Berlin. .

Die Brandanschläge auf Bahnen sorgen in Berlin für Verunsicherung und Empörung. Nach Ansicht des CDU-Landeschefs Henkel zeugen die Attacken von einem „Aufrüsten der Linksextremen“. Jetzt ermittelt die Bundesanwaltschaft.

Die Serie von Brandsatz-Funden an Bahnanlagen in Berlin und brandenburgischem Umland reißt nicht ab. Dadurch sind Fern-, Regional- und S-Bahnverkehr am Mittwoch den dritten Tag in Folge stark behindert worden. Viele Fahrgäste mussten Verspätungen und Umleitungen hinnehmen. Unterdessen geht die Debatte über die Sicherheit von Bahnanlagen und den Umgang mit den offenbar zur linksextremen Szene zählenden Tätern weiter.

Seit Wochenanfang attackieren Unbekannte die Bahn mit Brandsätzen. Dabei wählten sie so zentrale Verkehrsknotenpunkte wie den Berliner Hauptbahnhof aus. Zudem gibt es inzwischen offenbar auch Nachahmungstäter.

Nach Ansicht des Berliner CDU-Landes- und Fraktionschefs Frank Henkel zeugen die versuchten und ausgeführten Anschläge vom „Aufrüsten der Linksextremen“. Die Gesellschaft dürfe nicht den Fehler der 70er Jahre machen, derartige Gewalttaten zu verharmlosen. „Das sind Anschläge auf unsere Gesellschaft“, sagte Henkel. Beide Politiker äußerten sich nach dem Auftakt der Verhandlungen zur Bildung einer großen Koalition in Berlin. An Bahnstrecken in Berlin waren zuvor erneut Brandsätze entdeckt worden.

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Nach den Brandanschlägen hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. Der Verdacht richte sich gegen bislang unbekannte Täter wegen des Vorwurfs der verfassungsfeindlichen Sabotage und anderer Straftaten, teilte ein Sprecher am Mittwoch in Karlsruhe mit.

Gezündeter Brandsatz entdeckt

An der ICE-Strecke Berlin-Hamburg nahe Berlin-Staaken wurde am Vormittag ein Brandsatz entdeckt, der bereits gezündet war. Wann der Behälter brannte, war zunächst unklar, sagte ein Polizeisprecher. In der Nähe war bereits vor zwei Tagen ein Anschlag verübt worden; der zweite Brandsatz wurde nach Angaben der Deutschen Bahn AG bei den Reparaturarbeiten entdeckt. Verletzte gab es nicht. Einen weiteren Brandsatz, der nicht gezündet war, entdeckte der Fahrer einer S-Bahn zwischen den Bahnhöfen Südkreuz und Schöneberg.

Die ICE-Trasse nach Hamburg im Berliner Westen ist noch wegen der Explosion eines ersten Brandsatzes nahe Brieselang vor zwei Tagen gesperrt. Der neuerliche Schaden wurde bei den damit verbundenen Reparaturmaßnahmen entdeckt, wie ein Bahnsprecher sagte. Der Fernverkehr werde mit Einschränkungen auf Parallelgleisen vorbeigeführt. Die Umleitungen wirkten sich auch auf den Regionalverkehr in diesem Bereich aus. Wegen des zweiten Funds an der S-Bahn-Ringstrecke sind seit dem Vormittag mehrere S-Bahn-Linien unterbrochen.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nannte die Anschläge „verbrecherische, terroristische Ansätze einer neuen Dimension“. Er lobte zugleich die Sicherheitsbehörden, weil sie die meisten Anschläge vereiteln konnten.

Wowereit sieht keinen neuen Linksterrorismus

Es sei ein „furchtbarer Zustand“, wenn Menschen durch solche Anschläge gefährdet würden, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Dies müsse bekämpft werden. Der Regierungschef fügte hinzu, die Verantwortlichen würden alles unternehmen, „um die Täter zu fassen“. Von einem neuen Linksterrorismus geht der Regierungschef nicht aus.

Nach Einschätzung von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) handelt es sich bei den Ereignissen um einen Tatkomplex. Alle Experten gingen davon aus, dass keine weiteren Brandsätze nach dem Bekennerschreiben vom Montag deponiert worden seien, sagte seine Sprecherin Nicola Rothermel auf dapd-Anfrage. Sie würden nun nach und nach gefunden.

Bahn lobt 100.000 Euro für Hinweise aus

Die Deutsche Bahn hat eine Belohnung von 100.000 Euro für Hinweise auf die Täter der jüngsten Brandanschläge ausgesetzt. Das teilte das Unternehmen am Mittwochabend mit. "Über Zuerkennung und Verteilung der Belohnung wird nach Maßgabe der Bedeutung der Hinweise entschieden", erklärte die Bahn. Ausgenommen seien Beamte, zu deren Berufspflicht die Verfolgung strafbarer Handlungen gehöre.

Die Bundespolizei hat seit den ersten Funden die Überwachung der Bahnanlagen verstärkt. Vor allem gelte die erhöhte Aufmerksamkeit den Verkehrsknotenpunkten, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Aber Beamte würden auch gezielt Abschnitte der insgesamt 6400 Kilometer langen Bahnstrecke in Berlin und Brandenburg ablaufen. Das Sicherheitskonzept beruhe auf einer engen Kooperation mit den Mitarbeitern der Bahn.

Bahnstrecken werden inspiziert

Im Falle eines Brandes gebe es eine Fehlermeldung und die Strecke werde nicht mehr befahren, sagte der Sprecher. Damit sei die Wahrscheinlichkeit, dass Fahrgäste direkt zu Schaden kommen, relativ gering, aber keineswegs ausgeschlossen. Der Bahnbetrieb werde jedoch in jedem Fall nachhaltig gestört.

Unterdessen rufen die Ereignisse offenbar auch Trittbrettfahrer auf den Plan. Nach dem Fund von in Brand gesetzten, aber bereits erloschenen Kanistern in Friedrichshain am Mittwochmorgen vermutet die Polizei eine „Nachahmungstat“. (dapd/afp)