Essen. Fernsehprogramm für die ganze Familie: Das war „Wetten, dass..?“ jahrzehntelang. Frank Elstner machte seinen Job gut, Thomas Gottschalk noch besser.

Am Ende der ersten Ausgabe hat Frank Elstner um 43 Minuten überzogen. Vor allem, weil er fast ein Stunde braucht, um die Regeln der neuen Show zu erklären, die ihm in einer schlaflosen Nacht eingefallen ist. Alexander Arz, Regisseur der Sendung, ist entsetzt. „Das ist der größte Mist, den ich je gesehen habe“, tobt er und rät zur „sofortiger Einstellung“. Aber erst 214 Ausgaben später läuft „Wetten, dass..?“ (Samstag, 20.15 Uhr, ZDF) zum letzten Mal.

Denn die Zuschauer sind lange Zeit begeistert. Millionen Menschen schalten ein, wenn Kandidaten den Reifen ihres Autos bei voller Fahrt wechseln oder einen Lkw auf vier Biergläser hieven. Oder wenn Karlheinz Böhm wettet, dass nicht einmal ein Drittel der Zuschauer eine Mark für die Sahelzone spendet und so Geburtsstunde des Hilfsprojekts „Menschen für Menschen“ einläutet.

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Duisburger Polizisten balancieren auf Motrorrädern

In Duisburg balancieren 84 Polizisten auf neun Motorrädern, bei einer Sendung in Dortmund springt ein Kandidat aus einem Fesselballon, um nach ein paar Hundert Metern freien Falls in einen anderen wieder einzusteigen. Solche Aktionen machen „Wetten, dass..?“ zu dem „Lagerfeuer“, um das herum sich am Samstagabend im Wohnzimmer die ganze Familie versammelt.

39-mal hat Elstner dieses Feuer entzündet, als er die Flamme 1987 weiterreicht an Thomas Gottschalk. 151 Sendungen wird er präsentieren. „Ein großer Schritt für mich, ein kleiner Schritt fürs Fernsehen“, sagt der Nachfolger damals bescheiden. Doch mit dem gebürtigen Franken wird die Sendung noch populärer. So populär, dass sie nicht nur eine getürkte Wette mit Buntstiften und Sängerinnen in durchsichtigen Kleidern, unbeschadet übersteht, sondern auch einen Wolfgang Lippert, der in den 90er-Jahren für neun Folgen übernimmt.

Stimmen zum Ende von "Wetten, dass..?"

Markus Lanz verabschiedet am Samstag den Showklassiker
Markus Lanz verabschiedet am Samstag den Showklassiker "Wetten, dass..?" in den Ruhestand. Das sagen Prominente zum Ende der ZDF-Show: © dpa
Günther Jauch war häufig Gast bei
Günther Jauch war häufig Gast bei "Wettern, dass..?". Zum Ende sagt er: ""Wetten, dass..?" hat über viele Jahre von der Oma bis zum Enkel die ganze Familie vor dem Fernseher versammelt und über die Sendung wurde am nächsten Tag fast überall geredet. Das bleibt ein großes Verdienst - heute schaffen diesen Lagerfeuereffekt oft nur noch große Sportereignisse." © Getty Images
"Ich finde das Ende der Sendung schade, weil mich die Show an meine Kindheit erinnert. Alle haben sich in den Sessel gesetzt und zusammen "Wetten, dass..?" geschaut", sagt Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig. © picture alliance / dpa
Schauspieler Wolfgang Stumph war im vergangenen Jahr noch Gast in der Sendung:
Schauspieler Wolfgang Stumph war im vergangenen Jahr noch Gast in der Sendung: "Alles hat seine Zeit - und mit der Zeit sollte man gehen." © imago stock&people
"Das "Wetten, dass..?"-Ende hat für mich eine Bedeutung, weil ich in der Planung bin für eine neue Sendung für das Deutsche Fernsehen, die damit indirekt zusammenhängt. Mehr kann ich jetzt noch nicht sagen. Aber ansonsten geht halt eine Ära zu Ende; aber ich finde, man muss auch Dinge mal in Würde sterben lassen. Für jede Idee, die stirbt, gibt es eine neue", findet Moderatorin Désirée Nosbusch. © WAZ
Ex-Moderator und Entertainer Thomas Gottschalk:
Ex-Moderator und Entertainer Thomas Gottschalk: "Mit dem ZDF habe ich vereinbart, dass ich mich zum Ende von "Wetten, dass..?" nicht äußere und finde eine Beerdigung im kleinen Kreis auch angemessener als ein Staatsbegräbnis." © imago stock&people
Schauspieler Ralf Möller als Gast bei
Schauspieler Ralf Möller als Gast bei "Wetten, dass..?". Zum Aus der Sendung sagt er: "Es ist gut, dass die Qual ein Ende hat. Es ist schade. Man hätte es vielleicht noch mal mit einem anderen ausprobieren sollen. Einfach nur mal einen lockeren Typ, der es kann. Markus ist gut, aber er ist halt ein Roboter. Das ist nicht schlimm, das ist für Journalismus gut. Aber uns fehlt eben ein Entertainer, ein Harald Juhnke oder ein Thomas Gottschalk, und den gibt es halt nicht." © P. Rest
Auch Sänger Heino war Gast in der Show:
Auch Sänger Heino war Gast in der Show: "Es ist immer leicht, zu sagen, es liegt am Moderator. Es liegt nicht am Moderator, es liegt am ganzen Konzept. Die Sendung ist für mich anderthalb Stunden zu lang. Der Zuschauer will einfach nicht mehr so lange vorm Fernseher sitzen. Für mich ist Markus Lanz ein guter Moderator, der das hervorragend gemacht hat. Aber die Interpreten und die Wetten waren vielleicht nicht mehr so gut. Es ist eine tolle Sendung und ich weiß genau: Wenn man sie überdenkt, kürzer und wuchtiger macht, dann hätte sie eine Chance." © Getty Images
""Wetten, dass..?" ist eine Sendung, die sich lange gehalten hat, wenn man bedenkt, wie schnelllebig andere Dinge sind. Aber sie hat sich ein wenig überlebt und es wird hoffentlich schöne neue Shows geben, die den Platz einnehmen werden", hofft Ex-Glücksrad-Fee Maren Gilzer. © imago/Future Image
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Gottschalk brachte Michael Jackson nach Duisburg

Wenn Gottschalk ruft, dann kommen sie alle. Kaum ein Promi, der nicht irgendwann mal dort auf der Couch gesessen hat. Gerhard Schröder schaut vorbei, da ist er noch Kanzler, Bill Gates da ist er längst Milliardär. Ja sogar Michael Jackson gibt sich 1995 in Duisburg die Ehre. Auf einer Plattform schwebt er, Haar und Hemd von einer Windmaschine zerzaust, über dem Publikum und gibt seinen „Earth Song“ zum besten. So groß ist der Ansturm, dass der Auftritt draußen vor der Halle auf extra aufgestellten Leinwänden übertragen wird.

Auch die Wetten werden immer spektakulärer. Eiskanäle werden befahren und immer kleinere Objekte mit immer größeren Baggern und Kränen bewegt. Am 4. Dezember 2010 kommt es zur Katastrophe, kommt es zu dem Tag, vor dem sich Gottschalk nach eigener Aussage „immer gefürchtet hat“. In der Show in Düsseldorf stürzt der damals 23-jährige Samuel Koch bei dem Versuch mit Sprungstelzen über heranfahrende Autos zu springen und bleibt wahrscheinlich den Rest seines Lebens gelähmt. Eine Sendung später gibt Gottschalk seinen Rücktritt bekannt, den Spaß an „Wetten, dass..?“ hat er aber angesichts sinkender Zuschauerzahlen und steigender Konkurrenz schon länger verloren.

Lanz kalauerte hölzern und unbeholfen

Zehn Monate pausiert die Show, während das ZDF händeringend einen Nachfolger sucht. Hape Kerkling hat abgesagt, auch der Rest der deutschen Moderatoren-Riege lehnt dankend ab. Nur Markus Lanz sagt „ja“, stößt aber schnell an seine Grenzen. Hölzern und unbeholfen kalauert der Südtiroler sich 15-mal durch die Sendung, kämpft dabei gleichermaßen mit plumpen Witzen und fallenden Quoten.

Lanz hat den Niedergang der Show beschleunigt, ausgelöst aber hat er ihn nicht. Und wahrscheinlich gibt es niemanden in Deutschland, der die „Wetten, dass..?“-Glut in den deutschen Wohnzimmern wieder hätte entfachen können. Weil dank gut 40 empfangbarer Sender überall ganz viele kleine Feuer brennen. Vor allem aber, weil man nach mehr als drei Jahrzehnten nahezu alles schon einmal gesehen hat. Mit anderen Worten: Es ist kein Holz mehr da, um die Flammen noch einmal höher schlagen zu lassen.