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es ist tatsächlich immer wieder die gute alte Lichtburg in Essen, die mal Glamour, mal Glanz ins Revier bringt. Eine Werkschau mit den Filmen von Wim Wenders (79) sorgte dafür, dass der Kultregisseur wieder in seinem erklärten Lieblingskino zu Gast war. Die Reihe brachte auch Raritäten wie das Schwarzweiß-Roadmovie „Alice in den Städten“ von 1974 zum Wiedersehen, das ja zum Teil im Ruhrgebiet entstanden ist. In Deutschlands größtem, manche sagen: schönstem, auf jeden Fall: plüschigstem Filmtempel verriet uns der Altmeister nicht nur, was er als nächstes dreht und danach (vielleicht sogar mit Sandra Hüller) plant, sondern auch, warum: „Ich kann nicht im Strandkorb sitzen und nichts tun. Ich langweile mich. Für mich ist Arbeit ein Lebenselixier. Ich bin bekennender Workaholic.“

Außerdem gab es in der Lichtburg diese Woche einen sehr anderen Christoph Maria Herbst zu sehen, der in der Bestsellerverfilmung „Der Buchspazierer“ einen alten und gebrochenen Mann spielt, der Bücher zu seinen Kunden bringt und sich dabei vorkam wie ein Alm-Öhi. Herbst witzelte was von „Karriereende“, andere Rollen werde er jetzt wohl kaum noch bekommen...

Bei Carolin Kebekus muss man wohl eher von einer Karrierewende sprechen. Dass sie im Januar mit 43 im Januar Mutter geworden ist, nimmt sie zum Anlass, ihre neue Rolle von allen Seiten und sehr offen auf der Bühne zu beleuchten, um Klischees und Vorurteile zu zertrümmern, eine Mischung aus Satire, Mission und Mutterwitz.

Gar nicht witzig fand der Tenor Torsten Kerl, was ihm an Anfang seiner Karriere in Gelsenkirchen passiert ist. Der Mann, inzwischen international gefragt, hat eine Agentur gegründet, die jungem, hoffnungsvollen Talenten dabei hilft, nicht dieselben Fehler zu machen wie er: „Manches grenzt an Abzocke“. Im Gespräch bei seinem Redaktionsbesuch gibt er auch den Grund für seine Nachwuchsförderung an: Anders als viele andere Kolleginnen und Kollegen glaubt er nämlich nicht, dass die Opernwelt untergehen wird, wenn er selbst einmal nicht mehr singt.

Eindrucksvoll unter Beweis stellt das die neue Produktion der Jungen Oper Dortmund: Ihre „Marie Antoinette“ rauscht im flotten Wirbel aus historischen Fakten über die Bühne. Einen etwas anderen Akzent möchten die neuen Intendanten Marek Tůma und Armen Hakobyan im Essener Aalto-Ballett setzen: „Wir wollen es nachdenklich gestalten, etwas für Kopf und Fantasie einbringen,“ sagten sie im Gespräch mit uns.

Ein zerfetztes Haus, Lügen, Besäufnisse – nein, das ist nicht das neue Aalto-Ballett, sondern die Inszenierung des Bühnenrenners „Eines langen Tages Reise in die Nacht“ von Johan Simons am Schauspielhaus Bochum. Rund um die Selbstzerfleischung einer Familie gibt es viel zu sehen, unter anderem auch die neu erwachte Liebe des Intendanten zu den Figuren auf der Bühne.

Haben Sie ein liebevolles Kultur-Wochenende mit viel Witz!

Herzlich grüßend

Ihr

Jens Dirksen,

WAZ-Chefreporter Kultur