Essen. Sind ältere Fahrer eine Gefahr im Straßenverkehr? Die Statistik sagt klar: Nein. In schon naher Zukunft, wenn immer mehr Menschen immer älter werden, könnte das anders aussehen. Die Grünen wollen deshalb im nächsten Bundestag Pflicht-Untersuchungen durchsetzen.

Sind ältere Fahrer eine Gefahr im Straßenverkehr? Die Statistik sagt klar: Nein. Die über 65-jährigen stellen ein Fünftel der Deutschen. Sie verursachen aber nur elf Prozent der Unfälle. So weit die Lage - heute. In schon naher Zukunft, wenn immer mehr Menschen immer älter werden, könnte das anders aussehen. Die Grünen wollen deshalb im nächsten Bundestag Pflicht-Untersuchungen durchsetzen.

Das Kraftfahrtbundesamt Flensburg und die Bundesanstalt für Straßenwesen haben eine intensive Untersuchung zum Thema "Unfallgefährdung durch Senioren" erarbeitet. Eines der Kernergebnisse: 65- bis 69-jährige verhalten sich noch vorbildlich. Vor allem Frauen zwischen 70 und 80 verursachen dann schon öfter Unfälle. Und "im Alter von über 80 Jahren steigt das Unfallrisiko weiter an und erreicht eine Höhe, wie sie sonst nur von Altersgruppen unter 30 bekannt sind".

Tröstlich: "Wegen des noch sehr niedrigen Bevölkerungsanteils der über 80-jährigen ist die Gefahr, im Straßenverkehr durch einen Fahrer im vorgerückten Alter zu Schaden zu kommen, im Vergleich zu einer Gefährdung durch junge Fahrer sehr gering". Was sich schnell ändern kann. 2003 besaßen 40 Prozent der 70-bis 75-jährigen einen Pkw in Deutschland. 2020 werden es 70 Prozent sein. "Zum ersten Mal", sagt auch der Bundestagsabgeordnete der Grünen und Verkehrsexperte seiner Fraktion, Winfried Hermann, "kommt jetzt eine ganze Generation mit Führerschein ins Rentenalter".

Ältere mißachten meistens die Vorfahrt

Erst kürzlich haben sich Wissenschaftler auf den Verkehrssicherheitstagen des Motor Presse Clubs in Berlin mit dem Thema "Methusalem-Konflikt" befasst. Die meisten Experten lehnen eine Überprüfung der Fahrtüchtigkeit Älterer in regelmäßigen Abständen ab - auch mit dem Argument, schon heute könne der Führerschein eingezogen werden, wenn eine eingeschränkte Fahrtauglichkeit vorliege. Aber: Sie räumen durchaus ein, dass das Autofahren mit zunehmenden Alter zu einem Risiko wird und dies nicht nur für den Fahrer selbst. Prof. Dietmar Otte, Leiter des Arbeitsbereichs Verkehrsunfallforschung an der Medizinischen Hochschule Hannover: "Sofern über 65-jährige in einen Unfall verwickelt werden, trugen sie überwiegend die Hauptschuld".

Wo machen ältere Fahrer ihre Fahrfehler? Häufigste Unfallursache: Sie mißachten die Vorfahrt. Auf Platz 2 folgt Fehlverhalten beim Abbiegen. Für Otte sind das Belege dafür, dass die Ursachen in der altersbedingten Einschränkung der Wahrnehmung liegen. Ganz anders verstoßen die Jüngeren gegen die Regeln: Sie rasen, nehmen zum Beispiel Kurven falsch, stehen unter Alkoholeinfluss, der bei Älteren kaum eine Rolle spielt.

Thema ist "Zeitbombe" in der alternden Gesellschaft

Winfried Hermann sieht in der Debatte ein "hochsensibles Thema", hält es aber gleichzeitig für eine "Zeitbombe" in der alternden Gesellschaft. Der nächste Bundestag, sagte er der WAZ, müsse über Fähigkeits-Checks für ältere Autofahrer entscheiden. Die Grünen seien dafür, dies in Betracht zu ziehen. Sein eigener Vorschlag: Mit 65, wenn also das Rentenalter erreicht ist, findet eine freiwillige Untersuchung statt. Ab 70 müsse man über regelmäßige Pflicht-Checks sprechen. "Auch die jungen Fahrer, die eine Risikogruppe sind, müssen sich an null Promille halten".

Vor einer Festlegung auf Altersgrenzen müsse es aber noch grundlegende wissenschaftliche Untersuchungen dieser Frage geben. Bei vielen älteren Autofahrern werde sich ohnehin herausstellen, dass sie bis ins höhere Alter fahrtüchtig seien. Aber es sei eben nicht immer sichergestellt, dass ältere Menschen auf ihre Angehörigen oder ihre Ärzte hörten, wenn diese sagten: Gib den Führerschein zurück!