Düsseldorf. . Die NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) ist bekennender Mönchengladbach-Fan. Und Fan von Frauenfußball. Weil der mehr den Teamgeist pflegt, weniger die Hahnenkämpfe. Am liebsten hätte sie als Mädchen selbst Fußball gespielt.
NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) ist in den kommenden Wochen doppelt gefordert: als Regierungschefin und Fußball-Fan. Kraft (50) wird zahlreiche Spiele der Frauen-WM besuchen, die zu einem gewichtigen Teil in NRW stattfindet. Theo Schumacher und Tobias Blasius sprachen mit ihr über Frauen, Fußball und Parallelen zur Politik.
Frau Ministerpräsidentin, Sie sind Borussia Mönchengladbach-Fan. Wegen Günter Netzer oder Berti Vogts?
Hannelore Kraft: Mich hat die gesamte Fohlen-Elf begeistert. Ich habe damals meine Ausbildung zum Teil in Mönchengladbach gemacht und bin mit Kollegen öfter zum Bökelberg gegangen. Das Stadion war ein Hexenkessel. Da hat es mich gepackt.
Sie haben Handball gespielt. Warum nicht Fußball?
Hannelore Kraft: Hätte ich ja gern. Mein Vater hat mich schon als Kind mit zu Rot-Weiss Essen genommen. Später war ich regelmäßig beim 1. FC Mülheim. So kam ich früh zum Fußball. Leider gab es bei uns in Mülheim keine Mädchenmannschaft in der Nähe. Da habe ich es mit Leichtathletik versucht. Das wurde ein Flop. Beim Handball lief es dann besser.
Warum ziehen Männer immer noch über Frauenfußball her?
Hannelore Kraft: Ich glaube, das zeugt von Unkenntnis. Frauenfußball ist ein ganz anderer Sport als Männerfußball, und so muss man ihn sehen. Frauen spielen anders, weniger kampfbetont. Es wird weniger gefoult, aber schnell und auf technisch hohem Niveau gespielt. Und es gibt nicht so viele Mätzchen.
Der DFB hat 1976 festgestellt: „Die Anatomie der Frau ist für Trikotwerbung nicht geeignet. Die Werbung verzerrt.“ Was sagen Sie dazu?
Hannelore Kraft: Das kommt immer darauf an, wie man Werbung gestaltet. So einfach ist das.
Gibt es in der Politik Vorbehalte wie beim Fußball?
Hannelore Kraft: Das ist vorbei. Die Generation vor mir hatte damit noch sehr zu kämpfen. Damals mussten Frauen sich an männliche Strukturen anpassen. Heute kann ich Politikerin und Frau sein. Frauen zeigen in Politik und Wirtschaft, dass sie es können, ohne sich anzupassen. Sie denken und ticken anders.
Dann gibt es eine eigene weibliche Spielart?
Hannelore Kraft: Jedenfalls sind wir anders sozialisiert, haben einen eigenen Blick auf die Dinge. Ich finde auch, dass wir uns mehr an der Sache orientieren. Frauen nehmen sich auch mal zurück, ohne gleich Angst vor Gesichtsverlust zu haben. Das fällt Männern schwerer. Aber natürlich gibt es Ausnahmen.
Hannelore Kraft liest Kindern vor
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Was machen Frauen auf dem Fußballplatz besser?
Hannelore Kraft: Es gibt weniger Hahnenkämpfe, der Teamgeist spielt eine große Rolle. Das macht den Erfolg der deutschen Nationalelf aus. Sie sind ein echtes Team.
Ist die Blutgrätsche eine typisch männliche Spezialität?
Hannelore Kraft: Das finde ich zu pauschal. Auch Frauen können ganz gut mit harten Bandagen kämpfen, wenn ich an Handball denke.
Und in der Politik?
Hannelore Kraft: Sicher, auch da.
Haben Sie schon mal blutgegrätscht?
Hannelore Kraft: Nein. War noch nicht nötig.
Mächtige Frauen
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Beim DFB-Pokalfinale saß Ihr Mann im Trikot des MSV Duisburg neben Ihnen auf der Tribüne. Wie haben Sie ihn nach der 0:5-Klatsche gegen Schalke aufgerichtet?
Hannelore Kraft: Das musste ich gar nicht, weil er stolz auf seinen MSV war und auf die Anhänger, die ihre Mannschaft trotz des hohen Rückstands so toll unterstützt und gefeiert haben. Da hatte sogar ich eine Gänsehaut. Fans können ja sonst auch mal gnadenlos sein.
Kann es sich die Ministerpräsidentin erlauben, Fan eines Vereins zu sein?
Hannelore Kraft: Sicher, es gibt manchmal Kritik, dass ich klar positioniert bin. Aber jeder, der selbst Fan ist, versteht auch, dass man das nicht einfach ablegen kann, um als Ministerpräsidentin plötzlich neutral zu sein. Meine fußballerische Rangfolge ist ganz klar: Erst Gladbach, dann NRW, dann der Rest der Welt.
Ehrentribüne oder Fankurve – wo fühlen Sie sich wohler?
Hannelore Kraft: Klar Fankurve. Ich musste mich ja erst daran gewöhnen, mich als Ministerpräsidentin auf die Ehrentribüne zu setzen. Trikot, Fanschal und Emotionen gehören für mich einfach dazu. Und ruhig sitzen kann ich im Stadion sowieso nicht.
Wenn man Bundeskanzler werden will, ist es da hilfreich, Fußballfan zu sein?
Hannelore Kraft: Schaden kann das nicht, aber man darf sich nicht verstellen. Wichtiger finde ich, dass Politiker für möglichst vieles offen sind, anstatt sich irgendwo zu verbeißen.
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