Köln. . Der Verband der Kinder- und Jugendärzte schlägt Alarm: Rund 500.000 Kinder leiden immer wieder Hunger - und das in Deutschland. Die gesundheitlichen Folgen seien verheerend. Eiweißmangel führe zur Unterentwicklung des Gehins und mangelndem Muskelaufbau.
Hunderttausende Kinder bekommen in der Bundesrepublik nicht genug zu essen. „Man kann davon ausgehen, dass etwa 500.000 Kinder in Deutschland regelmäßig nicht ausreichend ernährt werden und immer wieder Hunger leiden“, sagte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Wolfram Hartmann, der Nachrichtenagentur dapd anlässlich des Welthungertags am Sonntag (16. Oktober). Der Mediziner sprach von einem schlimmen Zustand. „In Deutschland darf kein Kind Hunger leiden.“
Die Folgen einer unzureichenden Ernährung in jungen Jahren sind Hartmann zufolge verheerend. Der Eiweißmangel führe zu einer Unterentwicklung des Gehirns und zu mangelndem Muskelaufbau. „Kinder, die fehlernährt oder unterernährt sind, sind zeitlebens benachteiligt. Die Folgeschäden kann man nie wieder korrigieren.“
„Inkompetenz der Familien“
Dass Kinder in Deutschland Hunger leiden, liegt nach Ansicht des Verbandspräsidenten nicht nur an der Höhe der Hartz-IV-Sätze. Verantwortlich sei auch „die Inkompetenz etlicher Familien, mit Geld zu haushalten und Kinder adäquat zu ernähren“. Oft werde Geld für überflüssige Lebensmittel wie Limonade ausgegeben, weshalb am Monatsende kein Geld für mehr als eine Mahlzeit täglich vorhanden sei, kritisierte Hartmann in Köln.
Auch in Familien mit höherem Einkommen fehlt nach Ansicht des Experten oft das Bewusstsein für gesunde Ernährung mit frischen Zutaten. Zu viel Fett und Zucker würden dazu führen, dass Kinder häufig naturbelassene Nahrungsmittel als fad empfänden, sagte Hartmann. Eltern müssten diese Prägung verhindern, aber auch Kindertagesstätten müssten mehr Wert auf gesunde Ernährung legen.
Der Mediziner kritisierte das Scheitern einer Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel. Die heutige Kennzeichnung von Inhaltsstoffen erreiche nur Bevölkerungsschichten, die sich ohnehin gesundheitsbewusst ernährten. „Wir brauchen eine einfache Kennzeichnung, die auch Kinder und bildungsferne Familien verstehen“, forderte Hartmann. (dapd)