Berlin. Nach den Sommerferien wird in den Kindertagesstätten nicht mehr gestreikt. Die Gewerkschaft Verdi hat einem Kompromiss in den Tarifverhandlungen zugestimmt. Das gab Verdi-Chef Frank Bsirske am Montag bekannt. Die Erzieherinnen sollen monatlich im Schnitt 120 Euro mehr erhalten.
Im monatelangen Kita-Tarifstreit haben Gewerkschaften und Arbeitgeber eine Einigung erzielt. «Es gibt ein Ergebnis», sagte Verdi-Chef Frank Bsirske am Montagnachmittag vor Journalisten in Frankfurt am Main. Die Einigung bedeute monatlich im Schnitt 120 Euro mehr pro Erzieherin. Laut dbb tarifunion, die ebenfalls an den Verhandlungen teilnahm, wurden bei den Erzieherinnen Einkommensverbesserungen von bis zu 10 Prozent, oder bei Sozialarbeitern mit besonderer Fallverantwortung ein Plus von teilweise über 250 Euro erzielt.
Auch beim Thema Gesundheitsschutz hätten sich die Arbeitgeber deutlich auf die Gewerkschaften zu bewegt. Die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst erhielten endlich einen individuellen Anspruch auf eine betriebliche Gefährdungsbeurteilung, sagte der Verhandlungsführer der ddb tarifunion, Willi Russ. Bsirske sagte, neben der Tariferhöhung sei auch ein Tarifvertrag zur Gesundheitsförderung erreicht worden. Zudem solle es künftig pro Monat und Erzieherin einen Sozialpädagogen mehr geben.
Vor der Verdi-Streikkonferenz hatte am Montag schon die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) dem Angebot der Arbeitgeber für die rund 220.000 Beschäftigten der kommunalen Sozial- und Erziehungsdienste zugestimmt. Die Kita-Beschäftigten kämpften seit Mitte Mai mit Streiks um mehr Gehalt und mehr Gesundheitsschutz.
Kontroverse Diskussionen bis zum Schluss
Die knapp 300 Streikdelegierten von Verdi diskutierten am Montagnachmittag unerwartet kontrovers über den Verhandlungskompromiss, dem die Gremien von Arbeitgebern und GEW bereits bis zum Mittag zugestimmt hatten. Die Einigungsvorlage sieht eine neue Gehaltseingruppierung und einen besseren Gesundheitsschutz für die 220.000 Beschäftigten in den kommunalen Kindertagesstätten und Sozialeinrichtungen vor.
52 Berufsgruppen betroffen
Der Kompromiss sei erst um 10.10 Uhr endgültig ausgearbeitet gewesen, sagte der Sprecher zu der zeitlichen Verzögerung. Insgesamt seien 52 verschiedene Berufsgruppen davon betroffen, erklärte Jurtzyk weiter. Zunächst seien nicht für alle davon alle notwendigen Berechnungsgrundlagen verfügbar gewesen.
Bei allen ging es um die Eingruppierung der Beschäftigten, die bis 2005 nach dem Bundesangestelltentarif (BAT) vergütet wurden und für die seitdem nur sogenannte Tarifvertragsübergangsregelungen gelten. Für sie sollte ein neuer Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes abgeschlossen werden.
Grundsätzlich strebe Verdi eine große Mitgliederbeteiligung in der Lösung des Tarifkonflikts an. Nach dem positiven Votum der Gremien wird wohl noch eine Urabstimmung über die Einigung erfolgen. Die Mitglieder der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) werden dann ebenfalls noch zu einer Urabstimmung über das Ergebnis aufgefordert. Die rund 70 Delegierten stimmten nach ihren Angaben einstimmig der Vorlage zu.
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Über Details des von der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) erarbeiteten Kompromisses wurde zunächst nichts bekannt. VKA-Sprecherin Katja Christ sagte der Nachrichtenagentur AP lediglich, es werde sowohl die Eingruppierung der Beschäftigten als auch der Gesundheitsschutz geregelt. Obwohl über Prozente nie gesprochen worden sei, habe die Einigung «natürlich Auswirkungen auf das Gehalt».
Ver.di-Chef Frank Bsirske hatte am frühen Morgen von einer «Einigungswahrscheinlichkeit von über 95 Prozent» gesprochen. Der seit Ende Januar laufende Tarifkonflikt hatte sich über Monate immer weiter verhärtet und mehrfach zu bundesweiten Kita-Streiks geführt.
500 bis 750 Millionen Euro zusätzlich erwartet
Der Städte- und Gemeindebund erwartet von der Einigung eine Mehrbelastung für die Kommunen in Höhe von 500 bis 750 Millionen Euro pro Jahr. «Wenn wir mal davon ausgehen, dass der Abschluss sicherlich nicht unter dem letzten Angebot der Arbeitgeberseite liegt - das war durchschnittlich bei etwa 11,62 Prozent - dann müssen wir davon ausgehen, dass die Kommunen mit einem hohen dreistelligen Millionenbetrag belastet werden pro Jahr», sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem NDR. «Also, wir gehen mal geschätzt von etwa 500 bis 750 Millionen pro Jahr zusätzlich aus», fügte er hinzu. (ap/afp)