Krefeld. .
Die Glaubwürdigkeit des Angeklagten im Mirco-Prozess steht auf dem Prüfstand. Zeugenaussagen werfen die Frage auf, ob Olaf H. bewusst auf ein Kind gewartet habe. Ein Ermittler bezeichnete ihn als „völlig emotionslos“.
Im Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder des zehnjährigen Mirco aus Grefrath im Kreis Viersen sind am Freitag Zweifel an der Darstellung des Angeklagten aufgekommen. Die Aussagen von zwei Zeuginnen vor dem Landgericht Krefeld warfen die Frage auf, ob Olaf H. am Tatabend möglicherweise bewusst auf ein Kind gewartet haben könnte. Nach seiner bisherigen Aussage will er zufällig auf den Jungen gestoßen sein, ihn dann mitgenommen und später getötet haben.
Die beiden Zeuginnen sahen auf dem Feldweg, an dem der 45-jährige Familienvater den Jungen aufgegriffen haben soll, einen Pkw-Kombi. Dieser Wagen soll dort aber bereits um 19.30 Uhr und damit rund zwei Stunden früher gestanden haben als der mutmaßliche Täter mit seinem Kombi. Der Angeklagte traf nach eigener Aussage am Abend des 3. September 2010 gegen 21.45 Uhr auf Mirco, als er an dem Feldweg habe austreten müssen. Die Zeuginnen sahen bei der Vorbeifahrt an der Stelle einen Mann, den sie aber nicht näher beschreiben konnten.
Richter appelliert an Angeklagten
Der Vorsitzende Richter appellierte daraufhin an den Angeklagten, sich weiter zum Tatvorwurf einzulassen. „Wenn da noch was ist, sollten sie überlegen, es zu sagen.“ Er fügte hinzu: „Wenn es etwas gibt, dass zu therapieren ist, sollten sie sich im eigenen Interesse dazu bekennen.“ Die genaue Klärung der Tatumstände sei bedeutsam, um herauszufinden, ob eine besondere Schwere der Schuld bestehe. Dazu müsse das Gericht herausfinden, „was die Tat veranlasst hat“.
Olaf H. ließ durch seinen Anwalt erklären, er wolle sich dazu nicht weiter äußern. Über seinen Verteidiger hatte H. zum Prozessauftakt eingeräumt, dass er sich an dem Jungen sexuell vergehen wollte. Als er gemerkt habe, dass das „nicht sein Ding“ sei, habe er von dem Jungen abgelassen. Anschließend habe er Mirco getötet, um die Tat zu vertuschen.
Die Untersuchung der erst Monate nach der Tat gefundenen skelettierten Leiche hatte keine Hinweise auf die Todesumstände gegeben. H. will den Jungen nach eigener Aussage mit einer Kunststoffschnur erdrosselt und ihn anschließend mit einem Messer in den Hals gestochen haben.
„Völlig emotionslos“
Ein als Zeuge geladene Ermittler der „Soko Mirco“ sagte, nach der Vernehmung von H. sei der „Eindruck geblieben, dass nicht alles gesagt worden ist“. Bei der Schilderung der Tötung von Mirco habe H. „völlig emotionslos“ gewirkt. Er habe das Vorbereiten der Schlinge wie eine Tätigkeit im Garten beschrieben. „Das war für mich völlig bizarr“, so der Kriminalbeamte.
Der Prozess wird am 12. August fortgesetzt. Dabei soll ein Gutachter gehört werden. Ein Urteil soll nach bisherigem Stand am 30. September fallen. (dapd)