Hamburg. Weil es im Verkehrsverbund der Hansestadt künftig Bußgelder für's Konsumieren von Alkohol geben soll, haben mehrere Gruppen des Social Networks zum “Abschiedstrinken“ eingeladen - und tausende wollen mitmachen. Es könnte im Chaos enden

Die Tage des Wegbiers im Hamburger Nahverkehr sind gezählt. Das Konsumieren von alkoholischen Getränken sowie das bei sich tragen von geöffneten Flaschen ist im Verkehrverbund der Hansestadt (HVV) schon seit September verboten. Aber ab dem 1. Oktober, diesen Samstag also, bleibt es nicht bei einer Verwarnung, sondern es werden 40 Euro Strafe fällig. Der Abschied vom Party-Vorglühen auf der Hinfahrt soll gebührend gefeiert werden. Deswegen rufen unzählige Mitglieder des sozialen Netzwerkes Facebook im Internet zum HVV-Abschiedstrinken auf – allein in der wohl größten Gruppe hatten sich zwischenzeitlich mehr als 11 000 Menschen am 30. September um 20 Uhr zum Trinken auf dem Hamburger Hauptbahnhof verabredet, etliche Splitter-Gruppen wollen sich nach und nach anschließen.

Zustände wie bei Thessas Fete?

Nimmt man diese Zahlen ernst, dann drohen in Hamburg ähnlich chaotische Zustände wie Anfang Juni, als mit Thessas Geburtstag die Facebook-Party in Hamburg geboren wurde. Damals kamen 1500 ungebetene Gäste nach Hamburg-Bramfeld, weil die damals 15-jährige aus Versehen öffentlich bei Facebook zu ihrer Geburtstagsparty eingeladen hatte. Das HVV-Abschiedstrinken am Freitag wird Thessas „Sweet Sixteen“-Party möglicherweise wie ein Kindergeburtstag aussehen lassen.

Der Gründer der zeitweise größten Facebook-Gruppe, „Lutz Aigner“, hatte sich in seinem Facebook-Profil nach dem HVV-Sprecher benannt – und in Klammern „Dei Ne Mudda“ angefügt. Damit verwies er auf den Facebook-Nutzer, der vor wenigen Wochen schon einmal eine Gruppe HVV-Abschiedstrinken gegründet hatte – und kalte Füße bekam, als sich innerhalb kürzester Zeit 17 000 User dazu anmeldeten. Er fordert öffentlich dazu auf, „ZUHAUSE bei euch im stillen ein Gedenk-Getränk angesichts das Alkoholverbotes im HVV zu trinken!!“. Mittlerweile wurde auch die Gruppe "Lutz Aigner" wieder geschlossen - womöglich aus Furcht vor den möglichen Konsequenzen der Aktion.

Oder noch schlimmer: das Beispiel London

Wie solch ein Abschiedstrinken aussehen kann, war am 31. Mai 2008 in London zu erleben – damals stürmten Zehntausende, am Tag bevor das Alkoholverbot in Kraft trat, die öffentlichen Verkehrsmittel. Einige Linien wurden zeitweise abgeschaltet, Bahnhöfe abgesperrt und trotzdem waren die Schäden und Reinigungskosten immens. Um ähnliche Ausschreitungen in Hamburg zu verhindern, arbeitet der HVV eng mit der Polizei zusammen. Die Abschaltung einiger Linien, insbesondere der U3, in die der erste Gruppengründer “Dei Ne Mudda“ eingeladen hatte, dementiert der HVV, genau wie die komplette Sperrung einiger Bahnhöfe.

Der HVV habe noch keine konkreten Maßnahmen geplant, so Verkehrsverbund-Sprecherin Gisela Becker. „Die Entwicklung in den sozialen Netzwerken wird zur Lageanalyse genau beobachtet“, sagte Mirko Streiber, Leiter der Pressestelle der Hamburger Polizei, gegenüber dieser Zeitung, aus „polizeitaktischen Gründen“ könnten aber keine Details bekannt gegeben werden.

Der Facebook-User „Lutz Aigner“ hatte seine Gruppe auf alle Eventualitäten vorbereitet. So wurde von ihm kurzfristig die S1 anstatt der U3 als Partylinie im Internet benannt und er gab in der Gruppe bekannt:

„Da (...) der HVV die Party ganz bestimmt (vll) verhindern möchte, bitte ich euch mit euren Smartphones oder das von euren Freunden vorort auf diese Veranstaltungsseite zu schauen, FALLS einer der folgenden Fälle eintrifft:

1. Die S1 fährt den Hauptbahnhof nicht an oder der Zutritt wird uns versperrt / untersagt.

2. Die S1 hat komischerweise und zufällig längere Verspätung (max. 5 MIN)

3. Die S1 ist entgleist (Laut Leuchtanzeige :P )

4. Die S1 gibt es nicht mehr ;)

Falls nun einer dieser Punkte eintrifft, werde ich über eine gesicherte Leitung diese Veranstaltungsseite KURZFRISTIG ändern und groß und DICK eine NEUE Linie bekannt geben!

Dann laufen wir alle los und lachen darüber wie lahm die Polizei und der HVV ist :D“