Brüssel. . Die Ruhrgebietsstadt Bottrop könnte zur europäischen Vorzeigestadt in Sachen Klima werden. EU-Kommissar Günther Oettinger sieht „gute Chancen“ für Bottrop. Oberbürgermeister Tischler freut sich schon im Voraus.
Die Ruhrgebietsstadt Bottrop kann sich Hoffnung machen, europaweit zu einer Vorzeigeregion in Sachen Klimaschutz gekürt zu werden. „Die Chancen stehen gut, dass Bottrop zwischen Kopenhagen oder London oder anderen europäischen Städten nächstes Jahr eine Modellregion für Europa wird“, sagte EU-Energiekommissar Günther Oettinger am Mittwochabend in Brüssel.
Bottrop bewirbt sich für das EU-Förderprogramm „Smart Cities and Communities“. Bis 2020 will die Bergbaustadt den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase halbieren. Gebäude sollen gedämmt werden und Elektroautos durch Bottrop rollen. Die Stadt setzt zudem auf erneuerbare Energien. Bei dem Vorhaben „InnovationCity Ruhr“ machen Konzerne wie RWE, Eon und Steag mit.
Oettinger hat wenig Vorstellungen von Bottrop
„Ich habe mir bisher unter Bottrop wenig vorgestellt“, sagt EU-Energiekommissar Oettinger in der Brüsseler NRW-Landesvertretung. Dort wirbt Oberbürgermeister Bernd Tischler für das Klimaprojekt. Bottrop, sagt Oettinger, habe weder mit Fußball noch mit Kultur seine Aufmerksamkeit erregt. Das schaffte die Stadt erst mit ihren Klimaschutz-Plänen. Die begeistern den Energiekommissar.
Wenn ein Ballungsraum Modellregion werden könne, dann der zwischen Rhein und Ruhr - „der erste Industrieraum Deutschlands und der größte Ballungsraum Europas“. Gerade in Metropolregionen müsse viel geschehen, damit die EU ihre Klimaziele erreiche. Bis 2050 soll Europas Treibhausgas-Ausstoß um 80 Prozent sinken.
Oberbürgermeister Tischler will Impulsgeber sein
Bei der Gebäudesanierung sei bisher vor allem das Äußere wichtig gewesen, zum Beispiel eine schöne Fassade, sagt Oettinger. Künftig stehe das Energiesparen im Vordergrund: „In den nächsten Jahrzehnten muss der Schwerpunkt auf der nicht sichtbaren Sanierung liegen, der Dämmung oder dem Einbau neuer Anlagen.“ Um die EU-Klimaziele zu erreichen, sei zudem eine „neue Mobilität“ wichtig, zum Beispiel gemeinschaftlich genutzte Elektroautos.
Oberbürgermeister Tischler freut sich. All das ist in seiner Stadt geplant. „Wir wären gern ein Impulsgeber in Richtung Deutschland und Europa“, sagt er in Brüssel. Er zeigt anhand vieler Schaubilder, wie Bottrop Klima-Vorzeigestadt werden will.
Mittels Faulgas aus einer Kläranlage soll Energie für eine Schule erzeugt werden. An der Autobahn A42 ist eine Photovoltaik-Lärmschutzwand geplant. Und natürlich: Gebäude sollen saniert werden. „Nur, wenn Hauseigentümer und Mieter in Energieeffizienz investieren, schaffen wir unsere ehrgeizigen Ziele“, sagt Tischler. Er glaubt: „Die Bottroper sind wild entschlossen, diesen Weg mitzugehen.“
NRW ist für ein Drittel der deutschen Treibhausgase verantwortlich
Das Land NRW, in Brüssel an diesem Abend vertreten von Staatskanzlei-Chef Franz-Josef Lersch-Mense, unterstützt Bottrop. „Wir hoffen, dass dieses Projekt Schule macht – in der Region, in Deutschland und hoffentlich auch in Europa“, sagt der SPD-Politiker.
NRW wolle Vorreiter beim Klimaschutz sein, schließlich sei das Land für rund ein Drittel aller bundesweit ausgestoßenen Treibhausgase verantwortlich. Jüngst habe die rot-grüne NRW-Regierung ein Gesetz zur Klimaschutzförderung verabschiedet. Das gebe es weder im Bund noch in einem anderen Bundesland, sagt Lersch-Mense. Dabei sei Klimaschutz ein „Fortschrittsmotor“ für die Industrie.
Bottrop ist schon „Klimastadt der Zukunft“
Genauso sieht das Wulf Bernotat, einst Chef des in NRW ansässigen Energiekonzerns Eon. In Brüssel vertritt er an diesem Abend den Initiativkreis Ruhr. Dieser Zusammenschluss von etwa 70 Unternehmen kürte Bottrop im November in einem revierweiten Wettbewerb zur Klimastadt der Zukunft.
Bernotat lobt die „InnovationCity Ruhr“: „Die Unternehmen begeben sich dort in eine Art Labor-Situation.“ Evonik plane ein CO2-Forschungszentrum, Eon erprobe die Energiespeicherung, Steag baue das Fernwärmenetz aus. „Die Industrie ist nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung.“