Ruhrgebiet. . Viele Städte übertragen den Tierschutz an Vereine, für die immer weniger gespendet wird. Verband fürchtet um jede zweite Einrichtung.
Snoopy hat sich das Kreuzband verletzt, Jamal eins der seinen gleich durchgerissen, und Ramino: Der hat schon immer ein verkürztes Bein. Drei humpelnde Hunde – das Jahr hat nicht gut angefangen im Essener Tierheim, und was das wieder kostet! Denn wenn die Heime so viel Geld hätten wie Sorgen. . . Etwa jedes zweite, klagt der Deutsche Tierschutzbund, stehe vor der Pleite.
Eigentlich müsste die öffentliche Hand die Fundtiere füttern, doch ist es bei den Tieren nicht anders als bei den Menschen: Das Geld ist knapp, und ohne Ehrenamt geht wenig. In Essen etwa ist seit Jahrzehnten vertraglich geregelt: Die Stadt zahlt 200.000 Euro an den Tierschutzverein, der das Tierheim betreibt. Nur sind dessen Kosten mit den Jahren auf über eine Million gestiegen; eine kürzlich zugesagte Erhöhung um 60.000 Euro, sagt die Vereinsvorsitzende Elke Esser, „deckt noch nicht einmal die Futterkosten“. Dabei ist die Versorgung aufgelesener Vierbeiner, dazu von neulich 75 Hühnern, einer Schnappschildkröte und gar einer Giftspinne, kommunale Pflichtaufgabe. Das wäre, so Esser, „als würden wir die Müllabfuhr aus privaten Spendengeldern finanzieren“.
Zahl der ausgesetzten Haustiere steigt
Mit denen immerhin kann sie noch rechnen, im Ruhrgebiet sind die Menschen großzügig. Kleinere Städte, aber auch Köln, wo ein Heim gerade fürchtet, „in zwei, drei Jahren am Ende“ zu sein, haben da größere Probleme. Spenden, Beiträge, Sponsoring gehen zurück, die Zinskrise brachte Stiftungen „in eine Abwärtsspirale“, sagt Ralf Unna, Vizepräsident des Landestierschutzverbands mit Sitz in Herne. Von einer „gravierenden Schieflage“ spricht der Tierarzt. Die Kommunen handelten unverantwortlich, „die bedienen sich der Deppen vom Tierschutz“.
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25 Euro Kosten veranschlagt Ralf Unna für einen Hund am Tag, ein halbes Jahr müsse der laut Gesetzgeber versorgt werden. Macht rund 4500 Euro – im Schnitt zahle eine Stadt aber nur 200 Euro pro Hund. „Und wenn wir uns sechs Monate gekümmert haben, ist da ja immer noch ein Tier“, erregt sich Unna. „Das können Sie nicht entsorgen wie einen Regenschirm.“ Zumal die hilflosen Tiere, die im „Fundbüro“ Tierheim landen, mehr werden, anders als das Geld: Weil das in vielen Haushalten nicht mehr reicht, steigt die Zahl der ausgesetzten Haustiere. In diesen Wochen etwa, bestätigt Elke Esser, „werden die Weihnachtsgeschenke wieder abgegeben“.
Kampf ums Überleben
In Essens Tierheim, mit etwa 3000 „durchlaufenden“ Bewohnern einem der größten im Land, verlangen die Tierschützer, die Stadt möge wenigstens einen Euro pro Einwohner geben. Noch wird diskutiert, wobei sogar der zuständige Dezernent signalisiert: „Der städtische Zuschuss ist zu niedrig.“ In Gelsenkirchen haben sich Stadt und Verein kürzlich auf neue Verträge geeinigt, eine Unterdeckung aber bleibt. „Bei weiter steigenden Kosten wird’s dramatisch“, sagt Sprecher Bernd Reddig, „noch kriegt die Nase Luft, aber der Mund ist schon unter Wasser.“
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Wie in Krefeld, wo die Vereinbarungen zwischen Stadt und Tierheim im Januar ausliefen, ohne dass eine neue Lösung gefunden war: Eine Woche lang konnten keine Tiere abgegeben werden, unter anderem ein entlaufener Hund und ein Schwan mit blutigem Fuß kamen kurzfristig bei einem Tierrettungsdienst in Duisburg unter. Das dortige Tierheim bekommt von der Stadt ebenfalls nur ein Viertel des eigentlichen Etats. „Wir kämpfen alle ums Überleben“, sagt ein Heimleiter aus dem Revier.
Das war zwar, wie ein anderer zugibt, „schon immer so“, das Problem aber sind steigende Kosten. Wie viele Tiere kommen, bleiben wie lange, haben welche Krankheiten? Zu kalkulieren waren solche Posten noch nie, sicher ist nur: Sie werden allesamt teurer. Für „Snoopy“, „Jamal“ und „Ramino“ veranschlagt das Tierheim in Essen 3600 Euro, mindestens. Und bittet einmal mehr – um Spenden.