Berlin. . Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) rechnet offensichtlich damit, dass einzelne Euro-Staaten mittelfristig pleite sind. Deshalb lässt er ein Verfahren vorbereiten, wie die Insolvenz solcher Staaten abgewickelt werden kann.
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler dringt auf klare Regeln für eine geordnete Insolvenz hoch verschuldeter Staaten der Eurozone. Rösler hat nach Angaben aus Regierungskreisen Eckpunkte für ein Verfahren erarbeiten lassen, die in den Vertragsentwurf über den permanenten Krisenmechanismus ESM einfließen sollen,
Das Bundesfinanzministerium reagierte zurückhaltend, aber offen. „Zurzeit verhandeln wir in Brüssel die Leitlinien für die konkrete Anwendung und Nutzung des vorläufigen Rettungsschirms EFSF zu Ende“, erklärte das Ministerium. Danach werde man sich dem geplanten dauerhaften Stabilitätsmechanismus ESM widmen. Dazu zeichne sich eine Diskussion über die Weiterentwicklung und Vertiefung der Europäischen Union in Hinblick auf die Finanzpolitik ab. Auch die Themen automatische Sanktionen oder die Frage der Beteiligung privater Gläubiger, wie sie im ESM skizziert ist und „gegebenenfalls darüber hinaus“, dürften dabei eine Rolle spielen. „Zu dieser Diskussion können die Vorschläge aus dem Bundeswirtschaftsministerium sicherlich fruchtbar beitragen“, hieß es in der Stellungnahme des Finanzministeriums.
Nicht in die Pleite führen, sondern wirtschaftlich „fit“ machen
Die Vorschläge aus dem Wirtschaftsministerium waren nach Angaben Regierungskreisen in einem Brief von Staatssekretär Stefan Kapferer an Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen enthalten. „Ziel eines solchen Restrukturierungsverfahrens muss es sein, dass ein angeschlagenes Land, das sich aus eigener Kraft nicht mehr helfen kann, seine wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zurückerlangt und gestärkt aus dem Restrukturierungsprozess herauskommt“, heißt es in dem Brief. „Mit Blick auf die angestrebte Resolvenz des betroffenen Landes kann deshalb auch von einem Resolvenzverfahren gesprochen werden.“ Dies solle nicht dazu führen, dass ein Land pleitegehe, sondern dass es wirtschaftlich wieder „fit“ werde.
Wenn ein Land seine Schulden nicht mehr tragen könne, müsse ein festgelegtes Verfahren beginnen, heißt es in dem Reuters vorliegenden Brief. Gegebenenfalls müsse es dabei eine Einschränkung von Souveränitätsrechten in Kauf nehmen. Das Verfahren müsse ein unabhängiges Gremium führen, das die Verhandlungen zwischen Schuldnerstaat und Gläubigern organisiert und überwacht. Perspektivisch könne ein „Europäischer Währungsfonds“ als Nachfolger des ESM diese Aufgabe übernehmen. Parallel zu den Verhandlungen müsse das Land ein glaubwürdiges Sanierungsprogramm zur Etatkonsolidierung aufstellen. „Finanzhilfen des ESM sollten nur erfolgen, wenn sich die Gläubiger angemessen beteiligen.“ Könnten sich Schuldenland und Gläubiger nicht einigen, müsse das für beide Seiten mit erheblichen Nachteilen verbunden sein - etwa mit dem Zugriff auf die Vermögenswerte des Landes und mit Vermögensverlusten für die Gläubiger. (rts)