Münster. Lange Zeit hatte der Begriff Second Hand für viele den Charme alter Socken. Heute gilt Gebrauchtes als chic: „Für viele gehört Second Hand zum ökologischen Lebenskonzept“, sagt Daniela Kaminski vom Verband „Second Hand vernetzt“. Und Produkte aus zweiter Hand, sind auch im Internet zu haben.
Wegwerfen ist out, wiederverwerten ist in. Viele Verbraucher hätten zudem genug von Massenware und suchten nach Einzelstücken, um ihrer Individualität Ausdruck zu verleihen, sagt Daniela Kaminski. Zu den Läden und Trödelmärkten, die gebrauchte Mode, Bücher, Kindersachen oder Möbel anbieten, gesellen sich zunehmend Onlineshops und Portale, über die Gebrauchtwaren im Netz zu haben sind.
Gerade mal fünf Jahre alt ist die Onlinetauschbörse kleiderkreisel.de, doch bereits 1,6 Millionen Mitglieder stöbern im virtuellen Kleiderschrank mit über 9,5 Millionen Artikeln. Sie bieten gebrauchte Kleidung, Schmuck, Schuhe oder Taschen zum Verkauf, aber auch zum Tausch an, können gezielt nach Größen oder Marken suchen und sich in Foren austauschen. Bislang war die Plattform, die sich über Werbung finanziert, für Mitglieder kostenfrei, aber das soll sich ab Ende November wohl ändern. Die Betreiber planen offenbar ein kostenpflichtiges Bezahlsystem einzuführen.
Armani für Sparsame bei rebelle.de
Im „Premium-Segment“ bewegen sich Anbieter wie rebelle.de, das 2013 gegründet wurde und sich im August mit dem ehemaligen Konkurrenten glamloop.com zusammengeschlossen hat. Nutzerinnen (denn es werden ausschließlich Kleidung, Schuhe, Schmuck und Taschen für Frauen angeboten) können dort gebrauchte Designermode kaufen und verkaufen. Bei rebelle stellt man entweder seine Artikel selbst online ein und schickt sie nach Verkauf an die Betreiber der Plattform, die sie auf Qualität und Echtheit prüfen und dann an den Käufer versenden.
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Oder man nutzt den sogenannten „Concierge-Service“, bei dem das Portal Angebotserstellung und Verkauf abwickelt, vergleichbar mit dem Gang zum Second-Hand-Laden, wo man Kleidung abgibt und der Händler alles weitere übernimmt. Die Provision liegt je nach Verkaufspreis bei pauschal 15 Euro oder mindestens 33 Prozent, plus 15 Euro je Artikel für den Concierge-Service. Daniela Kaminski sieht das Angebot solcher Shops mit Skepsis: „Gerade wir Frauen wollen doch auch mal anprobieren.“ Anprobieren: ja, zurückschicken: nein. So professionell die Plattformen auch auftreten – die Verkäufer sind vielfach Privatleute, der Umtausch ist daher in den AGB ausgeschlossen.
Einmal neu einrichten, bitte
Wer nicht nur seinen Kleiderschrank, sondern gleich die ganze Wohnung neu bestücken möchte, wird bei ebay-kleinanzeigen.de, markt.de, kalaydo.de oder dem genossenschaftlich organisierten fairmondo.de (bei dem sich manche Verkäufer dazu verpflichten, Anteile des Verkaufspreises für einen guten Zweck zu spenden) fündig. Sessel, Kühlschränke, Betten – über die Kleinanzeigen-Portale wechselt so einiges den Besitzer.
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Die Inserate sind kostenlos und funktionieren fast wie der traditionelle Aushang am schwarzen Brett: Möbelstück fotografieren, kurz beschreiben und auf Mails oder Anrufe der Interessenten warten. Daniela Kaminski rät Verkäufern, vorher Vergleichsangebote zu recherchieren, um den Preis realistisch gestalten zu können. Käufer sollten ein Sofa auch mal umdrehen und drunter gucken, bei Schranktüren den Quietschtest machen. „Als Käufer sollte man den Mut haben, Dinge auf den Kopf zu stellen.“ Ob man dann feilscht, ist letztlich eine Mentalitätsfrage.
Die gesünderen Kindersachen
Die Wiege des Second Hand liegt übrigens tatsächlich in der Wiege: „Die ersten Second-Hand-Läden waren Geschäfte für Kindersachen“, erklärt Daniela Kaminski. Und auch die sind heute online: Bei pollywoggie.de können Eltern verkaufen, was ihre Kinder nicht mehr brauchen. 2012 von vier Vätern gegründet, ist pollywoggie mit 5000 Artikeln ein Zwerg unter den Gebrauchtwarenportalen – doch mit seinen drei Jahren steckt es ja auch noch in den Kinderschuhen.
Wer etwas verkauft, zahlt eine vergleichsweise geringe Provision zwischen 4,75 und 8 Prozent des Preises. Abgesehen davon, dass Kinder schnell aus ihren Sachen herauswachsen und daher ständig Neues brauchen, spricht auch ein medizinisches Argument für Second Hand. „Viele Ärzte raten aufgrund ihrer Erfahrungen mit Allergien zu gebrauchten Möbeln für Kinderzimmer und zu gebrauchter Kinderkleidung“, sagt Daniela Kaminski. Schädliche Stoffe seien dann weitestgehend ausgedünstet bzw. ausgewaschen.