Berlin. .

Das Urteil zugunsten des Kindsmörders Magnus Gäfgen erregt die Gemüter. Die Gewerkschaft der Polizei bezeichnet die Entschädigung als emotional sehr schwer erträglich. CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach spricht von einem „Schlag ins Gesicht“.

Das Land Hessen muss dem zu lebenslanger Haft verurteilten Kindsmörder Magnus Gäfgen eine Entschädigung von 3.000 Euro zahlen. Das Frankfurter Landgericht sprach dem 36-Jährigen am Donnerstag Schadenersatz zu, wies seine Klage auf Schmerzensgeld jedoch ab. Die Polizeigewerkschaften und der Opferverband Weißer Ring kritisierten das Urteil. Wolfgang Bosbach, Vorsitzender des Bundestagsinnenausschusses, sprach von einem „Schlag ins Gesicht der Eltern und Angehörigen des Opfers“. Gäfgens Anwalt begrüßte die Entscheidung derweil als „wichtiges Signal für die Menschenrechte“.

Kritik von Polizeigewerkschaften

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, kritisierte, das Urteil sei emotional nur sehr schwer erträglich. Die Entscheidung dürfe nicht zur Folge haben, dass die Polizei in Vernehmungen nicht mehr intensiv nachfragen dürfe.

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, monierte: „Das Urteil lässt die eigentliche ungeheuerliche Tat - die Ermordung eines Kindes - in den Hintergrund treten.“ Die Justiz sei dem Ansinnen des Täters, sich als Opfer darzustellen nachgekommen.

Der Sprecher des Opferverbandes Weißer Ring, Viet Schiemann, sagte der Nachrichtenagentur dapd, bei allem Respekt vor den Regeln eines modernen Rechtsstaates dürfe nicht übersehen werden, dass der Begriff „Todesangst“, auf den sich Gäfgen berufen habe, viel stärker mit dem ermordeten Kind zu tun haben sollte.

Strafrechtler hält Urteil für korrekt

Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sagte der „Bild“-Zeitung, das Urteil sei „ein Schlag ins Gesicht der Eltern und Angehörigen des Opfers Jakob von Metzler“. Dass ein Mörder eine Entschädigung bekomme, sei „völlig unverständlich“.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, hat das Urteil verteidigt. „Wenn das Gericht die Androhung der Folter als erwiesen ansieht, ist das Urteil in Ordnung“, sagte der Politiker dem Berliner „Tagesspiegel“. „Falls die Androhung von Folter in Deutschland zulässig wäre, hätten wir keinen Rechtsstaat.“

Gäfgens Anwalt Michael Heuchemer sagte dem Fernsehsender n-tv, im Rechtsstaat Deutschland müssten Menschenwürde, Folterverbot und Gleichheit aller auch für Verurteilte gelten. „Das ist das Signal des heutigen Tages.“ Der Heidelberger Strafrechtler Thomas Hillenkamp betonte auf dapd-Anfrage: „Das Urteil mag nicht dem Rechtsgefühl des Menschen auf der Straße entsprechen“, doch rechtsstaatlich betrachtet müsse Gäfgen eine Entschädigung erhalten. (dapd)