New York. . Dominique Strauss-Kahn muss kein Strafverfahren mehr fürchten: Das zuständige US-Gericht stellte das Verfahren wegen versuchter Vergewaltigung gegen den ehemaligen IWF-Chef ein. Strauss-Kahn verließ das Gericht als freier Mann.

Nun wird die Welt wohl nie erfahren, was in der Luxussuite 2806 des New Yorker Hotels Sofitel am 14. Mai 2011 geschah. Das Verfahren gegen den früheren IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn ist mehr als drei Monate nach der Festnahme des 62-Jährigen eingestellt worden. Richter Michael Obus gab am Dienstag in New York einem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft statt, die Zweifel an der Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers hat.

Das Zimmermädchen Nafissatou Diallo aus dem westafrikanischen Guinea hatte behauptet, Strauss-Kahn habe sie zum Oralsex gezwungen. Laut dem 25 Seiten langen Bericht von Staatsanwalt Cyrus Vance fanden sich DNA-Spuren des früheren Hoffnungsträgers der französischen Sozialisten an Kleid, Strumpfhose und Unterhose des Zimmermädchens. Es habe also Sex mit der Hotelangestellten gegeben, der maximal neun Minuten dauerte. Es gebe aber keine Beweise dafür, dass die Frau dazu gezwungen wurde, schloss Vance.

Vom Gefängnis in die Luxus-Suite

Die Einstellung des Verfahrens ist das vorläufige Ende dessen, was DSK in einem Schreiben an seine Mitarbeiter einen „persönlichen Alptraum“ genannt hatte. Am 14. Mai war der Franzose, der in allen Umfragen zur Präsidentschaftswahl 2012 vorne lag, am New Yorker Flughafen JFK kurz vor dem Start aus dem Flugzeug abgeführt worden.

Einen Tag später gingen die Bilder von dem einst mächtigsten Mann der internationalen Finanzwelt in Handschellen um die Welt. Der gedrungene Weißhaarige mit den markanten dunklen Augenbrauen wurde auf der berüchtigten Gefängnissinsel Rikers Island untergebracht. Am 19. Mai trat DSK als IWF-Chef zurück - und bestritt die gegen ihn erhobenen Vorwürfe entschieden.

Einen Tag später verließ der begeisterte Schachspieler gegen eine Kaution und Auflagen seine Gefängniszelle und zog in eine New Yorker Wohnung, zusammen mit seiner dritten Frau, der französischen Star-Journalistin Anne Sinclair. Später bewohnte das für seinen luxuriösen Lebensstil bekannte Paar dann ein Haus mit vier Bädern und Heimkino, das monatlich rund 35.000 Euro Miete kostet. Hinzu kamen die Kosten für die Sicherheitsfirma, die DSK bis zum Ende seines Hausarrests Anfang Juli bewachte - und für die besten und teuersten Anwälte.

Vorwürfe noch in Frankreich

Die Starjuristen Benjamin Branfman und William Taylor dürften auch nach der Einstellung des Verfahrens weiter zu tun haben, es bleibt nämlich die Zivilklage von Diallo. In Frankreich gibt es gegen den früheren Wirtschafts- und Finanzminister ebenfalls eine Anzeige wegen Vergewaltigungsversuchs. Die Journalistin Tristane Banon wirft dem ehemaligen IWF-Chef vor, bei einem Interview 2003 über sie hergefallen zu sein. Er habe sich wie ein „brünftiger Schimpanse“ verhalten, berichtete Banon Jahre später.

Im Zuge der Vorwürfe kam auch eine andere Frauengeschichte wieder hoch: 2008 musste DSK eine Affäre mit einer Mitarbeiterin des IWF zugeben. Schon damals hielt Anne Sinclair unbeirrbar zu ihrem Mann. „Wir lieben uns wie am ersten Tag“, schrieb sie in ihrem Blog. Ähnlich deutlich fiel ihre Stellungnahme nach der Festnahme im Mai aus: „Ich glaube den Anklagen gegen meinen Mann nicht eine einzige Sekunde“, erklärte die 62-Jährige, die den früheren IWF-Chef bei jedem Gerichtsauftritt begleitete.

Doch auch die demonstrative Unterstützung seiner Frau dürfte dem promovierten Wirtschaftswissenschaftler nun nicht mehr zu einem großen Comeback in Frankreich verhelfen. „Ich glaube nicht, dass er noch eine führende Rolle in der französischen Politik spielen kann“, sagt der Politologe Gérard Grunberg von der Universität Sciences-Po. Ähnlich sieht das sein Kollege Rémi Lefebvre von der Universität Lille: „Sein Image hat unter den Enthüllungen über sein Sexualleben gelitten.“

Spekulationen über die Zukunft Strauss-Kahns gibt es viele. So wird damit gerechnet, dass er erst einmal dem IWF einen Abschiedbesuch abstattet. Und dann vielleicht doch in den Wahlkampf der französischen Sozialisten eingreift: als Fachmann für Finanzkrisen. (afp)