Berlin. . Zu den Brandanschlägen auf Berliner Bahnstrecken ist ein neues Bekennerschreiben aufgetaucht. Die vermutlich linksextremen Täter behaupten, mit ihren Aktionen niemanden verletzen zu wollen. Derweil streiten die Parteien über die Gefährlichkeit der Brandsatz-Leger.

Den vierten Tag in Folge ist im Schienennetz der Bahn in Berlin ein Brandsatz entdeckt worden. Mit dem Fund am Südkreuz am Donnerstag seien mittlerweile 17 Brandsätze an neun Tatorten gefunden worden, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft. Die Karlsruher Behörde hatte am Vortag wegen des Verdachts der verfassungsfeindlichen Sabotage die Ermittlungen übernommen. Verletzt wurde durch die Brandsätze, deren Urheber nach einem Bekennerschreiben in der linksextremen Szene vermutet werden, bisher niemand. Die Bahn hat für Hinweise auf die Täter eine Belohnung von 100.000 Euro ausgesetzt.

Die Anschläge schürten eine neue Debatte über die Gewaltbereitschaft in der linken Szene. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich sprach von einer „neuen Dimension linksextremistischer Gewalttaten“. Von Linksterrorismus wollte der CSU-Politiker aber nicht sprechen. „Aber wir müssen äußerst wachsam sein, dass die in den Anschlägen zum Ausdruck kommende Gewaltbereitschaft sich nicht zu einem neuen Linksterrorismus entwickelt“, sagte Friedrich „Focus-Online“.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner warnte davor, die Brandanschläge in Berlin und Brandenburg zu bagatellisieren. "Die heute zu hörenden Relativierungen der Straftaten sind nicht akzeptabel", teilte Lindner am Donnerstag in Berlin mit. Er forderte SPD, Grüne und Linke auf, "der Gefahr eines gewaltbereiten Linksextremismus entschieden entgegen zu treten".

SPD-Experte: Kein Vergleich mit der RAF

Der Innenexperte der SPD, Dieter Wiefelspütz, warnte indes vor Übertreibungen. Er sehe keine Anhaltspunkte für einen neuen Linksterrorismus in Deutschland, sagte der Politiker am Donnerstag im Deutschlandfunk. Bei diesen Straftaten gehe es bei aller berechtigten Empörung um einen Eingriff in den Schienenverkehr, aber nicht um "wahlloses Töten", fügte Wiefelspütz hinzu.

Ein Vergleich etwa mit der Rote Armee Fraktion (RAF) verbiete sich, sagte er weiter. Deshalb werde gegen die unbekannten Täter auch wegen des Verdachts der verfassungsfeindlichen Sabotage ermittelt.

Polizeipräsident: „Linksextremistische Szene wird militanter“

Nach Einschätzung des Präsidenten des niedersächsischen Verfassungsschutzes, Hans-Werner Wargel, wird die linksextreme Szene immer militanter. Ein besonders gewaltbereiter Kern schrecke inzwischen nicht mehr davor zurück, „bei Brandanschlägen auch Menschenleben konkret und unmittelbar zu gefährden“, sagte Wargel der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) lehnte es ab, im Zusammenhang mit den Brandanschlägen von Terrorismus zu sprechen. Er gehe davon aus, dass hinter den Anschlägen nur eine kleine Gruppe stehe, „die keine Resonanz, nicht einmal im linksextremistischen Bereich, findet“. Die Täter hätten schwerste Kriminalität begangen, sie hätten Menschenleben gefährdet, sagte Körting dem RBB-Inforadio: „Die Bezeichnung ist mir relativ egal.“

Neues Bekennerschreiben aufgetaucht

Die Täter in einem neuen Bekennerschreiben den Vorwurf des Terrorismus zurück. Weder durch die gezündeten noch durch die von der Polizei entschärften Brandsätze habe eine Gefahr für Menschen bestanden, heißt es in dem auf dem linken Internetforum „Indymedia“ veröffentlichtem Schreiben. Ziel der Anschläge sei gewesen, „die Signal- und Datenkommunikationen zu unterbrechen“.

Zum Zeitpunkt der Entdeckung aller Brandsätze seien diese nicht mehr aktiv und somit auch nicht zündfähig gewesen, schreiben die Autoren weiter. Nach Angaben der Gruppe bestanden sie aus elektronischen Zeitgebern mit drei Batterien und Flaschen mit Brandbeschleunigern. In Berlin und Brandenburg waren seit Montag 17 Brandsätze entdeckt worden, von denen zwei zündeten. (dapd/rtr).