er auf seltsame Weise immer noch der große Junge von nebenan.
Dieses Bild von sich bedient er natürlich: Kind aus ärmlichen Verhältnissen, das auch schon mal von seiner Mutter eine geschmiert gekriegt hatte, schafft es, an die Sonne zu kommen. Einfach dank seiner Veranlagung: große Klappe wie die Mutter. „Was ich geleistet habe, hatte ich im System.“ Reines Glück, dass er damit zum Megastar wurde.
"Wetten, dass..?" war Gottschalks "größtes Glück"
Dass so einer sich in den Flieger setzt, um beim WDR aus seinem Leben zu plaudern, hat auch mit der Werbung für sein Buch zu tun. „Herbstblond“, eine Autobiografie, an der sich die Moderatorin entlang arbeitet. Geboren im oberfränkischen Kulmbach, Radio Bayern, mehr oder weniger laue Kinokomödien, Late-Night und natürlich „Wetten, dass..?“ (1994 bis 2011), das er als sein „größtes Glück“ bezeichnet. Lacht laut, in der Erinnerung daran, dass es Männer gab, die vorführen wollten, wie sie ihre Frauen mit dem Bagger auszogen. Noch lauter, dass sich die Großen der Welt Gedanken machen mussten, ob so was funktionieren kann. Er habe sich immer gewundert, dass Kritiker gemeckert hätten, warum er Tom Cruise nicht nach Scientology fragen würde, sondern danach, ob es möglich ist, dass ein Mensch in ein paar Sekunden Hunderte Fliegen fangen kann.
Der schwere Wett-Unfall von Samuel Koch lässt Gottschalk nicht los
Man spürt, dass Gottschalk nicht ganz frei davon ist, sich eine Mitverantwortung zu geben. Zwar habe er Koch noch bei der Probe gewarnt, ihm geraten, die Wette etwas weniger dramatisch anzugehen, sagt er. Interessant ist, dass Gottschalk hier nicht aufhört zu reden, sondern auch öffentlich tiefer mit sich ins Gericht geht. Und seine Begeisterung hinterfragt, endlich einen Traumkandidaten gefunden zu haben, der nicht nur die Muttis begeisterte, sondern Spektakel bot. Gottschalk sieht sich als Teil des Unterhaltungssystems, das nicht davor zurückschreckte, den Nervenkitzel zu erhöhen. Man spürt, dass er sich das nicht verzeihen will.
Stimmen zum Ende von "Wetten, dass..?"
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Zum Phänomen Gottschalk gehört auch, dass er, der so gerne die Nähe der schönen Damen auf seiner Wettcouch suchte, über 40 Jahre mit seiner Frau Thea verheiratet ist. Das Geheimnis der langen Ehe? Erklären kann er das nicht. Vielleicht spielte es eine wichtige Rolle, dass sein Beruf für sie nie wichtig war. Ein bisschen hat man das Gefühl, ihm selbst auch nicht. Ob er Angst habe, bedeutungslos zu werden, fragt Steffi Neu. „Ich habe mich nie für bedeutend gehalten“, sagt er. Das kommt an, genau wie sein Wunsch an die Zukunft: „Ich bin froh, wenn morgen die Sonne aufgeht, und ich es noch sehe.“
Zwei Stunden also aus dem Leben eines Mannes, der ja eigentlich nur die Menschen zum Lachen gebracht hat. Könnte man sagen. Aber vielleicht ist es genau das, was sonst keiner kann.
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