Karlsruhe. .

Der Solidaritätszuschlag kann weiterhin erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht verwarf mit diesem Beschluss eine Vorlage des Niedersächsischen Finanzgerichts.

Der Solidaritätszuschlag darf weiterhin erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht verwarf in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss eine Vorlage des Niedersächsischen Finanzgerichts, das wegen des bisherigen langen Erhebungszeitraums von der Verfassungswidrigkeit des „Soli“ ausging. Die Karlsruher Richter machten deutlich, dass eine solche „Ergänzungsabgabe“ nicht vornherein befristet werden müsse.

Der Solidaritätszuschlag wird als Zuschlag zur Einkommen- und Körperschaftsteuer erhoben, derzeit in Höhe von 5,5 Prozent. Das Finanzgericht meinte, die über mehr als ein Jahrzehnt andauernde Erhebung des „Soli“ sei mit der Vorstellung des Verfassungsgebers von der Ergänzungsabgabe als „zeitlich beschränktem Finanzierungsmittel“ nicht vereinbar. Der Zuschlag wurde 1991 im Rahmen des Solidarpakts zunächst für ein Jahr eingeführt, um die Kosten der Wiedervereinigung zu finanzieren. Seit 1995 wird er wieder erhoben - in Ost und West.

Niedersächsische Richtervorlage sei „unzulässig“

Das Verfassungsgericht beurteilte die niedersächsische Richtervorlage als „unzulässig“, weil sich das Finanzgericht mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht ausreichend auseinandergesetzt habe. Das Verfassungsgericht habe schon 1972 entschieden, dass eine zeitliche Befristung nicht zum Wesen einer Ergänzungsabgabe gehöre. Zwar habe sich das Bundesverfassungsgericht mit der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 inhaltlich noch nicht auseinandergesetzt. Es habe aber entschieden, dass es nicht geboten sei, eine Ergänzungsabgabe „von vornherein zu befristen oder sie nur für einen ganz kurzen Zeitraum zu erheben“.

Der Kläger des Ausgangsverfahrens hatte sich gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags für den Veranlagungszeitraum 2007 durch das Finanzamt gewandt. Das Niedersächsische Finanzgericht gelangte daraufhin zu der Auffassung, dass das Solidaritätszuschlaggesetz in der für das Streitjahr 2007 geltenden Fassung verfassungswidrig sei. Das Finanzgericht vertrat die Ansicht, dass eine Finanzlücke allein durch auf Dauer angelegte Steuererhöhungen, nicht aber durch die Fortführung einer Ergänzungsabgabe geschlossen werden dürfe.

„Nicht absehbarer Finanzbedarf“

Aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts ließ das Finanzgericht jedoch unberücksichtigt, dass sich aus der Verteilung der Aufgaben zwischen Bund und Ländern auch für längere Zeit ein Mehrbedarf allein des Bundes ergeben könne. Die Deckung dieses Mehrbedarfs durch eine Erhöhung der Einkommen- und Körperschaftsteuer könne die Steuerpflichtigen unnötig belasten und konjunkturpolitisch unerwünscht sein.

Das Finanzgericht habe selbst festgestellt, dass mit dem Beitritt der einstigen DDR im Jahr 1990 ein großer, auf viele Jahre nicht absehbarer Finanzbedarf für den Bundeshaushalt eingetreten sei. Gleichwohl setze es sich nicht damit auseinander, wieweit eine Erhöhung der Einkommen- und Körperschaftsteuer gegenüber der Erhebung des Solidaritätszuschlags als eine vertretbare Alternative anzusehen sein könnte.

Das Finanzgericht meinte zudem, angesichts der in den vergangenen Jahren immer wieder erfolgten Steuerermäßigungen hätte der Solidaritätszuschlag entfallen müssen. Diese These sei nicht ausreichend begründet, so das Verfassungsgericht. Das Finanzgericht habe nicht berücksichtigt, dass zur Sanierung der öffentlichen Haushalte mit der Senkung der Steuersätze eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage verbunden gewesen sei. Diese habe zu zahlreichen Einschränkungen des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs und somit zu einer „Erhöhung der Steuerlast“ geführt. (dapd)

(AZ: 2 BvL 3/10 - Beschluss vom 8. September 2010)