Friedrichshafen. Die letzte “Wetten, dass..?“-Sendung von Thomas Gottschalk war ein Quotenrenner. 14,73 Millionen Zuschauer sahen die letzte Show mit dem großen Blonden. Das entspricht einer TV-Quote von 46 Prozent. Bevor Gottschalk die Bühne verließ, hat er es allen Kritikern noch einmal gezeigt.
Am Ende wollen viele gar nicht gehen. Thomas Gottschalk hat die Bühne längst verlassen, da stehen sie noch immer in der Halle der Messe Friedrichshafen und schauen ein wenig ratlos, ja manche manche wischen sich verstohlen sogar ein Tränchen aus dem Augenwinkel. Denn nun ist es vorbei. Mit Gottschalk und „Wetten,dass...?“ Endgültig. Unwiderruflich. Vielleicht auch mit der Sendung selbst, obwohl des ZDF nicht müde wird zu beteuern, die Show gehe weiter. Nur mit wem?
Gottschalk wirkt bei "Wetten, dass..?" gut gelaunt, erleichtert, fast schon befreit
In den knapp drei Stunden zuvor, da hat der scheidende Moderator in schwarzer Smoking-Jacke und roter Schottenkaro-Weste und -Hose die Fußstapfen, die er dem ZDF und seinem Nachfolger hinterlässt noch einmal eine Nummer größer gemaspockscht. „Ich zeig euch nochmal, wie's geht", scherzt er bereits im Warm-Up, das das ZDF erstmals vor der eigentlichen Show live überträgt. Und da ist was dran. Mit Günther Jauch, Til Schweiger und Iris Berben hat er Freunde und alte Bekannte zum Abschied eingeladen, wirkt gut gelaunt, erleichtert, fast schon befreit.
Auf die ihm lästigen Moderationskarten hat der 61-Jährige verzichtet und redet, wie ihm der Mund gewachsen ist. Gut, manchmal vergisst „der letzte Clown, der noch unterwegs ist“ die Namen von Kandidaten und Stargast Jessica Biel, auf die er sich angeblich so gefreut hat, nennt er Jennifer – aber das kennt man ja von ihm. Und Karl Lagerfeld geht es schließlich ebenso, als Gottschalk mit ihm über die neue Kollektion sprechen will, die der Designer für Breuninger Kaufhäuser entwerfen will. „Breuninger?“, fragt Lagerfeld. Nie gehört.
Freche Fragen an Dirk Nowitzki
„Ist ja eh alles wurscht“, hat Gottschalk längst befunden. Und wenn eh alles wurscht ist, dann ist er erfahrungsgemäß am besten. Vor allem, weil er dann frecher ist, viel frecher, als er in den vergangenen Jahren manchmal sein durfte. „Pinkelst du eigentlich im Stehen“, fragt er etwa den 2,13 Meter-Mann Dirk Nowitzki. „Und triffst du?“ Das sind die Momente in denen Assistentin Michelle Hunziker gerne entsetzt die Hände vors Gesicht schlägt.
Aber ihr Chef kann ja auch anders, kann sich zurücknehmen und wirklich interessiert sein, wie er im Gespräch mit dem blinden Achim Kustermann einmal mehr unter Beweis stellt, der 2004 als Siebenjähriger Telefonnummern nur am Tippen erkennen konnte. Gerne lässt sich Gottschalk von dem Teenager kurzzeitig die Show stehlen und bekennt anschließend: „Solche Momente werden mir fehlen.“ Nicht nur ihm.
„Wetten, dass..?“ hat seinen Zenit lange überschritten
Dennoch lässt er keine Wehmut aufkommen. Vielleicht auch, weil er längst weiß, dass „Wetten,dass...?“ seinen Zenit lange überschritten hat, dass – wie er selbst sagt - „der Knochen ziemlich abgenagt ist“. Auch die Wetten des Finales hatte man so oder ähnlich schon des öfteren gesehen. Da sind der 15-jährige Robin Antonak aus der Schweiz, der 120 Teelichter mit der Zunge löscht, der Gladbecker Maurermeister Ulrich Rabe-Heise (53), der Toiletten am Geräusch der Spülung erkennt oder 48 Turner um den 21-jährigen Daniel Langemeyer die per Salto auf einen zwei Quadratmeter großen Tisch springen.
Und Nadine-Denise Schommer (23) aus Wülfrath, die zu jedem der 150 Gottschalk-Outfits das richtige Sendedatum, die Stadt und die Nummer der Show nennen kann und Andreas Brewi (26) aus Regensburg, der mit seinem seinem Fahrrad schneller einen Schnee-Parcours herunterrast, als Snowboard-Olympia-Sieger Gian Simmen.
Verzweifelte Suche nach dem "Wetten, dass..?"-Nachfolger
Wer soll künftig solche Wetten eingehen? Gottschalk selbst hat kurz vor dem Finale Olli Dittrich ins Gespräch gebracht und fragt während der Sendung sogar seinen alten Kumpel Jauch. Der erbittet sich schelmisch lächelnd „Bedenkzeit“ bis zu seinem RTL-Jahresrückblick einen Tag später. Man soll zwar nichts ausschließen, doch ähnlich wahrscheinlich wie Jauch als Wetten.dass...?-Moderator ist Dieter Bohlen als Redner beim „Wort zum Sonntag“. So fragt der scheidende Gastgeber sogar Wolfgang Lippert, der im Publikum sitzt, obwohl er zuvor versprochen hatte, genau das nicht zu tun, weil: „Ich fürchte, er macht's.“
Deshalb blühen rund um die letzte Show in Friedrichshafen die Spekulationen. Irgendjemand will Stefan Raab in der Stadt gesehen haben, die Bild-Zeitung hat gehört, wie Christian Clerici im österreichischen TV die Worte „Wetten,dass...?“ ausgesprochen hat. Und sitzt da nicht Andrea Kiewel in der ersten Reihe? Neben Kathrin Müller Hohenstein. Ob das nicht was zu bedeuten hat?
Gottschalk findet zum Abschied die richten Worte
Ganz zum Schluss der Show wird es dann doch noch etwas besinnlich. Obwohl Gottschalk das ja eigentlich nicht wollte. Geschlossen erhebt sich das Publikum von den Sitzen und applaudiert, während viele Mitarbeiter sich stumm in den Armen liegen, als überall in der abgedunkelten Halle „Danke Thomas“ aufleuchtet und zu Billy Joels „Just The Way You Are“ noch einmal die schönsten Augenblicke aus 150 Sendungen über eine große Leinwand flimmern.
Da muss auch Gottschalk schlucken, findet aber aus dem Stegreif genau die richtigen Worte, um die Stimmung nicht kippen zu lassen. Denn auch ganz allein im Licht der Scheinwerfer nimmt er sich tatsächlich nicht wichtiger als er ist. „Unterhalter mit Leib und Seele sei er, aber Unterhalter seien „wie Spuren im Sand. Das Wasser geht drüber“, sagt er und „auch die schönsten Seifenblasen zerplatzen irgendwann“. Dann bedankt sich beim Publikum („Ich habe es für Sie gemacht, hatte immer Spaß dabei“) und bei den Kandidaten, die „mit ihren Ideen diese Sendung am Leben gehalten haben“ und „mit knirschenden Zähnen“ auch bei seinen Kritikern. Ohne sie hätte er „den Arsch vielleicht irgendwann sonst gar nicht mehr hochgekriegt.“
Dann ist Schluss für ihn mit "Wetten, dass..". „Herzlichen Dank“, sagt Gottschalk. „Es war eine tolle Zeit“. Laut ZDF-Videotext sahen 14,73 Millionen Zuschauer ab drei Jahren die Show, was einem Marktanteil von 46 Prozent entsprach.