Brüssel. Mit einem Kraftakt wollen die europäischen Staaten Griechenland vor der Pleite und den Euro retten. Ob das gelingt, steht noch nicht fest. Fragen und Antworten rund um das Rettungspaket.

Mit einem Kraftakt will Europa Griechenland vor der Pleite bewahren und den gemeinsamen Währungsraum stabilisieren. Griechenland erhält ein zweites Notkredite-Paket im Volumen von wohl 109 Milliarden Euro und mehr Zeit, um Schulden zu begleichen. Private Geldgeber tragen zusätzlich netto bis zu 37 Milliarden Euro bei, um den Mittelmeerstaat zu retten. Diese Beteiligung privater Gläubiger bleibe aber auf Griechenland beschränkt, betonten die Euro-Staaten nach ihrem Krisengipfel am Donnerstagabend. Für andere klamme Euro-Länder erweitert Europa sein Hilfs-Instrumentarium. Ein Überblick über die wichtigsten Beschlüsse, deren Details nun ausgearbeitet werden.

Bringt das neue Hilfspaket für Griechenland den Durchbruch?

Zumindest erhält Griechenland mehr Zeit, um Schulden zurückzuzahlen. Es hat etwa 350 Milliarden Euro Schulden – bei einer jährlichen Wirtschaftsleistung (BIP) von 230 Milliarden Euro. Um die darbende Wirtschaft zu beflügeln, werden EU-Experten Griechenland helfen, mehr europäische Fördergelder zu erhalten. Die sollen in Wirtschafts- und Infrastruktur-Projekte fließen. Griechenland rief bisher nicht einmal ein Viertel der 20 Milliarden Euro ab, die ihm aus EU-Töpfen von 2007 bis 2013 zustehen.

Einige Wirtschaftsexperten betonen aber, dass Griechenland Jahrzehnte und extrem hohe Wachstumsraten braucht, um seine Schulden auf ein erträgliches Maß zu senken. Sie halten daher einen Teileerlass der Schulden für nötig. Der müsse aber gut vorbereitet werden. Das brauche noch einige Jahre.

Wie werden die Griechen ihre Schulden verringern?

Griechenland soll bis 2014 neue Notkredite von wohl 109 Milliarden Euro erhalten. Deutschland und die anderen Euro-Staaten bürgen für diese Kredite – und kassieren die Zinszahlungen. Ein Teil der Kredite steuert der Internationale Währungsfonds (IWF) bei. Mit dem geborgten Geld soll Griechenland fällig werdende Schulden begleichen, aber auch Schuldverschreibungen (Anleihen) früher als vereinbart zurückkaufen. Mit einem Teil der Notkredite soll der Staat das Finanzpolster der griechischen Banken stärken.

Außerdem sollen private Geldgeber – Europas Banken oder Versicherer – freiwillig dem Mittelmeerland einen Zahlungsaufschub gewähren. Dazu sollen sie möglichst viele griechische Anleihen, die der Staat bis 2014 zurückzahlen muss, in neue Schuldtitel umtauschen. Diese neuen Anleihen werden niedrigere Zinsen und teils deutlich längere Laufzeiten – bis zu 30 Jahre – haben. Das würde Griechenland mehr Luft verschaffen. Das Land spart derzeit massiv und reformiert seine Wirtschaft. Das war die Bedingung dafür, dass es Hilfe bekommt.

Wie viel steuern die privaten Gläubiger bei?

Eine Summe steht noch nicht fest. Denn niemand kann vorhersagen, wie viele Banken oder Versicherer freiwillig alte Schuldtitel Griechenlands in neue umtauschen. Zwar sollen die neuen Anleihen mit Geldern aus dem Euro-Rettungstopf besichert werden. Aber die privaten Geldgeber erhalten nicht so viel Geld zurück wie geplant, da die neuen Zinsen niedriger sein werden. Zudem müssen die Gläubiger länger als geplant auf ihr Geld warten. Sie machen unterm Strich also Verluste.

In der EU wird damit gerechnet, dass die Gläubiger etwa 20 Prozent der Summe, die sie bei Rückzahlung der Anleihe inklusiver aller Zinserträge erhalten hätten, bei einem Anleihetausch einbüßen würden. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der beim Euro-Krisengipfel dabei war, spricht jedenfalls von „größeren Belastungen“.

Wie soll verhindert werden, dass die Schuldenkrise auf weitere Euro-Länder überspringt?

Der Spielraum für den Euro-Rettungsfonds, der insgesamt 440 Milliarden Euro ausleihen kann, wird größer. Länder sollen Notkredite beantragen können, müssen diese aber nicht sofort abrufen. Sie müssen aber einen Spar- und Wirtschaftsreform-Plan vorlegen und schrittweise umsetzen, um diese Kreditvorsorge überhaupt treffen zu können.

Der Euro-Rettungsfonds soll künftig außerdem Staatsanleihen an den Finanzmärkten – von Banken oder Versicherern - kaufen können, wenn ein Euro-Staat unter Druck gerät. Dieser Schritt ist aber an sehr strenge Auflagen geknüpft: Die Euro-Staaten müssen diesen Schulden-Aufkauf einstimmig billigen und auch die Europäische Zentralbank (EZB) muss zustimmen. Aus dem Euro-Rettungsfonds soll ein Staat künftig auch Notkredite bekommen, um mit diesem Geld seine Finanzbranche zu stärken.

Setzte Kanzlerin Merkel ihre Forderungen durch?

Teilweise. Deutschland erreichte, dass sich private Gläubiger an Griechenlands Rettung freiwillig und nach deutscher Lesart „erheblich“ beteiligen. Merkel schloss aber Kompromisse beim Euro-Rettungsfonds. Notkredite kommen nun nicht als letztmögliches Mittel zum Einsatz, sondern sollen bereits vorsichtshalber für einen Staat reserviert werden können. Zudem war Deutschland einst strikt dagegen, dass der Euro-Rettungsfonds staatliche Schuldtitel an den Finanzmärkten – also von Banken oder Versicherern - aufkaufen kann.