Strassburg. . Die russische Regierung hat laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Rechte des Ölkonzerns Jukos verletzt. Eine politische Motivation stellten die Richter allerdings nicht fest.

Der ehemalige russische Ölkonzern Yukos hat vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof eine Teil-Niederlage gegen den russischen Staat erlitten. Dieser hatte das Unternehmen 2007, unter der Präsidentschaft von Wladimir Putin, aufgelöst, am Ende langer Rechtsstreitigkeiten um Steuerschulden. Ex-Yukoschef und Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski sitzt seit 2003 in Haft. Das Vorgehen der russischen Behörden sei zwar teilweise unverhältnismäßig gewesen, urteilten die Straßburger Richter am Dienstag. Der Staat habe die Prozesse gegen Yukos aber nicht als Vorwand genutzt, um das Unternehmen zu zerschlagen.

Die Behauptung des einstigen Energie-Riesen, sein Netzwerk an Scheinfirmen sei eine übliche Methode zur Senkung der Steuerlast gewesen, die den Behörden bekannt gewesen sei, wiesen die Richter zurück. Das Vorgehen des Staates gegen den Steuersünder Yukos sei insgesamt berechtigt. Es gebe keine Hinweise, dass die Putin-Regierung das Unternehmen bewusst habe zerschlagen wollen. Über die Rekord-Schadenssumme von rund 72 Milliarden Euro, die die Yukos-Anwälte einklagen wollen, haben die Richter noch nicht entschieden. Das Urteil ist noch nicht rechtsgültig, weil beide Seiten Berufung in Straßburg einlegen können.

Im einzelnen hatten die Straßburger Richter einiges am Umgang der russischen Behörden mit Yukos auszusetzen. Die Firma habe verschiedentlich nicht genug Zeit bekommen, sich auf Verhandlungstermine vorzubereiten. Gesetze seien zum Teil rückwirkend angewendet worden. Die Fristen zur Begleichung der Steuerschuld seien zu knapp gewesen. Außerdem sei absehbar gewesen, dass der Zwangsverkauf der wichtigsten Yukos-Tochter Yuganskneftegaz 2004 dem Unternehmen den Todesstoß versetzen musste - man hätte Alternativen prüfen müssen. Auch die Gebühren, die Yukos für die Vollstreckung zahlen musste, waren nach dem Straßburger Urteil unverhältnismäßig hoch.