Arhen. Absicht? Unvermögen? Chaos? Die Verhandlungen der führenden Parteien in Athen über die von der EU geforderten Staats-Reformen und Etatkürzungen gestalten sich extrem schleppend. Unterdessen zeigen erste Berechnungen, dass der Schuldenschnitt für das Pleiteland teuer wird für den deutschen Steuerzahler

Die Gespräche der führenden Parteien in Griechenland über die Bedingungen für das neue 130-Milliarden-Euro schwere Rettungspaket sollen am Mittwochvormittag fortgesetzt werden. Wie aus Regierungskreisen verlautete, werde Regierungschef Lukas Papademos die Vertreter der großen Parteien ab 11.30 Uhr (MEZ) in Athen treffen. Besprochen werden soll dann ein mit EU und IWF abgestimmter Entwurf für weitere Reformen, hieß es in den Kreisen weiter. Die meisten Punkte seien bereits geklärt. Die Politiker sollen bei dem Treffen die Möglichkeit haben, sich bei einzelnen fiskalischen Maßnahmen für konkrete Optionen zu entscheiden. Es geht um den Abbau tausender Jobs in der Verwaltung, Gehaltskürzungen bei Staatsangestellte, den Umbau der Finanzbehörden.

Verstrichene Fristen, verspätete Unterlagen

Eigentlich sollte das Treffen bereits am Dienstagabend stattfinden. Es wurde aber überraschend verschoben, weil wichtige Unterlagen nach Angaben von Teilnehmern nicht rechtzeitig vorlagen. Die Verhandlungen über die Bedingungen des neuen Rettungspaket gestalten sich äußert holprig. Treffen wurden mehrfach verschoben, Fristen sind verstrichen. In Kreisen der Euro-Zone hieß es, das Gesamtpaket müsse auf jeden Fall vor dem 15. Februar unter Dach und Fach sein, sonst droht dem hoch verschuldeten Land die Staatspleite.

Unterdessen gingen auch die Verhandlungen zwischen griechischen Vertretern und privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt weiter. Nach einem Treffen am Dienstagabend sagte ein Sprecher der Gläubigerseite, die Gespräche verliefen "konstruktiv." Details wurden nicht bekannt. Teilgenommen hatten der griechische Ministerpräsident und Finanzminister sowie auf Gläubigerseite Vertreter des Internationalen Bankenverbands IIF. Zu ihnen zählten Geschäftsführer Charles Dallara und der Vorsitzende des Verbandes, der scheidende Deutsche-Bank -Chef Josef Ackermann. Athen verhandelt seit Monaten mit Vertretern der Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) über die Bedingungen für ein zweites Hilfspaket im Umfang von mindestens 130 Milliarden Euro. Daneben spricht Athen mit den privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt, der das Land um rund hundert Milliarden Euro entlasten soll. Die Zeit drängt auch deshalb, weil das mit 350 Milliarden Euro verschuldete Land am 20. März mehr als 14 Milliarden Euro an Staatsanleihen zurückzahlen muss, andernfalls droht die Pleite.

Schuldenschnitt wird offenbar teuer für die Steuerzahler

Die geplante Beteiligung von Banken und Versicherungen an der Rettung Griechenlands bleibt offenbar zu einem großen Teil am Steuerzahler hängen. Formal soll der im Herbst vereinbarte Forderungsverzicht staatliche Geldgeber zwar nicht treffen. Nach Berechnungen des Kieler Instituts für Wirtschaftsforschung (IfW) und der Zeitung "Die Welt" könnten jedoch Belastungen von mehr als 25 Milliarden Euro allein bei deutschen Steuerzahlern landen. Ein Verzicht auf einen Teil der staatlichen Hilfskredite für Griechenland, der nach Informationen der Zeitung ebenfalls diskutiert werde, würde diese Belastungen weiter in die Höhe treiben.

Trotz der kritischen Lage in Griechenland sind die Deutschen optimistischer als vor vier Monaten, dass die Euro-Staaten die Staatsschuldenkrise in den Griff bekommen. 53 Prozent der Bundesbürger sind einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Forsa-Instituts für das Magazin "Stern" zufolge überzeugt, dass der Euro verteidigt werden kann. Im Oktober glaubten das 41 Prozent.