Essen. Das neue soziale Netzwerk des Suchmaschinen-Giganten sorgt in der Fachwelt und bei Nutzern für Furore. Wir haben verglichen, was Google Plus besser kann als Facebook und wo das Angebot noch schwächelt. Fazit: Vor allem die Kreise-Systematik besticht
Noch befindet sich „Google Plus“ in der Testphase. Wer rein will, muss jemanden kennen, der schon drin ist. Doch das neue soziale Netzwerk des US-Suchmaschinenanbieters hat das Potenzial, dem Platzhirschen Facebook gefährlich zu werden. Nicht nur, weil Google genug Geld hat, um Mark Zuckerbergs Unternehmen Paroli zu bieten. Sondern auch, weil Google Plus viele nette Ideen sehr übersichtlich verpackt. Anleger und Fachwelt sind entzückt. Nur zwei Wochen nach dem Start von Google Plus wird der US-Konzern von Analysten schon um 20 Milliarden Dollar höher bewertet.
Was ist Google Plus?
„Google Plus“ ist ein soziales Internet-Netzwerk. Es schafft wie Facebook Verbindung. Wer drin ist, bleibt mit Freunden, Kollegen und Bekannten in Kontakt, gibt seine Interessen preis, kann interessante Nachrichten teilen, die Fotos des letzten Urlaubs veröffentlichen oder sich einfach nur Tratsch austauschen. Dass so etwas Erfolg verspricht, hat Facebook hinlänglich bewiesen. Das Netzwerk zählt mittlerweile fast 600 Millionen Mitglieder weltweit – und ist auch in Deutschland mit 15 Millionen Anmeldungen führend.
Was hat es mit den Kreisen in Google Plus auf sich?
„Störe meine Kreise nicht“, sprach der griechische Mathematiker Archimedes zu einem römischen Soldaten, als der ihn beim Zeichnen geometrischer Figuren unterbrach. Archimedes kostete die Aufmüpfigkeit das Leben. So viel Gewalt muss man bei Google Plus nicht fürchten. Dort ist das Stören der Kreise durchaus erwünscht. Nutzer des Netzwerks können Freunde, Verwandte, Kollegen und Bekannte in verschiedenen Kreisen einsortieren. Und so genau definieren, was sie an wen preisgeben wollen. Die Bilder von der letzten Party für die Freunde, Fotos von Omas 80. Geburtstag für die liebe Verwandtschaft – und für die Kollegen der Link zum Fachartikel.
Das Einsortieren geht leicht von der Hand. Mit der Maus zieht man die einzelnen Kontakte in die Kreise – und kann auch schnell wieder umgruppieren. Damit hat Google Plus dem großen Konkurrenten Facebook etwas voraus. Denn dort ist es nur mit Aufwand möglich, Fotos und Mitteilungen nur für einzelne Benutzergruppen freizugeben. Google Plus dagegen fragt vor dem Heraufladen von Fotos, für wen es diese freigeben soll. So bekommen auch nur wirklich die, die diese Bilder sehen sollen, Zugriff. Vorschläge für neue Kontakte zieht Google Plus aus dem Adressbuch des E-Mail-Dienstes – ein klarer Startvorteil. Und wer noch nicht drin ist, dem kann man so unverbindlich eine Einladung zukommen lassen.
Wann kann Google Plus noch?
Das Potenzial des neuen Netzwerks liegt in der Verknüpfung verschiedener Anwendungen. Wer etwa ein E-Mail-Konto bei Google hat, kann seinen Benutzernamen zum Einklinken in das Google-Netzwerk benutzen. Auch die anderen Google-Anwendungen, wie das kostenlose Paket mit Büroanwendungen (Google Text und Tabellen) und der Google Kalender lassen sich einfach mit Google Plus verknüpfen. Und wer mehr über seine Interessen erfahren möchte, findet dazu bei „Sparks“ Gelegenheit. Der Dienst vereint zahlreiche Nachrichten zu den unterschiedlichsten Themengebieten. Außerdem hat Google seinem Netzwerk eine Videotelefonie-Funktion spendiert. Die soll später auch einmal von unterwegs funktionieren – mit dem Multimedia-Handy.
Und was kann Google Plus nicht?
Bislang beschränkt sich das neue Netzwerk auf das Sammeln von Kontakten, auf Statusnachrichten und auf den Austausch von Links und Bildern. Google Plus ist bislang spielefreie Zone. Dass die aber gut ankommen, beweist Facebook. Gut die Hälfte aller Facebook-Nutzer spielt regelmäßig. Facebook verdient damit Geld. Das dürfte sich Google nicht entgehen lassen.
Für viele Nutzer dürfte es eine Wohltat sein, Unternehmen dürfte das hingegen nicht freuen: Das Google-Netzwerk ist (noch) werbefrei. Das tut der Übersichtlichkeit gut, hält Abzocker draußen und vereitelt Wellen unerwünschter virtueller Werbepost. Doch auch das wird wohl nicht so bleiben.
Wird Google Plus Facebook den Rang ablaufen?
Wohl eher nicht. Sollte Google Plus Erfolg haben, werden beide Netzwerke gleichberechtigt nebeneinander bestehen können. Allenfalls die Angst vor einer Google-Allmacht könnte Nutzer dazu bewegen, nicht Teil von Google Plus zu werden. Wer bereits Dokumente online mit Google bearbeitet, regelmäßig mit Google im Internet sucht und auch noch seine E-Mails über Google abwickelt, möchte vielleicht doch nicht auch noch den Rest seines Lebens mit dem US-Unternehmen teilen.