Essen. . Die Fachpresse spricht von „Windows 8“. Microsoft nennt die Vorschauversion auf sein neues Betriebssystem bislang nur „Windows Developer Preview“. Wir haben uns die sehr frühe Version angeschaut und auf einem Tablet-PC installiert.
Steven Sinofsky sieht ein wenig aus wie Apples Ex-Chef Steve Jobs, als er dort auf der Bühne steht im kalifornischen Anaheim. In Jeans und Pulli hält er elektronische Geräte in die Kameras. Doch auf Ihnen läuft kein Apple-Produkt. Denn Sinofsky ist Chef der Betriebssystem-Sparte bei Microsoft. „Windows 8“ hatte er seinen Zuhörern mitgebracht – eine sehr frühe Version des Windows-7-Nachfolgers. Gleichzeitig stellte Microsoft diese Testversion ins Internet. Wir haben sie heruntergeladen und ausprobiert.
Erster Eindruck
Windows 8 ist optimiert für Geräte mit berührungsempfindlichen Bildschirmen, sogenannten Touch Screens. Wir haben das neue Windows auf einem WeTab installiert, weil der Tablet-Computer die Bedienung mit den Fingern erlaubt. Und damit das ohne Probleme funktioniert, mussten bei Windows 8 die Fenster weichen – und wurden durch bunte Kacheln ersetzt. Diese radikale Abkehr von einem fast 30 Jahre eingesetzten Verfahren ist auch dem Erfolg von Smartphones geschuldet. Version 8 sieht Microsofts Handy-Betriebssystem Windows Phone 7 verblüffend ähnlich.
Kacheln statt Icons
Kacheln statt Windows-typischer Programm-Icons: Hinter jeder der Flächen der Metro getauften Oberfläche versteckt sich ein Programm, das bequem per Fingertipp geöffnet werden kann. Die Kacheln sind aber nicht nur einfache Platzhalter, sie sind gleichzeitig Vorschaufenster auf das, was sich hinter ihnen verbirgt. Die Kachel „Socialite“ etwa zeigt die neusten Nachrichten aus Facebook direkt auf dem Desktop an. Wer mehr lesen will, tippt mit Maus oder Finger drauf. In der Börsen-Kachel sehen Sie vorher festgelegte Aktienkurse, im News-Platzhalter laufen aktuelle Nachrichten durch. Mit Wischen lassen Sie die Kacheln auf dem Bildschirm an sich vorbeiziehen. Je mehr Kacheln, desto größer der der Startbildschirm, der sich beliebig verlängern lässt.
Die Startleiste ist futsch
Auch die Windows-typische Startleiste, die alle geöffneten Programme auflistet, musste weichen. Sie wird ersetzt durch eine Minileiste am rechten Bildrand, die man per Fingerwisch einblenden kann. Sie lässt den Nutzer aus einer geöffneten Anwendung zurück auf den Hauptbildschirm kommen, ermöglicht die systemweite Suche nach Dateien und gestattet, Einstellungen am Gerät vorzunehmen oder es auszuschalten.
Durch das Fehlen der klassischen Startleiste geht aber auch die Übersichtlichkeit verloren. Es gibt bislang keine Liste, die geöffnete Programme auflistet. Hier muss Microsoft dringend nachbessern.
Apps und Bezahlinhalte
Apple als großes Vorbild: Auch Microsoft möchte künftig mit seinem Betriebssystem zusätzliches Geld verdienen. Auch für Windows 8 soll es Apps geben, jene Mini-Programme, mit denen allein Apple im vergangenen Jahr rund zwei Milliarden Dollar umgesetzt haben soll. Einen Vorgeschmack liefert Windows 8 bereits in der Testversion. Microsoft hat ihr bereits einige Spiele und Anwendungen spendiert. Der Microsoft-Netzladen, in dem es die Apps zu kaufen geben soll, ist allerdings noch nicht online.
So sieht Windows 8 aus
Alte Windows-Programme
Sie sollen laut Microsoft ohne Klagen unter Windows 8 laufen. Die von uns getesteten Programme wie der Internet-Browser Firefox oder das kostenlose Open-Office-Paket verrichteten klaglos ihren Dienst. Allerdings empfiehlt sich vor allem bei Tabellenkalkulationen und einer Textverarbeitung der Anschluss von Tastatur und Maus. Zwar funktioniert die Bildschirmtastatur von Windows 8 problemlos und lässt sich jederzeit auf dem Bildschirm einblenden, auf Dauer ist das Tippen auf dem Display aber recht mühsam.
Wer darüber hinaus nicht auf den herkömmlichen Windows-Desktop verzichten möchte, kann diesen jederzeit einblenden – und sogar dauerhaft nutzen. Für den klassischen Desktop hat Microsoft auf der Startseite eine eigene Kachel vorgesehen.
Fazit
Windows 8 macht bereits in der vorliegenden Testversion für Software-Entwickler eine gute Figur. Der Startbildschirm ist einfach strukturiert und lässt sich – mit Maus oder Fingern – problemlos bedienen. Die wichtigsten Einstellungen wie das Einrichten eines Internet-Anschlusses gehen mit dem Installationsprogramm und dem „Control Panel“ einfach von der Hand. Und auch der Systemstart geht flott, selbst auf einem acht Jahre alten Laptop mit 1,6 Gigahertz-CPU und nur einem Gigabyte Arbeitsspeicher.
Allerdings sollte man von der Testversion kein reibungslos funktionierendes System erwarten. Vor allem für exotische Hardware dürfte es schwierig werden, funktionierende Treiber zu finden. Denn nicht in allen Fällen funktionieren Windows-7-Treiber auch ohne weiteres unter der Version 8.
Übrigens: Wer die neue Oberfläche überhaupt nicht mag, kann sogar zur klassischen Windows-Ansicht zurückkehren. Und dort sieht die Fenster-Welt wieder genauso aus wie beim Vorgänger Windows 7.
Und hier geht’s zum Download der Testversion von Windows 8, die bislang nur in englischer Sprache vorliegt, dafür allerdings in einer 32bit- und einer 64bit-Variante. Das Software-Image muss vorher auf eine DVD gebrannt werden, um anschließend beim Bootvorgang des Rechners automatisch zu starten. Die Installation läuft zwar genauso einfach wie bei Windows 7, Neulinge sollten aber trotzdem die Finger davon lassen. Wer unachtsam bei der Installation ist, läuft nämlich Gefahr, all seine persönlichen Daten komplett zu verlieren.